Enderle, Pius Johannes 

Geburtsdatum/-ort: 15.09.1917;  Freiburg im Br.
Sterbedatum/-ort: 01.08.1994;  Schluchsee-Seebrugg, beigesetzt in Freiburg, Hauptfriedhof
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher, Studienprofessor
Kurzbiografie: 1924-1928 Hansjakob-(Volks-)Schule Freiburg
1928-1937 Berthold-Gymnasium Freiburg bis Abitur
1937-1946 Studium der katholischen Theologie in Freiburg mit kriegsbedingten Unterbrechungen
1939-1944 Wehrdienst; als Student der katholischen Theologie im Rang eines Leutnants demobilisiert (13. 11. 1944)
1946 1. Sep. Priesterweihe in St. Peter durch Erzbischof Conrad Gröber
1946-1954 Vikar in der Pfarrseelsorge Emmendingen, Konstanz-Wollmatingen, Überlingen, Kenzingen und Karlsruhe-St. Stephan
1954-1977 hauptamtlicher Religionslehrer an der Gewerbeschule III, Karlsruhe, seit 1957 Handelsschule I mit Wirtschaftsoberschule, später Walter-Eucken-Gymnasium Freiburg; 1959 Studienrat, 1962 Oberstudienrat, 1971 Studienprofessor, 1977 Ruhestand
1958-1994 nebenamtlicher Militärseelsorger in Freiburg, Kirchzarten und Herbolzheim
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Geistlicher Rat ad honorem (1976), Ehrennadel des Wehrbereichskommandos V sowie Ehrenmedaille der katholischen Militärseelsorge (1983), Konradsplakette der Erzdiözese Freiburg (1987), Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1988)
Verheiratet: Unverheiratet
Eltern: Vater: Karl (1881-1956), Glasermeister
Mutter: Klara, geb. Kniele (1877-1950)
Geschwister: 3:
Klara (1909-2004)
Rosa (1910-2000)
Rupert (1913-1995)
GND-ID: GND/1012786943

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 68-70

Enderle entstammte einer Handwerkerfamilie im Freiburger Stadtteil Stühlinger, die trotz ihrer bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse in der allgemeinen Notlage während der Weimarer Republik bereit war, ihrem jüngsten Sohn den Besuch des humanistischen Gymnasiums zu ermöglichen. Schon in jungen Jahren zeigte er sich außergewöhnlich zielstrebig und willensstark. Daher gab er häufig Nachhilfestunden, um so einen persönlichen finanziellen Beitrag zu seiner Ausbildung zu leisten. Durch sein katholisches Elternhaus maßgeblich geprägt trat er früh dem Bund Neudeutschland bei, wo ihm auch die Leitung der Freiburger Gruppe übertragen wurde. Zum Zeitpunkt des Abiturs stand sein Entschluss fest, Geistlicher zu werden. Sein Studiengang an der Universität Freiburg erfuhr jedoch im Spätjahr 1939 eine jähe Unterbrechung durch die Einberufung zum Heeresdienst. Er war zunächst einer Fahrersatzabteilung in Fulda, danach in Hannover zugewiesen und wurde im Frühjahr 1941 zum Leutnant befördert. Seit 1943 in Russland als Kompanieführer in einem Panzergrenadier-Regiment mehrfach ausgezeichnet wurde er im November 1944 „demobilisiert“, da Studenten der katholischen Theologie als Offiziere „unerwünscht“ waren. Noch vor Jahresende setzte er das Studium in St. Peter fort, weil in der Folge des Fliegerangriffs vom 27. November 1944 auf Freiburg die Theologische Fakultät ihre Lehrveranstaltungen in das dortige Priesterseminar verlegen musste. Indessen scheint es, dass der lange Wehrdienst nicht ganz ohne Einfluss auf Enderles Charakterbildung geblieben ist: Immerhin wurde ihm von einem seiner theologischen Vorgesetzten eine „klare, militärische“ Vortragsweise bescheinigt, zugleich aber auch unter Bezugnahme auf seinen Dienstrang als Leutnant eine gewisse „Selbsteingenommenheit“ angemahnt.
Während seiner Vikarsjahre, die wiederholt durch kriegsbedingte Krankheiten unterbrochen wurden, hat Enderle erkennbar in der Jugendseelsorge und bei der Mannesjugend Schwerpunkte gesetzt. Dort galt er als geschätzter Prediger, und auch im Religionsunterricht fand er stets das richtige Wort für die heranwachsende Generation. Mit seiner anschließenden Verwendung zunächst als nebenamtlicher Religionslehrer an einer Karlsruher Gewerbeschule und danach durch seine Übernahme in den staatlichen Schuldienst hatte Enderle das ihm gemäße seelsorgerlich-katechetische Betätigungsfeld gefunden. Zwei Jahrzehnte lang hat er diese Tätigkeit in Freiburg ausgeübt, wo er es sich zu einem besonderen Anliegen machte, den jungen Menschen eine Lebensorientierung aus dem christlichen Glauben zu geben. Im Lehrerkollegium, das in der Folge tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche in den späten 1960er Jahren sehr heterogene Erziehungs- und Wertvorstellungen aufwies, galt er als ruhender Pol und stellte eine geschätzte Integrationsfigur dar. Sowohl seine pädagogische Begabung wie auch sein Fachwissen bewirkten, dass unter Verleihung des Dienstrangs „Studienprofessor“ Enderle 1971 zum Fachberater für katholische Religionslehre an Berufsschulen beim Oberschulamt Südbaden ernannt wurde. In dieser Funktion war er seit 1975 auch Mitglied der Lehrplankommission.
Im Zuge der Gründung der Bundeswehr lag der Gedanke nahe, den erfahrenen Jugendseelsorger auch für den Dienst in der Militärseelsorge zu gewinnen. Schon in Karlsruhe hatte er seit 1956 lebenskundlichen Unterricht bei den dort stationierten Bundeswehrsoldaten erteilt, und nach seiner Versetzung nach Freiburg wurde er zum Militärpfarrer für die Standorte Freiburg und Herbolzheim, seit 1962 auch Kirchzarten ernannt. Enderle, Zeitzeuge der NS-Herrschaft und Offizier im II. Weltkrieg, brachte eine ganze Reihe günstiger Voraussetzungen mit, angesichts der noch vielfach bestehenden Vorbehalte gegenüber der Bundeswehr den Zeitgenossen die Einsicht in den Dienst mit der Waffe als einen Friedensdienst zu vermitteln, die jungen Soldaten aber für diesen Dienst zu motivieren und ihre eigenen Erwartungen an den Staat und die Gesellschaft in die richtigen Bahnen zu lenken.
Neben seinen vielfältigen beruflichen Tätigkeiten ist Enderle immer auch wissenschaftlichen Fragen nachgegangen. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung mit der Geschichte Badens, vorab mit der badischen Zentrumspartei, konnte er schon 1957 eine Biographie über den badischen Zentrumsführer Joseph Schofer veröffentlichen. Im vorzeitigen krankheitsbedingten Ruhestand verfasste Enderle drei beachtenswerte Studien zur Kunst im Freiburger Münster und einen Beitrag zur Symbolik des Baus der ehemaligen Benediktinerabtei St. Peter im Schwarzwald. Von einem vorwiegend religiösen Ansatz ausgehend hat der Autor über die Darstellung der rein kunstgeschichtlichen Fakten hinaus vor allem den theologischen Verkündigungscharakter der Kunstwerke aufgezeigt. Eine solche Deutung versuchte er immer wieder auch bei seinen regelmäßigen Kunstführungen den heutigen, oft allzu sehr von ästhetischen Gesichtspunkten geleiteten Teilnehmern nahe zu bringen.
Enderles Verdienste in der Wahrnehmung seiner geistlichen und staatsbürgerlichen Aufgaben fanden Anerkennung in einer Reihe von Ehrungen von Kirche und Staat. Kurz vor dem 77. Geburtstag erlag er an seinem Urlaubsort einem Herzleiden.
Quellen: EAF Personalakte P. Enderle; StAF L 50/1 Nr. 17447 Personalakte P. Enderle des Oberschulamtes Südbaden; A des Kath. Militärbischofs Berlin Personalakten MGeistl.i.N.46.1; Mitteilungen von Frau Brigitte Katsuta-Enderle, Krefeld, vom Januar 2007.
Werke: Dr. Joseph Schofer. „Der ungekrönte Großherzog von Baden“, 1957; Der neue David u. das neue Jerusalem. Versuch einer theol. Interpretation d. Bausymbolik d. ehem. Nikolauskapelle des Freiburger Münsters, 1983; Der Hochaltar des Münsters in Freiburg im Br., 1986; Zahl, Klang, Licht: Zur Harmonie-Symbolik am Freiburger Münster, 1993; Die Himmelsstadt. St. Peter im Schw. Eine theolog. Interpretation d. Klosterbau-Symbolik, 1993.
Nachweis: Bildnachweise: Konradsblatt Nr. 28, 1988, 28 u. Nr. 37, 1994, 34; Kompass 17, 1988 (vgl. Lit.).

Literatur: rm., Militärseelsorge als Dienst für den Frieden. P. Enderle ist seit 25 Jahren Standortpfarrer, in: BZ Nr. 214 vom 16.9.1983, 16; N.N., „Freiburg persönlich“. P. Enderle, in: BZ Nr. 125 vom 2.6.1987, 16; D. Lutz, Verdienstkreuz für P. Enderle, in: Konradsblatt Nr. 28 vom 10.7.1988, 28; N.N., Ehrung für den Kunstkenner, in: Kompass. Soldat in Welt u. Kirche Nr. 17 vom 12.8.1988, 5; N.N., Einer, der treu zur Kirche steht. Der Geistl. Rat P. Enderle wird heute 75 Jahre alt, in: BZ Nr. 214 vom 15.9.1992, 20; N.N., Priester u. Kunsthistoriker Geistl. Rat P. Enderle ist gestorben, in: BZ Nr. 177 vom 3.8.1994; N. N., P. Enderle, in: Konradsblatt Nr. 37 vom 18.9.1994, 34; C. Siebler, P. Enderle, in: Necrologium Friburgense 1994, FDA 116, 3. Folge, Bd. 48, 1996, 239-241.
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