Bodman, Nikolaus Freiherr von und zu Johann 

Geburtsdatum/-ort: 23.02.1903;  Bodman
Sterbedatum/-ort: 25.10.1988;  Radolfzell
Beruf/Funktion:
  • Natur- und Umweltschützer, Ornithologe
Kurzbiografie: 1915-1926 Schulinternat Kloster Ettal bis 1918, dann Gymnasium Ravensburg bis 1924, dann Pädagogium Stöckle in Bad Wörishofen mit Abschluss Primarreife in München
1926-1927 Studium an der Universität Bonn und an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf
1927 Ornithologische Forschungsreise auf die Balearen mit Prof. Dr. Adolf von Jordans, Direktor des Museums Alexander König in Bonn
1928-1929 Landwirtschaftliches Praktikum in Kohto, zwischen Cottbus und Guben, auf einem Gut des Grafen Brühl
1930-1931 Studium an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim bei Stuttgart
1932 Übernahme des Schlossgutes Möggingen bei Radolfzell
1936-1971 Gemeinderat und stellvertretender Bürgermeister in Möggingen bis 1937, erneut 1946 bis 1971 Gemeinderat, seit 1956 der CDU, ab 1968 der Freien Wählervereinigung. 1939 bis 1941 und wieder 1968 Bürgermeister
1941-1945 Kriegsdienst in Frankreich. Bei der Feldkommandantur 591 und 622 (Epinal, Departement Vogesen) mit den Aufgaben eines Jagdoffiziers betraut. 1943 bei der Standortkommandantur Mirecourt.
1946 Aufnahme der Vogelwarte Rossitten im Schloss Möggingen
1948-1969 Kreisjägermeister
1955-1975 Kreisbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege im Landkreis Konstanz
1963 „Bund für Naturschutz Bodensee-Hegau e. V.“ gegründet, woraus der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) entstanden ist
1975 Gründungsmitglied des Kuratoriums „Stiftung Deutsche Umwelthilfe e. V.“
1976-1988 Vorstandsmitglied bis 1977, dann Vorsitzender
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrenbürger von Möggingen (1960); Bundesverdienstkreuz am Bande (1968); Alexander von Humboldt Medaille in Silber (1972); Ehrenplakette des Regierungspräsidiums Südbaden (1979); Hegaupreis der Gemeinde Steißlingen (1982)
Verheiratet: 1935 (Heltorf bei Angermund) Monika, geb. Gräfin von Spee (1907-1992)
Eltern: Vater: Graf Johann Othmar (1868-1930), Grund- und Majoratsherr
Mutter: Maria, geb. Gräfin von Walderdorff (1871-1958)
Geschwister: 2:
Graf Johannes (1899-1976)
Freiin Leopoldine (geb. 1909)
Kinder: 3:
Wilderich (geb. 1936)
Othmar (geb. 1939)
Konrad (geb. 1941)
GND-ID: GND/109075188

Biografie: Franz Götz (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 24-26

Bodman entstammte einer ehemals reichsritterschaftlichen Familie, deren Vertreter seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als Grundherren im westlichen Bodenseegebiet und Stabhalter der Kaiser und Könige im Königsgut Bodman nachgewiesen sind. 1277 erhielt Ritter Johann von Bodman die Königspfalz Bodman verpfändet und 1309 bestätigte König Heinrich VII. der Familie den Besitz des Königsgutes für bleibend. Der Großvater von Bodman, Freiherr Franz, erhielt 1902 durch den Großherzog von Baden den badischen Grafentitel für den Grund- und Majoratsherrn zu Bodman als Primogenitur. Diesen Titel haben auch Bodmans Vater Othmar und der ältere Bruder, Dr. rer. pol. Johannes (1899-1976), geführt.
Bodman wuchs auf dem land- und forstwirtschaftlichen Besitz in Bodman auf und wurde von Hauslehrern unterrichtet. Nach der entbehrungsreichen Schulzeit im Internat Kloster Ettal in den Kriegsjahren 1915-1918 besuchte er das Gymnasium Ravensburg bis 1924 und anschließend das Pädagogium Stöckle in Bad Wörishofen, dessen Direktor Stöckle Hauslehrer in Bodman gewesen war. 1926 legte Bodman die Prüfung zur Primarreife in München ab. Mit Unterbrechung besuchte er anschließend Vorlesungen an der Universität Bonn und der Landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn-Poppelsdorf. Während dieser Zeit lernte er den Direktor des naturkundlichen Museums Alexander König in Bonn, Prof. Dr. Adolf von Jordans, kennen. Mit diesem konnte er an einer ornithologischen Forschungsreise auf die Balearen von April bis Juli 1927 teilnehmen. Daran anschließend in den Jahren 1928 und 1929 erhielt er eine landwirtschaftliche Praktikantenstelle in Kohlo, zwischen Cottbus und Guben, auf einem Gut des Grafen Brühl. 1930 und 1931 setzte er das landwirtschaftliche Studium an der Hochschule Hohenheim bei Stuttgart fort. Der landwirtschaftlichen Ausbildung hatte sich Bodman unterzogen, da ihm aus dem Besitz seiner Mutter das Schlossgut Möggingen bei Radolfzell zugefallen war. In Möggingen hatten die Herren von Bodman bereits im 13. Jahrhundert Grundbesitz und seit dem 14. Jahrhundert waren sie mit nur kurzen Unterbrechungen Besitzer des St. Gallischen Lehensgutes, der Wasserburg Möggingen. Um 1500 hat sich ein eigener Familienzweig, die Herren von Bodman-Möggingen, von der Stammlinie abgetrennt. 1857 musste die Mögginger Linie ihr Gut verkaufen. Anfang des 20. Jahrhunderts starb der letzte Vertreter dieses Zweiges. Möggingen hatte für einige Jahrzehnte verschiedene Besitzer, bis im Jahr 1900 Bodmans Großvater mütterlicherseits, Graf Adolf von Walderdorff, und seine 2. Gemahlin Maria, geb. Gräfin von Rechberg, das Schloss Möggingen mit einigen Liegenschaften erwarben. Bodmans Mutter hat bereits am 20. Dezember 1919 das von ihr ererbte Schloss Möggingen an Bodman übereignet. 1931 erhielt Bodman von seinem Bruder als Bodmaner Abfindungsanteil den in Möggingen gelegenen Ziegelhof und einige Grundstücke zu Möggingen und Güttingen. Im gleichen Jahr begründete Bodman in Möggingen eine Nutriazucht mit bis zu 50 Tieren. Im Jahr 1935 siedelte Bodman endgültig von Bodman nach Möggingen über und legte Obstanlagen an.
Von 1941 bis 1945 leistete Bodman Kriegsdienst, zuerst in der Barbara-Kaserne in Donaueschingen, später in Frankreich und am Kriegsende in Neustadt im Schwarzwald. Da Bodman keine Berufung für den Militärdienst empfand und sich überdies gegenüber der herrschenden Ideologie des „Dritten Reiches“ reserviert verhielt, behielt er bis zum Kriegsende den Rang eines Obergefreiten.
Bodman hatte sich von Jugend an mit der Beobachtung von Vögeln und mit der Vogelkunde beschäftigt. In Bodman hat er für das Aufhängen von Nistkästen geworben. Auf Bodmans Vorschlag wurde 1928 die Beobachtungsstation Mettnau auf der Radolfzeller Halbinsel gegründet. 1931 bis 1938 war Bodman Vorsitzender der Süddeutschen Vogelwarte e. V. Nach der Auflösung des Vereins 1938 schloss sich Bodman der Vogelwarte Rossitten an und richtete auf Schloss Möggingen eine Beringungszentrale der Vogelwarte Rossitten für Baden und Württemberg ein. Diese Vogelwarte auf der Kurischen Nehrung in Ostpreußen war auch Ziel seiner Hochzeitsreise gewesen. 1946 nahm Bodman die aus Ostpreußen vertriebene Vogelwarte in seine Mögginger Burg auf. Die Vogelwarte – ein Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. – wurde als Vogelwarte Radolfzell in die neu gegründete Max-Planck-Gesellschaft übernommen.
Als begeisterter Jäger beteiligte sich Bodman am Wiederaufbau jagdlicher Organisationen, war seit 1948 Mitglied des Vereins Badischer Jäger und bis 1969 Konstanzer Kreisjägermeister, dann Ehrenkreisjägermeister. Die besonderen und überregionalen Verdienste von Bodmans lagen im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes. Auf seine Bemühungen hin wurden bereits 1938 der bei Möggingen gelegene Mindelsee und seine Umgebung zum Naturschutzgebiet erklärt. Im Jahr 1955 gewann Landrat Ludwig Seiterich Bodman für die Übernahme des Amtes eines Kreisbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege. Am 1. August 1955 wurde er durch das Regierungspräsidium Südbaden, Landeskulturamt als höhere Naturschutzbehörde, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Geschäftsführers der Kreisstelle für Naturschutz und Landschaftspflege im Landkreis Konstanz beauftragt. Mit Bodmans Berufung wurde die Kreisstelle für Naturschutz und Landschaftspflege neu gegründet, deren Wiederaufbau eine besondere Herausforderung darstellte, war Bodman doch schon seit den 1930er Jahren deren Mitglied. Die von Bodman eingerichtete Kreisstelle diente als Muster für andere Landkreise in Land und Bund. Bodman gehörte – auch als Vorstandsmitglied – der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Beauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege e. V. Bad Godesberg an. Für den Landkreis gab er die „Mitteilungen der Kreisstelle für Naturschutz und Landschaftspflege“ heraus, insgesamt 90 Nummern. Gemeinsam mit dem für Umweltfragen aufgeschlossenen Landrat kämpfte Bodman für den Erhalt des natürlichen Bodenseeufers und setzte sich für die Schaffung von Landschafts- und Naturschutzgebieten ein. In seine Amtszeit fielen der Naturschutztag 1966 in Konstanz und 1969 die Verleihung des Europadiploms durch den Europarat Straßburg für das Wollmatinger Ried bei Konstanz.
Bodman setzte sich gegen die Hochrheinschifffahrt und das Bodenseeregulierwehr ein. Bei dem Ausbau von Verkehrswegen, der Ausweisung von Bebauungsgebieten und der Nutzung des Seeufers konnte er oft landschaftsschonendere Lösungen erreichen. Mit seiner sachkundigen und unideologischen Argumentation konnte Bodman überzeugen und Maßstäbe setzen für Natur- und Umweltschutz, die damals in der öffentlichen Wahrnehmung noch kein Thema darstellten. Bodman gelang es, Naturschutz im Bodenseeraum zu aktivieren und örtliche Arbeitsgemeinschaften für Naturschutz zu gründen, die den amtlichen Naturschutz unterstützen sollten. 1963 erfolgte auf seine Initiative die Vereinigung dieser Gruppen im „Bund für Naturschutz Bodensee-Hegau e. V.“, aus dem sich schließlich der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland“) mit zu Beginn Sitz in Möggingen entwickelt hat. Am 26. Mai 1975 verabschiedete Landrat Robert Maus Bodman in Bodman und verlieh ihm wenige Tage später in einer Kreistagssitzung den ersten Ehrenring des Landkreises Konstanz für seine verdienstvolle und erfolgreiche Arbeit.
Bodman war auch kommunalpolitisch tätig. Rund 35 Jahre stellte er sich in der bis 1975 selbständigen Gemeinde Möggingen als Gemeinderat zur Verfügung, mehrfach als stellvertretender Bürgermeister (1937, 1945) und Bürgermeister (1939, 1968) nach Einberufung oder Tod des Amtsinhabers. Am 25. November 1971 verabschiedete ihn die Gemeinde Möggingen als Gemeinderat. Bodman gehörte dem Hegau-Geschichtsverein seit seiner Gründung 1955 als Beirat an. Ebenso war er 1975 Gründungsmitglied, 1976/77 Vorstand und von 1977 bis 1988 Vorsitzender des Kuratoriums „Stiftung Deutsche Umwelthilfe e. V.“ Zahlreiche Ehrungen würdigten öffentliches Engagement, Leben und Werk des „Naturschutz-Barons“.
Quellen: Familienunterlagen in Schloss Möggingen, Radolfzell-Möggingen.
Werke: Die Gruftkapelle zu Möggingen, in: Möggingen 860-1960, hg. von Herbert Berner, 1960, 123 f.; Der Mindelsee, ebd. 173 ff.; Schloss Möggingen am Mindelsee, 1979; Schloss Möggingen, in: Der Mindelsee – Monographie eines Naturschutzgebietes auf dem Bodanrück, hg. von d. Landesanst. für Umweltschutz Südbaden-Württemberg, Institut für Ökologie u. Naturschutz, 1983 – dem „Naturschutz-Baron“ N. Frhr. v. u. zu Bodman zum 80. Geburtstag gewidmet –, 107 ff.; Jagd u. Wild, ebd. 407 f.; Das Naturschutzgebiet Mindelsee, ebd. 707 ff.
Nachweis: Bildnachweise: Familienunterlagen (vgl. Quellen).

Literatur: Richard Wolf, Freiherr N. v. u. zu Bodman 65 Jahre, in: Hegau, 1 (25), 1968, 226 f.; Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Frhr. N. v. u. zu Bodman, Möggingen, in: Naturschutz, Zs. des Bundes für Naturschutz in Oberschwaben u. des Bundes für Naturschutz Bodensee-Hegau e. V., 1968, 63 ff.; Herbert Berner, Gedenken an den Naturschutzbaron J. N. Frhr. v. u. zu Bodman (1903-1988), in: Hegau 45, 1988, 259 ff.; Herbert Offner, J. N. Frhr. v. u. zu Bodman, Ein Leben für den Schutz d. Natur u. Landschaft am Hochrhein u. Bodensee, in: Natur u. Mensch, Schweizerische Bll. für Natur u. Heimatschutz 1, 1989, 29 f.
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