Planck, Mathilde Johanna Friederike 

Geburtsdatum/-ort: 29.11.1861;  Ulm
Sterbedatum/-ort: 31.07.1955;  Gochsen
Beruf/Funktion:
  • Frauenpolitikerin, MdL (Württ.)-DDP, Lebensphilosophin
Kurzbiografie: 1869–1878 Schule in Blaubeuren, daneben Hilfe im mütterl. Haushalt; Privatunterricht in Englisch, Französisch, Geschichte, Kirchengeschichte u. Geographie; Besuch einer Nähschule
1880–1919 wohnh. in Stuttgart
1883 Gasthörerin d. Ästhetikvorlesungen von Friedrich Theodor Vischer am Stuttgarter Polytechnikum
1884 Studien im Privatseminar Frl. von Prieser
1887 Lehrerinnenexamen in den Fächern Englisch, Deutsch u. Mathematik; bis 1909 Staatl. geprüfte Lehrerin am Rothert’schen Institut, d.„Prieserei“ u. am neugegründeten 1. Württ. Mädchengymnasium, später Königin-Charlotte-, heute Hölderlin-Gymnasium
ab 1910 Schriftstellerin u. Journalistin im „Frauenberuf“; ab 1898 Arbeit im Pressedienst des 1873 gegr. Schwäb. Frauenvereins, in d. Ztg. Die Frauenwacht, Zs. zur Förderung d. Frauenbestrebungen in Württ. u. in d. Frauenbeilage Die Rosa Frau des Neuen Tagblattes Stuttgart (1921–1927); Vereinsarbeit in d. bürgerl. Frauenbewegung; Vorsitzende des Ortsvereins Frauenbildung u. Frauenstudium, 1901 Gründung des Verbands Württ. Frauenvereine, 1906 bis 1916 Vorsitzende des von ihr 1890 mitgegründeten Württ. Lehrerinnenvereins, Arbeit in d. Frauenlesegruppe u. 1908 des Stuttgarter Frauenklubs; 1914 Mitgründerin d. Stuttgarter Filiale des Nationalen Frauendienstes; Gründerin u. zeitw. Vorsitzende des württ. Zweigvereins der Dt. Friedensgemeinschaft u. des Vereins für Verbesserung d. Frauenkleidung, d. Stuttgarter Gruppe d. Abolitionistischen Föderation u. Mitglied beim Bund vom Blauen Kreuz u. im Christlichen Weltbund
1919–1930 Umzug nach Beuren bei Nürtingen u. bis 1928 MdL-DDP
1921 zusammen mit Georg Kropp Gründerin d. Gemeinschaft d. Freunde, GdF, später: Bausparkasse Wüstenrot
1924 Mitgründerin d. Abt. Frauenstudium an d. VHS Stuttgart, Vorträge
1929 Bau u. Leitung des Mathilde-Planck-Hauses Ludwigsburg als fortschrittl. Altenwohnheim, bis 1936 dort wohnhaft
1935 zusammen mit ihrem Bruder Reinhold Gründung d. Karl- Christian-Planck Gesellschaft
1936–1950 wohnh. im eigenen Haus in Gerlingen, Leitung des Aufbaus eines Planck-Archivs u. Herausgabe d. philosophischen Schriften des Vaters
1951–1955 wohnh. im Gerokheim Ludwigsburg; zum 90. Geburtstag Bundesverdienstkreuz als erster Frau
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: Unverheiratet
Eltern: Vater: Karl Christian (1819–1880), Gymnasiallehrer, Altphilologe u. Seminardirektor
Mutter: Auguste, geb. Wagner (1834–1925)
Geschwister: 6; Karl (1857–1899), Marie (1858–1930), Adelheid, verh. List (1860–1894), Reinhold (1866–1936), Pfarrer, Hermann (1868–1932) u. Clara (1873–1892)
Kinder: keine
GND-ID: GND/116204788

Biografie: Mascha Riepl-Schmidt (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 369-373

Verstelltsein von Männern und Vergessensein in der historischen Aufarbeitung, das war lange Zeit Plancks Schicksal. Ihre Lebenszeit führte sie aus den festgefügten familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, die das Königreich Württemberg prägten, über unsäglich brutale, welterschütternde und -verändernde kriegerische Umwälzungen in ein neues Deutschland, in eine Gesellschaft, die nach dem Ende der Gräuel des Holocaust und des II. Weltkrieges ihren Weg in demokratische Verhältnisse finden musste. Diese Lebenszeit zeigt aber, was in einem Frauenleben schwierig oder glücklich sein konnte. Als unverheiratete Frau entsprach Planck nicht dem tradierten Lebensmodell der Ehefrau und Mutter. Dass sie mit diesem Schicksal gehadert hätte, ist dennoch nirgends auch nur andeutungsweise zu erkennen, auch nicht in Erinnerungen der Nachfahren.
In einer gebildeten Lehrer- und Pfarrersfamilie, die in die ganz Württemberg überspannende Plancksche Großfamilie eingebettet war, gleicht die schüchterne und trotzdem aufmüpfig-mutige Planck einem Rädchen im Apparat einer männlich geprägten württembergischen Intelligenz, die in liberaler Aufgeschlossenheit wertkonservative Inhalte bewahrte, aber auch notwendige gesellschaftliche Aufbrüche ankurbelte und bewegen half. Realistisch denkend und bescheiden agierend war sie sich dennoch der Erfolge bewusst, die der Kampf um die Gleichberechtigung der Frau in den neun Dekaden ihres Lebens erzielte, auch dank ihrer unablässigen Mitwirkung. Noch im hohem Alter beschrieb sie in ihrem Lebensrückblick wichtige Etappen dieses Lebens und seiner (frauen)politischen Zusammenhänge.
Planck war das vierte Kind ihrer Eltern. Auch ihre Mutter war eine geborene Planck, die Cousine ihres Mannes, der als Theologe und Altphilologe am Ulmer Gymnasium und dann am evangelisch-theologischen Seminar in Blaubeuren lehrte, bevor er in seinen beiden letzten Lebensjahren in Maulbronn das Ephorat innehatte, also Seminarleiter war. Mit fünf Geschwistern wuchs Planck anfangs eher beengt in verschiedenen Wohnungen in Ulm, ab 1869 in Neu-Ulm auf. Von 1869 bis 1878 lebte die Familie dann in Blaubeuren in einem geräumigen, von ihr allein bewohnten Haus. Ein eigener Garten und der Klosterhof waren beliebte Spielplätze der Kinder. Zwei Jahre nach dem Umzug nach Maulbronn 1878 starb der Vater in der Psychiatrischen Klinik in Winnenthal und wurde in dem von ihm für seine Mutter erworbenen Grab auf dem Stuttgarter Pragfriedhof begraben. Das ist inzwischen das Familiengrab dieses Planckschen Familienstrangs.
Beim Tod des Vaters war Planck 18 Jahre alt. Spätestens mit dem darauf folgenden Umzug nach Stuttgart war ihre Kindheit beendet. Dennoch scheint ihr Stuttgart kein ungünstiger Ort gewesen zu sein. Des Vaters Vetter, Max Planck, damals Rektor des Karls-Gymnasiums, nahm sich der Kinder an. Planck, das „Thildele“, 1866 mit fünfeinhalb Jahren in Neu-Ulm zur Schule gekommen, wirkte verträumt und war zuerst keine gute Schülerin. 1870 beim Sieg über die Franzosen und der Reichsgründung war sie noch ganz deutschnational- kriegerisch gesinnt. Die Siegesbegeisterung wich später einer hartnäckig vertretenen Kriegsvermeidung.
Wie für Mädchen in jener Zeit üblich, endete der Schulbesuch mit ihrer Konfirmation. Dem Lesehunger aber standen die Klassiker im häuslichen Bücherschrank zur Verfügung, auch wenn ihre älteren Geschwister damals noch meinten, die Phantasie der jüngeren Schwester sei größer als ihr Verstand. Sie hatte Sehnsucht nach Großem, Bedeutendem, ohne den Weg dorthin zu ahnen. Seit dem Tod des Vaters führte sie als Haustochter Jahrzehnte den Haushalt der häufig kranken Mutter. Sie wagte keine Weiterbildung, musste für den Haushalt und die Betreuung der drei kleineren Geschwister sorgen. Dass Planck lange Zeit keinen Beruf ausübte, liegt sicher in ihrer fürsorglichen Opferbereitschaft. Der Familie blieb sie immer eng verbunden und teilte sich noch viele Jahre den Haushalt und die Wohnung mit der Schwester Marie und der Mutter in unterschiedlichen Stuttgarter Wohnungen, bevor die „Ephoratswitwe“ aufs Land nach Bronnweiler und dann nach Korntal zog, wo sie 91-jährig starb.
Ihre eigene geistige Entwicklung ist lange zu keinem Abschluss gekommen. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts sei es für ein durch persönliche Verhältnisse eingeengtes Wesen doppelt schwierig gewesen, den ihm bestimmten und seinen Anlagen gemäßen Weg zu finden. Planck suchte weiter den Ort, an dem sie notwendig war, doch sie blieb auch dann noch für die Versorgung der Familie zuständig, als sie sich 1884 mit 23 Jahren auf die Schulbank des 1870 eröffneten privaten Lehrerinnenseminars der „Prieserei“ setzte, der 10-klassigen privaten Fortbildungsanstalt für Töchter höherer Stände des Fräulein von Prieser, die sich über ihre Institutsaufgaben hinaus für Frauenbildung engagierte und hier besonders die unzulänglichen Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen über fünfzehn kritisierte. Planck ließ sich dort mit der knappen Nacht- und Tageszeit, die sie des Haushalts wegen nur hatte, zur Lehrerin ausbilden, nicht aus Veranlagung, wie sie als alte Frau erklärte, sondern als Pflichterfüllung einem fortschrittlichen Staatswesen gegenüber. Für Frauen gab es am Ende des 19. Jahrhunderts fast keinen anderen anspruchsvollen Beruf, obwohl einer Lehrerin sich beileibe kein goldener Boden bot. Wie reformbedürftig das System noch war, lässt ihr späteres Engagement im Lehrerinnenverein erkennen, bis der Aufschwung der Mädchen- und Lehrerinnenbildung um die Wende zum 20. Jahrhundert trotz aller Widerstände tragendes Fundament der hürdenreichen „Erfolgsgeschichte“ der Frauenbildung wurde.
Wie in den anderen deutschen Staaten stand der Beruf der Lehrerin noch ganz in einer Tradition zwischen Autorität und Abhängigkeit. Lehrerinnen war „nur“ der Unterricht von Mädchen gestattet; Gehalt, Kleidung, Verbeamtung und Rentenversorgung waren bis ins 20. Jahrhundert hinein nicht recht geregelt. Erst ab 1877 konnten Lehrerinnen in Kranken- und Pensionskassen eintreten und bekamen im Krankheitsfall drei Monate ihre Gehaltszahlung. Dauernde Anstellungen waren für sie erst um die Jahrhundertwende nach Einführung der II. Dienstprüfung möglich, lagen aber weit unter der Besoldung männlicher Beamter. Vor allem aber galt im Kaiserreich der „Zölibatserlass“: Frauen waren nach der Heirat aus dem Beamtenstand, sogar aus dem Anstellungsverhältnis zu entlassen; Gleichstellung der Mädchenschullehrer und -lehrerinnen mit den Lehrern an den Latein- und Realschulen erfolgte auch erst bei der Wende zum 20. Jahrhundert.
Planck begann 1884 ihre Ausbildung, Zweimal unterbrach sie für je ein Jahr, wegen „Blutarmut“. Dann begann der innere Kampf gegen ihre Schüchternheit den Kindern gegenüber, der bis 1910 währte, als sie den Schuldienst verließ. Die seelische Belastung aber hatte dazu geführt, dass sie sich körperlich beschädigt fühlte, trotz all ihrer frauenpolitischen Erfolge. In Württemberg hatte König Wilhelm II. als einer der ersten deutschen Regenten 1904 das offizielle „rite“ für die „ordentliche“ Immatrikulation für Frauen mit Abitur an der Universität Tübingen verordnet. Dieses „rite“ betraf die ersten vier Absolventinnen des Stuttgarter I. Württembergischen Mädchengymnasiums, die hier die Möglichkeit gehabt hatten, ihr humanistisches Abitur zu machen. Gegründet worden war dieses Institut von Gertrud Freiin Üxküll von Gyllenband, die bei ihrer Heirat 1899 ihren Adelstitel abgelegt hatte und im Institut ohne Honorar Latein und Französisch unterrichtete. Der erste Abitursjahrgang bestand 1903 die Prüfungen und die Absolventinnen konnten nun als „ordentliche“ Studentinnen studieren. Das war Ziel der Institutsleiterin, das sie für ihre Abiturientinnen erreichen wollte: Zugang zu allen Fakultäten der Universitäten. So war ihrer Meinung nach auch Frauen eine „Berufsstellung“ sicher.
Um dieser Selbstverständlichkeit Nachdruck zu verleihen, forderte Planck 1905 in einem Vortrag, junge Mädchen ebensoviel Zeit wie ihre Brüder auf ihre Bildung verwenden zu lassen. Gleiche Rechte für Männer wie Frauen hieß das Credo der späteren Abgeordneten, die ihren Lehrerinnenberuf in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts aufgegeben hatte, um in größeren Zusammenhängen zu wirken, wohl auch, um zu sich selbst zu finden. In unterschiedlichen berufsorientierten Frauenvereinen, in der Friedensbewegung und in Vereinen gegen Alkoholmissbrauch und Prostitution war sie tätig und hat sich in vielen Vorträgen und Aufsätzen innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung für die Gleichberechtigung stark gemacht, auch mit Vorträgen in der Abteilung Frauenstudium an der VHS Stuttgart, an deren Eröffnung sie 1924 beteiligt gewesen war. 35 Jahre lang ist sie im „frauenbestrebten“ Württemberg, so die zeitgenössische Bezeichnung, über den regionalen Rahmen hinaus eine der Aktivsten und Bekanntesten geblieben. Diese Jahre gaben Frauenvereinen eine wichtige Möglichkeit, außerhalb der eigenen vier Wände aktiv zu werden, auch wenn das seit 1851 gültige „Preußische Vereinsgesetz“ bis 1908 noch allen Unmündigen die Mitarbeit in politisch eingestuften Vereinen und Parteien untersagte.
1901 war der Württembergische Frauenbund, Dachverband von zwanzig württembergischen Frauenvereinen, nach dem Vorbild des Bundes deutscher Frauenvereine von Planck gegründet worden. Auch der Stuttgarter Frauenklub bündelte unterschiedliche Stuttgarter Gruppierungen und wirkte über die städtische Bürgerinnenwelt hinaus. Planck erkannte in solchen Foren neue politische Aktionsradien. Neben der ehrenamtlich geleisteten Vereinsarbeit nutzte sie aber auch die Redaktions- und Vortragsarbeit, mit der sie ihren „Broterwerb“ bestritt, zu öffentlichem Einfluss im Kampf für eine moderat traditionsgebundene Gleichberechtigung von Frauen in Beruf, Ehe und Familie. Planck wusste, dass Zeitungen als Informationsquellen für Frauen wichtige Dienste leisten konnten, auch wenn sie Frauenpolitik noch als komische Randerscheinung sahen. Drum arbeitete sie als Journalistin, u.a. im Blatt Die Frauenwacht, dem gemeinsamen Organ des württembergischen Lehrerinnenvereins und des Stuttgarter Frauenklubs, und in der Zeitung Frauenberuf, die der Schwäbische Frauenverein herausgab und die seit 1898 das Gesamtorgan der wichtigsten regionalen und kommunalen Frauenvereine war. Erst in der Weimarer Republik konnten Journalistinnen das Thema Frauenpolitik aus der Nische der Frauenzeitungen befreien. Die nun als Landtagsabgeordnete bekannte Planck gab von 1921 bis 1927 die Frauenbeilage Die Rosa Frau der Stuttgarter Tageszeitung Neues Tagblatt heraus und schrieb Artikel in der ganzen Bandbreite ihrer bisher angegangenen Problemfelder: Familie, Mädchenbildung, Berufschancen für Frauen, Alkoholismus und Prostitution.
Schon 1914 hatte Planck angesichts der deutschen Kriegseuphorie die Meinung vertreten, Gewalt sei keineswegs die letzte, entscheidende Instanz im Leben der Menschheit. Zusammen mit Frida Perlen, der Vorsitzenden des Stuttgarter Ortsvereins der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, der parteiübergreifend Frauen im Kampf gegen den Krieg vereinte, sandte sie bei Kriegsausbruch am 3.August ein Telegramm an Kaiser Wilhelm II. und bat, den Krieg zu vermeiden. Bald darauf aber unterstützte Planck die Vereinsarbeit für den Nationalen Frauendienst, den überparteilichen Aktionskreis vieler Frauen, die Kriegsnöte zuhause lindern wollten, indem sie ehrenamtlich Familien- und Versehrtenpflege leisteten. Das lässt ihre pazifistische Haltung ambivalent erscheinen. Bald aber begann sie angesichts des Kriegstodes eines Neffen an ihrem Engagement zu zweifeln und flüchtete in die Einsamkeit des Schwarzwalds.
1919 war dann die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung in der Weimarer Verfassung verankert. Frauen mussten nun als politische Kraft ernstgenommen werden. Nach der Absetzung König Wilhelms II. von Württemberg im revolutionären Finale nach Kriegsende und der im November 1918 reichsweiten Einführung des geheimen, freien und allgemeinen Wahlrechts für Männer und Frauen ab 20 Jahren waren Frauen aktiv wie passiv wahlberechtigt. Das Interesse des Gemeinwohls rief die fast 60-jährige Planck noch einmal in die Pflicht, obwohl sie eigentlich andere Pläne hatte. Sie wurde Landtagsabgeordnete der linksliberalen DDP, blieb es bis 1928. So konnte sie den kurzen frauenpolitischen Aufbruch bis vor den Untergang der Republik mitprägen. Planck vertrat im Landtag eine liberale, berufsorientierte Frauenpolitik, auch wenn sie die weibliche Berufstätigkeit, besonders die der verheirateten Lehrerinnen nicht immer positiv sah und der Meinung war, dass der Doppelberuf vermieden werden sollte. Die ledige ehemalige Lehrerin Planck erkannte darin die Gefahr, dass junge Lehrkräfte nicht angestellt werden konnten, mahnte gut versorgte verheiratete Lehrerinnen, auf den Beruf zu verzichten. Das „Dritte Reich“ begegnete dem Problem später mit Entlassungen.
Sehr früh hatte Planck die Gefahren der neuen Machthaber erkannt und gewann der neuen Ideologie nichts ab. Es kam zu Streitigkeiten mit der Stadt Ludwigsburg, weil Planck es als Heimleiterin versäumt habe, eine Hakenkreuzfahne zu besorgen und keinen Flaggenkorb am Haus angebracht hatte. Auch die von ihr erhoffte Gemeinsamkeit im Ludwigsburger Heim erwies sich nach der „Machtergreifung“ als brüchig. Das Haus wurde verkauft. Die 75-jährige baute ein Haus auf der Gerlinger Höhe bei Stuttgart und widmete sich ganz der Herausgabe des Werkes des Vaters. Mit dem Zeitgeist wollte sie nichts zu tun haben. Fast alles, was Planck in ihrer Vereinsarbeit und im Landtag politisch vertreten hatte, schien nun wertlos. Ihre Frauenvereine widersetzten sich zwar der Gleichschaltung, mussten sich dann aber auflösen. Die demokratische Verfassung wurde beseitigt. Planck blieb bei der Ablehnung Hitlers, aber der „Triumph des Niedrigen, Hässlichen, Gemeinen“ (Planck, Lebensgang mit Umwegen, 1951, MS) brachte sie an den Rand des Schwermuts, auch weil sie erleben musste, wie die eigene Kraft, die für das Schöne und Gute gestritten hatte, allmählich schwand. Zusammen mit ihrem Bruder Reinhold gründete sie noch die Karl-Christian- Planck-Gesellschaft, die besonders in Ludwigsburg und Stuttgart Mitglieder fand. Doch dann starb ihr Bruder, der letzte aus ihrer Geschwisterschar. Das verstärkte ihre Einsamkeit. Ihr Gerlinger Haus aber, ihr letztes großes Unternehmen, bedeutete für sie, trotz aller Notzeiten und der Bombennächte, die von Stuttgart herüberdrohten, Glück. Dieser Besitz sicherte auch ihren Lebensabend. Durch seinen Verkauf wurden auch weitere Veröffentlichungen aus dem väterlichen Werk möglich.
Um der Vereinsamung zu entgehen, ist sie 1950 mit knapp 90 Jahren noch einmal umgezogen, in das Gerokheim in Ludwigsburg. Noch immer nahm sie Anteil am politischen Geschehen, versuchte sogar, sich verbal einzumischen, rief in der Zeit des Kalten Krieges zur Innerlichkeit und sittlichen Verantwortung auf, wollte die europäische Friedensbemühung stärken, die sie notwendig hielt für die Völkerverständigung. 1953 war sie mit 91 Jahren älteste Bundestagskandidatin, diesmal für die GVP in Ludwigsburg. Sie wurde nicht gewählt.
Was Planck gegen Ende am Leben hielt, blieb allein die Weitergabe des väterlichen Werks, das von den Zeitgenossen kaum noch verstanden wurde. Er blieb der Tochter Prophet und Philosoph, auch wenn sie in der von ihr herausgegebenen Biographie des Vaters raisonierte, ob die Tochter überhaupt die von ihm gewünschte Nachlassverwalterin gewesen wäre. Während des traditionellen Sommerurlaubs im Pfarrhaushalt des Neffen Walter und seiner Frau in Gochsen ist sie 93-jährig ruhig eingeschlafen.
Quellen: Verhandlungen des Landtags des Freien Volksstaates Württemberg auf dem 1. ordentlichen Landtag in den Jahren 1920/1923; Protokollband 6, Protokolle vom 30. Januar bis 28. Juli 1923, 167.–206. Sitzung, 1923, Magazin d. Bibliothek des baden-württembergischen Landtags.
Werke: J. Ziegler, Die Mädchenhochschulen in Amerika. Eine Kulturstudie, 1901, in: Th. Klett/O. Jaeger (Hgg.), Neues Korrespondenz- Blatt für die Gelehrten- u. Realschulen Württembergs, 1902, 110 f.; Unsere Bestrebungen u. die modernen Erziehungsprobleme. Vortrag gehalten in der Abt. Stuttgart des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium, 1905; Die Frauen in d. kommunalen Schulverwaltung u. Die obligatorische Mädchenfortbildungsschule, Referate gehalten beim 1. württ. Frauentag in Stuttgart am 28. Oktober 1906, 1907; (Hg.) Arbeit u. Recht im neuen Deutschland, 1917; (Hg.) Der Berufsstaat nach d. Rechtslehre Carl Christian Plancks, 1918; (Hg.) Karl Christian Planck, Deutsche Zukunft. Ausgewählte polit. Schriften, 1922; Die Mitarbeit d. Frau im Staat u. in d. Gesellschaft. Politische Aufklärungsschriften, 3. Aufl. 1919; Ottilie Hoffmann. Ein Beitrag zur Geschichte d. dt. Frauenbewegung, 1930; Worte des Abschieds: gesprochen an d. Bahre von Sophie Reis am 28. Mai 1930 in Stuttgart, 1930; Die Alkoholfrage in d. Gesetzgebung. Alkoholfrage, 2. Aufl. 1931; (Hg.) Vom Sinn des Lebens, 1947; (Hg.) Das unsichtbare Reich, 1947; Lebensgang mit Umwegen, 1951, handschr., in: WLB Stuttgart, Handschriftenabteilung u. StadtA Stuttgart; (Hg.) Karl Christian Planck, Testament eines Deutschen, 1954.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (um 1940), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 372, Plancksches FamilienA bei Wetzel/Planck, Stuttgart.

Literatur: Eugenie von Soden (Hg.), Das Frauenbuch, Bd. 3, 1914; Rede von Klara Hähnle, [Nachfolgerin von Mathilde Planck als Vorstand des Allgemeinen württ. Lehrerinnenvereins], Zum 80. Geburtstag Mathilde Plancks am 29.11.1941, 1941; Klara Nestle, Mathilde Planck u. ihr Vater, d. Philosoph Karl Christian Planck, in: Mitteilungsblatt d. Lehrerinnenvereinigung, 1961; Anna Haag, Ein Leben d. Mitverantwortung. Mathilde Planck, Ein Gedenkblatt zu ihrem 100. Geburtstag am 29.11.1961, in: Stuttg. Nachrichten, Für die Frau, vom 25.11.1961; Irmgard Hampp, Mathilde Planck zum 100. Geburtstag, Sendung des SDR vom 27.11.1961; Maria W. Blochmann, Lass Dich gelüsten nach d. Männer Weisheit u. Bildung. Frauenbildung als Emanzipationsgelüste, 1800–1918, 1990; Mascha Riepl-Schmidt, Mathilde Planck. Gegen jede Falschheit, in: Maja (d. i. Mascha) Riepl-Schmidt: Wider das verkochte u. verbügelte Leben. Frauenemanzipation in Stuttgart, 2. Aufl. 1998, 150-156; Hannes Mehnert, Mathilde Planck, in: Birgit Knorr/Rosemarie Wehling (Hgg.), Frauen im dt. Südwesten, 1992, 292-298; Adolf Palm, Mathilde Planck, Wegbereiterin d. Frauen- u. Friedensbewegung, 1861–1955, in: Gerhard Taddey/Joachim Fischer (Hgg.), Lebensbilder aus BW Bd. 18, 1994, 418-446; Mascha Riepl-Schmidt, Die ersten 40 Jahre des Hölderlin-Gymnasiums, in: 100 Jahre Hölderlin-Gymnasium-Stuttgart, 1999, 21-47; dies., Mathilde Planck, 1861–1955, Menschen aus dem Land 8, hgg. von d. Landeszentrale für polit. Bildung B-W, 2005; dies., Mathilde Planck, Für Frieden u. Frauenrechte, 2009.
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