Schwörer, Franz (Fransepp) Joseph 

Geburtsdatum/-ort: 25.05.1896;  Zimmern bei Immendingen
Sterbedatum/-ort: 29.11.1971;  Waldshut
Beruf/Funktion:
  • Landwirt, Agrarpolitiker, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1902-1915 Volks- und Fortbildungsschule in Zimmern/Immendingen: Ausbildung zum Landwirt im elterlichen Betrieb
1915-1917 Kriegsfreiwilliger, schwer verwundet, entlassen aus dem Heer
1918-1923 Berufswechsel; Abitur und Studium an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, Diplomexamen
1924 Promotion zum Dr. agr. an dieser Hochschule bei Prof. M. von Wrangel
1923-1926 Außerplanmäßiger Landwirtschaftsbeamter, Lehrer an den Landwirtschaftsschulen in Waldshut und Freiburg
1926-1928 Landesökonomierat; Leiter der Landwirtschaftsschule in Salem bei Überlingen
1928-1933 Freistellung vom Staatsdienst; Berufung zum Direktor des Badischen Bauernvereins und der Genossenschaften dieser Organisation
1929-1933 Entscheidende Mitwirkung an der Zusammenführung aller landwirtschaftlichen genossenschaftlichen Organisationen in Baden
1933 März Dienstentlassung aus allen Ämtern und Funktionen aus politischen und religiösen Gründen
1934-1943 Wiederverwendung als Lehrer an der Landwirtschaftsschule in Altenheim und – im Angestelltenverhältnis – Tätigkeit in der Kreisbauernschaft und der landwirtschaftlichen Staatsverwaltung in Waldshut
1943 erneute Dienstenthebung wegen parteischädigenden Verhaltens
1945-1958 Leiter des Landwirtschaftsamtes in Waldshut, bis 1948 auch mit leitenden Aufgaben zunächst im Badischen Finanz- und Wirtschaftsministerium und dann im Badischen Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung betraut, außerdem Initiator der Gründung der bäuerlichen berufsständischen Organisationen in Südbaden und führend tätig bei der Bewahrung der Einheitlichkeit sämtlicher landwirtschaftlicher Organisationen in Baden über die Zonengrenze hinweg
1958 Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen
1956 Bundesverdienstkreuz I. Klasse
bis 1968 Mit beratenden Funktionen in landwirtschaftlichen Verbänden betraut
1971 Staatsmedaille in Gold von Baden-Württemberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1923 Waldshut, Maria, geb. Straub aus Waldshut (gest. 1974)
Eltern: Franz Sales (1868-1952), Landwirt und Bürgermeister
Elisabeth, geb. Heizmann (1870-1945)
Geschwister: 2 Brüder, 1 Schwester
Kinder: Elisabeth (geb. 1925)
Wolfgang (geb. 1928)
GND-ID: GND/1012715396

Biografie: Clemens Seiterich (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 380-382

Schwörer entstammte einer alteingesessenen katholischen Kleinbauernfamilie in Zimmern auf der Baar, zwischen Donaueschingen und Tuttlingen gelegen. Da der Kriegsfreiwillige sein berufliches Ziel, praktischer Landwirt zu werden, wegen einer sehr schweren Verwundung nicht mehr erreichen konnte, schulte er auf kürzestem Wege um, um der bäuerlichen Landwirtschaft als Landwirtschaftslehrer treu zu bleiben. Der hochbegabte „Spätberufene“ absolvierte die Gymnasial- und Hochschulstudien, eingeschlossen die Promotion zum Dr. agr. an der Hochschule Hohenheim und die Assessorenausbildung in einem Zeitraum von nur 5 Jahren. 30jährig leitete er als „Landesökonomierat“ die in den 1920er Jahren angesehene Landwirtschaftsschule Salem am Bodensee. Während dieser Zeit war dem fortschrittlichen katholischen Christen klar geworden, daß die geistige, wirtschaftliche und soziale Situation im Bauernvolk eine weit über das Beruflich-Fachliche hinausreichende Aus- und Weiterbildung ebenso erforderlich macht, wie die Mobilisierung des Selbsthilfegedankens. Auf diesem Weg sei eine Anhebung des Stellenwertes des Berufes des Landwirts und seiner Tätigkeit in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu erreichen. Daraus zog er für seinen weiteren Lebensweg Konsequenzen.
Schwörer, 1928 vom Staatsdienst freigestellt und zum Direktor des Badischen Bauernvereins in Freiburg und dessen „Freiburger“ genossenschaftlichen Organisationen bestellt, sanierte diese, die in der Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre in eine bedrohliche Finanzlage geraten waren. Gleichzeitig erwirkte er zusammen mit Lambert Schill und dem Direktor der „Karlsruher“ Genossenschaftsverbände, Dr. Georg Keidel, die Verschmelzung aller Genossenschaftszentralen in Gesamtbaden zu einem großen leistungsfähigen Verbund.
Schwörer ist es auch maßgeblich zuzuschreiben, daß diese einheitliche genossenschaftliche Verbandsstruktur in enger Zusammenarbeit wiederum mit L. Schill und G. Keidel voll funktionsfähig erhalten geblieben war, als nach dem II. Weltkrieg die Besatzungsmächte ihre Trennung entsprechend der Zonengrenze zwischen Nord- und Südbaden zu erreichen versuchten.
Schwörers Verdienst in seiner Direktorenzeit im Badischen Bauernverein ist es zudem gewesen, die erste Bauernschule als Volkshochschule der Landwirtschaft Süddeutschlands auf christlicher und bäuerlich-berufsständischer Grundlage in Ittendorf am Bodensee geschaffen zu haben. In dieser Zeit war es zu einer Zusammenarbeit und freundschaftlichen Verbindung mit dem früheren Reichsminister Dr. Andreas Hermes in seiner Eigenschaft als Präsident der Deutschen Christlichen Bauernvereine gekommen. Dieser hatte Schwörer 1930 zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Bauernbildung und Bauernkultur in diesen Bauernvereinen bestellt. Ziel der damit verbundenen Arbeit war es, möglichst viele Jungbäuerinnen und Jungbauern zu befähigen, sich für eine positive Mitarbeit im landwirtschaftlichen Berufsstand, in Kommunen und politischen Parteien zu entscheiden, die sich zu den Grundsätzen bekennen, die den beiden christlichen Bekenntnissen gemeinsam sind. Dieser Bildungsaufgabe unterzog er sich unter den veränderten Bedingungen auch nach dem II. Weltkrieg, indem er mit Unterstützung Gleichgesinnter, unter anderem Lambert Schill, die Bauernschule des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV) 1952 in Schwerzen, später in Waldshut-Tiengen ins Leben rief, der auch seine ganze Sorgfalt bis zu seinem Lebensende galt.
Schwörers erfolgreiches agrarpolitisches Wirken als Direktor des Badischen Bauernvereins von 1928 bis zu seiner Entlassung 1933 läßt sich durch zwei Beispiele veranschaulichen: Er verschaffte der badischen Landwirtschaft den Zugang zu einer wesentlichen Verbesserung der Vieh- und Milchwirtschaft mit Hilfe eines in kürzester Zeit ausgebauten dichten Netzes von Rinderkontrollvereinen. Gleichzeitig gelang es ihm, in Baden als erstem Land in Deutschland alle organisatorisch und strukturell notwendigen Fakten zu schaffen, um die positiven Ziele des noch unter Reichskanzler Dr. Brüning erarbeiteten Reichsmilchgesetzes, besonders des § 38, zum Nutzen der Veredlungswirtschaft treibenden Landwirtschaft umzusetzen.
Schwörer wurde im März 1933 wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ aus – wie er selbst niederschrieb – „allen Ämtern und Funktionen entfernt, verbunden mit der Einstellung der Gehaltszahlung“. Dieser Vorgang fußte auf einer Anordnung des badischen Ministers des Innern, datiert aber erst am 11. Juli 1933 (Nr. 75848). Gleichzeitig wurde der Vorstand des Badischen Bauernvereins aus seiner Stellung verdrängt und das gesamte Vereinsvermögen beschlagnahmt. Nachdem man Schwörer in seiner Tätigkeit als Direktor des Badischen Bauernvereins wie in seinen genossenschaftlichen Funktionen keinerlei finanzielle, organisatorische oder sonstige Verfehlungen nachweisen konnte, wurde er im Dezember 1933 in das Angestelltenverhältnis übernommen und mit der Leitung der Landwirtschaftsschule in Altenheim bei Kehl beauftragt. 1938 wurde ihm die Leitung der Landwirtschaftsschule in Waldshut übertragen und 1939 wurde er als außerplanmäßiger Beamter in den Staatsdienst übernommen. Schwörer erfuhr dann erneut eine Dienstenthebung aufgrund eines Schreibens des Kreisleiters von Waldshut vom 21. November 1943 an den badischen Finanz- und Wirtschaftsminister und Ministerpräsidenten Walter Köhler, in dem unter anderem das als besonders parteischädigend erachtete Verhalten Schwörers hervorgehoben wurde: daß er bei Förderungsmaßnahmen „gut katholisch bekannte Bauern gegenüber NS-Parteigenossen“ bevorzuge. Dem aus seinen Ämtern gedrängten Schwörer darf es angerechnet werden, daß es mit Unterstützung politischer Freunde gegen Ende des II. Weltkriegs im Raume Waldshut nicht zu Kampfhandlungen kam.
Bereits im Herbst 1945 initiierte er in Fortführung seiner Tätigkeit vor der NS-Zeit die Bildung des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV) und die Herausgabe der Badischen Bauernzeitung in Verbindung mit der Gründung des Badischen Landwirtschaftsverlages. Von ihm gingen auch die Anstöße aus zu einem Neubeginn der Bauernschularbeit und der in den BLHV eingegliederten Verbände der Landfrauen und der Landjugend. In den Spitzen dieser Organisation, deren Tätigkeiten besatzungsbedingt auf das Gebiet des Landes Südbaden begrenzt waren, war er ebenso beratend tätig wie in den Genossenschaftsverbänden in Gesamtbaden, obgleich er hauptamtlich das Landwirtschaftsamt Waldshut leitete und gleichzeitig mit wichtigen Aufgaben zunächst im Finanz- und Wirtschaftsministerium und dann im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft des Landes (Süd-)Baden betraut war.
Schwörer trat 1958 in den Ruhestand, zehn Jahre später legte er alle Aufgaben in den berufsständischen und genossenschaftlichen Organisationen nieder.
Quellen: Personalakte (im Besitz von Frau Elisabeth Klaus, seiner Tochter) „Der Badische Bauer“, Wochenschrift des Badischen Bauernvereins e. V. Freiburg, 1928 bis 1933; „Bauernzeitung“ / „Badische Bauernzeitung“, 1946 bis 1972; 100 Jahre bäuerliche Interessenvertretung in Baden, Hg. Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband, 1985
Werke: Reaktion, Kalkgehalt und Bewirtschaftung der Böden des Oberrheintales und des südlichen Schwarzwalds (Hohenheimer Dissertation 1924); Zahlreiche Artikel – oft unter Pseudonym – in den unter Quellen erwähnten landwirtschaftlichen Wochenblättern
Nachweis: Bildnachweise: Fotos im Bildarchiv der Badischen Bauernzeitung Freiburg i. Br., Friedrichstraße 43
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