Pfisterer, Erich 

Geburtsdatum/-ort: 02.10.1910; Dortmund
Sterbedatum/-ort: 13.02.1981;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Ingenieur, Wasserkraftwerksbauer
Kurzbiografie: 1929 Abitur Gymnasium Karlsruhe
1929-1934 Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule Karlsruhe, Fachrichtung Wasserbau
1934 Examen zum Diplom-Ingenieur
1935-1937 Studium der Volkswirtschaft an der Technischen Hochschule Karlsruhe
1938-1939 Studium der Volkswirtschaft an der Universität Freiburg
1934-1937 Baureferendar bei der Deutschen Reichsbahn und verschiedenen Wasserwirtschafts- und Straßenbauämtern
1938-1943 Bezirksplaner bei der badischen Landesplanungsstelle in Freiburg
1939-1942 Kriegsdienst als Pionieroffizier
1943 Promotion zum Dr. rer. pol.
1943-1956 Bau und Inbetriebnahme der Pumpspeicherwerke Witznau und Waldshut der Schluchseewerk AG
1956-1976 Vorstandsmitglied der Schluchseewerk AG, Freiburg i. Br. und der Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern AG, Freiburg i. Br.
1967 Inbetriebnahme der Unterstufe Säckingen der Werksgruppe Hotzenwald
1976 Inbetriebnahme der Hornbergstufe der Werksgruppe Hotzenwald
1968 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
1972 Dr.-Ing. e. h. der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
1972 Titel „Professor“ durch die Landesregierung von Baden-Württemberg
1961 Ehrensenator der Technischen Hochschule Karlsruhe
1972 Honorar-Prof. an der Technischen Universität Berlin
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1935, Trude, geb. Widmann
Eltern: Vater: Peter Pfisterer, Oberpostinspektor
Mutter: Olga, geb. Bauer
Kinder: 2 Töchter, Ursula (geb. 1939), Inge (geb. 1941)
GND-ID: GND/116166991

Biografie: Gregor Bär (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 216-218

Der erste große deutsche Wasserbaulehrmeister, Geheimrat Professor Dr. Rehbock, in dessen Labor in Karlsruhe die Grundlagen für den theoretischen und praktischen Wasserbau geschaffen wurden, weckte in Pfisterer das Interesse an der Wasserkraft, die ihn faszinierte und schließlich zu seinem Lebensinhalt wurde.
Er erarbeitete bereits während des Studiums verschiedene Entwürfe, die sich mit dem Ausbau und der Nutzung der heimischen Wasserkraft für die Zwecke der Energieerzeugung in Baden beschäftigten. Den erforderlichen umfassenden Überblick in das Zusammenspiel der verschiedenen Fachplanungen und die Koordinierung der Einzelaufgaben und Einzelinteressen verschaffte sich E vor allem in der badischen Landesplanung.
Noch während des Krieges übernahm er die besonders schwierige Aufgabe, die lebenswichtigen Wasserkraftanlagen der Schluchseewerk AG in Südbaden unter der Leitung des damaligen technischen Vorstandsmitgliedes, Regierungsbaurat Prof. Dr.-Ing. e. h. Otto Henninger weiterzubauen und fertigzustellen. Über zwei Jahre hinweg war Pfisterer Sicherheitsoffizier für die Kraftwerke Häusern und Witznau, wobei es ihm zu verdanken ist, daß diese Kraftwerke in den Wirren der letzten Kriegstage von der Zerstörung verschont blieben. Die Bewertung dieser Zusammenhänge für die gesamte Volkswirtschaft und für deren raschen Wiederaufbau nach 1946 im Landesteil Südbaden ist erst wesentlich später klar geworden.
Nach der Inbetriebnahme des Kraftwerkes Witznau wurde unter seiner Bauleitung 1946 mit dem Bau des Kraftwerkes Waldshut begonnen. 1953 konnte mit der Fertigstellung des Kraftwerkes Waldshut die Werksgruppe Schluchsee zum Abschluß gebracht und der endgültige Betrieb aufgenommen werden.
Pfisterer hat sehr früh erkannt, daß die Nutzung der geplanten Beileitungen zum Schluchsee keineswegs für den stetig steigenden Energiebedarf ausreichen. Seit 1949 und nach der Berufung in den Vorstand der Schluchseewerk AG und der Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern AG im Jahre 1956 hat er gegen alle vorhandenen Widerstände eine Planung vorgenommen und eingeleitet, in der die natürlichen Voraussetzungen des Südschwarzwaldes, besonders des Hotzenwaldes, für den weiteren Ausbau von Großspeicherkraftwerken genützt werden. Die Planung sah eine dreistufige Kraftwerkskombination mit hoher installierter Leistung vor. Das erste Kraftwerk der Werksgruppe Hotzenwald ist 1967 mit der Inbetriebnahme der Unterstufe Säckingen des Hotzenwaldwerkes verwirklicht worden. Am 15. November 1976 konnte die offizielle Einweihung der Hornbergstufe, dem bislang leistungsstärksten Wasserkraftwerk in der Bundesrepublik Deutschland, mit den Spitzen der Behörden und beteiligten Firmen gefeiert werden.
Pfisterer verstand es in genialer Weise, die günstigen vorherrschenden Gegebenheiten des Südschwarzwaldes, nämlich die ausgezeichnete Geologie des Gebietes, seine hohen Niederschläge und die sehr große Fallhöhe zum Hochrhein hin optimal in seine Planungen miteinzubeziehen. In Verbindung mit Pumpen und Jahresspeicher wurde eine wertvolle Quelle für die Stromerzeugung aus Wasserkraft geschaffen, wobei Spitzen- und Mittellast und Reserveenergie dem Netz zur Verfügung gestellt werden. Die Anlagen sind nicht nur für die Energieerzeugung in der Bundesrepublik, sondern auch für das europäische Verbundnetz von außerordentlicher Bedeutung.
Als Ingenieur hat er es stets gewagt, neue Konstruktionen im Kraftwerksbau zu verwirklichen. Er hat damit wesentlich dazu beigetragen, den technischen Fortschritt in einem zu verantwortenden Rahmen zu fördern und den volkswirtschaftlichen Nutzen durch die Möglichkeit der Wiederanwendung solcher Neuerungen bei künftigen Projekten weiterzumehren. Die bauliche Konzeption der neuen Kraftwerkstufen der Werksgruppe Hotzenwald hat mit der Kavernenbauweise eine grundlegende Änderung erfahren. Durch diese Art der Maschinenhausgestaltung konnte auch der hydraulische Gesamtwirkungsgrad der neueren Anlagen wesentlich verbessert werden. Dabei sind nicht nur neue Wege in der Felsmechanik eingeschlagen worden, sondern auch auf maschinellem und elektrotechnischem Gebiet wurden neue Konstruktionen verwirklicht. Pfisterer hat die Anlagen ferner so konzipiert, daß die verlangte und benötigte Energie schnell bereitgestellt werden kann. Diese kurzen Anlauf- und Umschaltzeiten wurden im wesentlichen sowohl im Kraftwerk Säckingen als auch im Kraftwerk Wehr durch den Einbau neuartiger Kupplungen erreicht.
Der hochqualifizierte Ingenieur, der neue richtungsweisende Akzente in der Stromerzeugung durch Wasserkraft gesetzt hat, gab gerne sein Wissen und seine Erfahrung an wißbegierige junge Menschen weiter durch Vorlesungen als Honorarprofessor oder Gastprofessor an der Technischen Universität Berlin, der Universität Karlsruhe und der Technischen Hochschule Aachen. In zahlreichen Veröffentlichungen teilte er der interessierten Fachwelt stets den aktuellen Stand seiner Kenntnisse über den Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen mit.
Seine großartigen, wissenschaftlichen und technischen Leistungen auf dem Gebiet des hydraulischen Kraftwerkbaues sind in vielen Ehrungen gewürdigt worden. So war er Ehrensenator der Technischen Hochschule Karlsruhe und Honorarprofessor an der Technischen Universität Berlin. Außerdem erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, den akademischen Grad und die Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und den Titel „Professor“ durch die Landesregierung Baden-Württemberg.
Pfisterer war mehrere Jahre Mitglied des VDEW-Vorstandrates und stellvertretender Vorsitzender des Südwestdeutschen Wasserwirtschaftsverbandes. Er war Obmann des DVWW/VDEW-Sonderausschusses Wasserkraft und Mitglied mehrerer nationaler und internationaler Fachausschüsse.
Anläßlich seiner Verabschiedung als Vorstandsmitglied der Schluchseewerk AG und der Rheinkraftwerk Albbruck-Dogem AG wurde er als Persönlichkeit „gewürdigt“, die das Bündnis zwischen Wissenschaft, Technik und Wirtschaft in einer ganz typischen Weise konkretisiert, gewissermaßen personifiziert hat. Sein unbeugsamer Wille und die zielgerichtete, immense Schaffenskraft gaben seinen Freunden, Fachkollegen und Mitarbeitern das Vertrauen, das stets Grundlage einer fruchtbaren Zusammenarbeit ist.
Werke: Korrosionsschutz im Stahlwasserbau, in: Elektrizitätswirtschaft, 1955; Erschließung der Wasserkräfte, in: Energie von heute, 1956; Das Hotzenwaldwerk, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 1960; Wasserkraftanlagen im Südschwarzwald und am Hochrhein, in: Die Wasserwirtschaft, 1963; Pumpspeicherwerke: Charakteristiken sowie technische und wirtschaftliche Möglichkeiten (deutsch und englisch), Bericht UNIPEDE-Kongreß 1964 in Stockholm; Die Bauarbeiten für die Unterstufe des Hotzenwaldwerkes, in: Die Wasserwirtschaft, 1965; Entwicklung der Pumpspeicherwerke, in: ENERGY INTERNATIONAL, 1966; Pumpspeicherwerk Säckingen, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 1968; Erfahrungen im Bau und Betrieb großer Pumpspeicherwerke, in: Brennstoff – Wärme – Kraft, 1968; Hotzenwaldwerk Pumped-Storage Scheme, (Teil 1 und 2), in: Water Power, Heft 9 und 10, 1968; Die Unterstufe Säckingen des Hotzenwaldwerkes; in Elektrizitätswirtschaft, 1968; Wasserkraftanlagen – Wasserkraft- und Pumpspeicherwerke, in: Brennstoff – Wärme – Kraft, 1969; Musteranlagen der Energiewirtschaft – Hotzenwaldwerk Unterstufe Säckingen, in: Energiewirtschaft und Technik, 1969; Die Hornbergstufe des Hotzenwaldwerkes der Schluchseewerk AG, Freiburg, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 1971; Wasserkraftanlagen der Schluchseewerk AG im Schwarzwald, in: Wasser und Energiewirtschaft, 1972; Die Hornbergstufe der Schluchseewerk AG (Teil 1 und 2) Construction at Hornberg advances on schedule, in: Water Power Heft 10/11, 1973; Ausbau und Betriebsweise des Hotzenwaldwerkes, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 1975; Die Bedeutung der Pumpspeicherwerke für die Stromversorgung im Verbundnetz, in: Energiemarkt heute und morgen, 1976.
Nachweis: Bildnachweise: Foto StAF, Bildnissammlung.
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