von Kries, Johannes Adolph 

Geburtsdatum/-ort: 06.10.1853; Roggenhausen, Kreis Marienwerder, Westpreußen (heute: Rogozno, Polen)
Sterbedatum/-ort: 30.12.1928;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Physiologe
Kurzbiografie: Privatunterricht mit Geschwistern
1866–1869 Gymnasium Marienwerder bis Abitur
1869–1874 Medizinstudium zus. mit seinem Bruder Nathanael in Halle, u. a. bei Richard von Volkmann (1830–1889), dann Leipzig, bes. bei Carl Ludwig (1816–1895), bis zur ärztl. Vorprüfung im Juli 1871; klin. Semester in Zürich, 1874 Staatsexamen in Leipzig, kurz darauf Promotion nach mündl. Prüfung bei dem Ophthalmologen Cocius (1825–1890), dem Anatomen Christian Wilhelm Braune (1831–1892) u. bei Ludwig.
1875 IV. 1–1876 IV. 1 Einjährig-Freiwilliger im Bereich des königl. Preuß. Generalkommandos des XVI. Armeekorps; im Dez. 1877 Assistenzarzt II. Klasse, im Juni 1881 Assistenzarzt I. Klasse, 1892 verabschiedet
1876–1877 Assistent bei Hermann Helmholtz (1821–1894) in Berlin
1877–1880 Assistent bei Ludwig, Ostern 1878 Habilitation aufgrund bisheriger Leistungen, Privatdozent
1880 III.–1923 III. 31. Lehrstuhl für Physiologie in Freiburg als ao. Professor, am 4. Mai bad. Staatsangeh., 13. Juli 1880 Antrittsrede: „Über die Leistungen d. Sinnesorgane“, 10. März 1883 o. Professor; 1895 geh. Hofrat, Großherzogl. Geheimrat (1906); 1899, 1910 u. 1918 Dekan, 1898/99 (Pro-)Rektor; Rufe nach Leipzig (1895) als Nachfolger Ludwigs, Berlin (1897) als Nachfolger von Emil Du Bois-Reymond (1818–1896) u. München (1899) als Nachfolger von Carl von Voit (1831–1908); nach Emeritierung weiter Leitung des Instituts bis 1924
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev. [??]
Auszeichnungen: Ehrungen: Jubiläumsmedaille des Großherzogs Friedrich I. (1902); Dr. jur h. c. d. Univ. Marburg (1904); Kommandeurskreuz 1. Klasse des Ordens von Zähringer Löwen u. Dr. phil. h. c. d. Univ. Erlangen (1908)
Mitgliedschaften: Mitgl. d. Heidelberger Akad. d. Wissenschaften (1909), Korrespond. Mitgl. d. mathemat.-physikalischen Klasse d. bayer. Akad. d. Wissenschaften (1911); Mitgl. d. königl. Gesellschaft d. Wissenschaften Göttingen (1917); Orden „Pour le Mérite für Wissenschaft u. Künste“ (1918); Dr. phil. nat. h. c. d. Univ. Freiburg u. Mitgl. d. preuß. Akademie d. Wissenschaften (1923).
Verheiratet: 1881 Else, geb. Wichgraf (* 1859)
Eltern: Vater: Adolf Anton († 1889), Amtsrat, Domänenpächter u. Direktor einer Feuerversicherung
Mutter: unbekannt
Geschwister: 6 u. 4 Halbgeschwister aus d. 1. Ehe des Vaters; Anton Eduard (1846– 1852), Maria Friederike (1848–1883), Anna Josephine (1850–1852), Nathanael Gottlob (1852–1877), Ophthalmologe, August (1856–1894), Professor d. Jurisprudenz in Gießen, Rostock u. Kiel, u. Ernst Rudolph (1855–1948), Jurist, Geh. Regierungsrat im Reichspatentamt; Halbgeschwister Helene (1838–1862), Otto Nathanael (1839–1923), Gustav (1841–1858) u. Friedrich August (1843–1876).
Kinder: Ellen (* 1882), Lotte (* 1884), Hans (* 1899) u. Gerda (* 1901)
GND-ID: GND/116545844

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 234-238

Die Physiologie erlebte im 19. Jh. mehrere grundlegende ideologische Wandlungsimpulse. Der erste war die Überwindung der sog. „Romantischen Physiologie“, die gedanklich auf der Naturphilosophie Friedrich Wilhelm Schellings (1775–1854) basierte und Lebenserscheinungen als Manifestationen von Ideen ordnen und deuten wollte. Vernunftgemäße Spekulation sollte Schemata der Naturkonstruktion offenlegen. Gegenbewegung hierzu wurde die „Labormedizin“, innerhalb der Physiologie die Konzentration auf empirische Forschung, die auf dem Vergleich von Merkmalen zwischen Tier und Tier und Tier und Mensch basierte. Dieser Ansatz leitete die Zuwendung zur induktiven Vorgehensweise ein. Als Schule ging er auf Johannes Müller (1801–1858) zurück, der, wie sein Schüler Du Bois-Remond berichtet (1887, 152), so weit ging, die Bücher der konkurrierenden Schule zu verbrennen! Hermann Helmholtz und Carl Ludwig, Kries‘ Lehrer, führten diesen Beginn einer analytisch begründeten experimentierenden, messenden Physiologie weiter, bis, was auch bei beiden schon anklingt, Zweifel an einer allein materialistischen Grundlage aufkamen und der Organismus nicht mehr ausschließlich als physikalisch-chemisches System begriffen wurde. Geistiger Anstoß war hier die Hereinnahme der Philosophie. Aus der uralten Grundfrage, ob sich unsere Begriffe nach den Gegenständen richten oder umgekehrt, letztlich der Frage nach der Grenze menschlichen Verständnisses also, und damit einer Rückbesinnung auf die Erkenntniskritik Immanuel Kants (1724 –1804) erwuchs der nächste Impuls, der in eine dimensionsübergreifende Betrachtungs- und Vorgehensweise der Erforschung der Struktur des Menschen einmündete. Bei Kries wurde dieser Vorgang vor allem durch die Beschäftigung mit der Mathematik evoziert.
Kries, dessen Großvater Nathanael Gottlieb es zu Wohlstand, einem Landtagsmandat und schließlich zum Adelsstand gebracht hatte, wuchs auf dem vom Vater verwalteten Gut Roggenhausen in beschaulicher Umgebung und besten familiären Verhältnissen auf, inmitten zahlreicher Geschwister, mit denen er den Hausunterricht teilte. Der Theologiestudent, sein Lehrer, scheint sehr gründlich und auch erfolgreich in der Wissensvermittlung gewesen zu sein; denn als Kries 12-jährig auf das Gymnasium in die Kreisstadt kam, hatte sein Wissen bereits Mittelstufenniveau erreicht, so dass er schon nach vier Schulklassen im Alter von nur 16 Jahren zum Abitur zugelassen wurde. Mathematik nennt er als sein Lieblingsfach, aber auch die Sprachen weckten sein Interesse. Seine ausgeprägte Sprachlogik, das wohlausgebildete Sprachgefühl, die Lesen und Verstehen seines Werks erleichtern, „geradezu ästhetischen Genuss“ (Haffmann) darstellten, mögen hier frühe Ursprünge haben.
Zusammen mit seinem älteren Halbbruder Nathanael begann Kries im WS 1869 in Halle Medizin zu studieren. Auch wenn eher Belanglosigkeiten ihn zu diesem Entschluss gebracht hätten, wie er 1925 in seiner Selbstdarstellung gestand, wird der Interessenschwerpunkt Physiologie bereits zu Anfang umso deutlicher. Die Vorlesung über Sinnesphysiologie von Volkmann hinterließ prägende Eindrücke. Was Kries an diesem Fach reizte, war seine Umbruchsituation: Physiologie war eben kein festgefügtes Gebäude, eher „eine Summe von Problemen, […] Gegenstand lebendigster und eifrigster Forschung“ (Selbstdarstellung, 1925, S. 128). Kurz darauf wechselte Kries nach Leipzig, wo seit 1865 der renommierte Physiologe Carl Ludwig (1816–1895) lehrte, der einer seiner beiden wichtigsten und prägenden Lehrer wurde.
Im Sommer 1871 bestand Kries seine ärztliche Vorprüfung. Seine immer viel weiter reichenden Interessen aber werden gleich danach wieder deutlich, er begann, sich mit Themen der Höheren Mathematik und der Chemie zu beschäftigen, auch mit Philosophie. Auf Ludwigs Rat hin wechselte Kries für die klinischen Semester nach Zürich, wo Ludwig 1849 bis 1855 als Anatom und Physiologe gelehrt hatte. Zum Staatsexamen im Spätjahr 1874 und zur nur mündlich abgelegten Promotion war Kries wieder in Leipzig eingeschrieben.
Die nächste und gleichermaßen lebens- wie methodikprägende Station Kries‘ war dann seine einjährige Assistenz in Berlin am Lehrstuhl für Physik, den der Arzt, Anatom und Physiologe Hermann von Helmholtz (1821–1894) seit 1871 innehatte. Von ihm übernahm er vielleicht die stetige skeptische Distanz eigenen Ergebnissen gegenüber. Auch den physikalisch-physiologischen Ansatz der Helmholtz-Schule machte er sich zu Eigen.
Nicht minder prägend wurde der letzte, drei Jahre währende Abschnitt erneuter Arbeit Kries‘ bei Ludwig in Leipzig. Ludwigs Arbeit wies eine etwas andere Ausrichtung auf, die „Bevorzugung der sinnlichen Anschauung, das Zurücktreten […] der mathematischen Formulierung“, wie Kries 1895 in seinem Nachruf für Ludwig formulierte (S. 20). Er lief niemals Gefahr, „den Muskel für einen physikalischen Apparat anzusehen“, sondern erkannte darin stets das Organ, „dessen histologischen Bau, […], Durchblutungs-, Ernährungs-, Atmungsverhältnisse“ (ebd. S. 11). Auch wenn bei Ludwig gleichermaßen mechanistische Auffassungen der Lebensvorgänge sichtbar würden, so sei es ihm doch primär um die anatomisch-physikalisch-chemischen Eigenheiten der Organe und ihrer Funktion gegangen, vor allem die Lehre von den körperlichen Absonderungen, vom Kreislauf und einwirkenden Organen. 1878 wurde Kries in Leipzig habilitiert, wobei damals nicht unüblicherweise die bisher nachgewiesene Leistung zugrunde gelegt wurde. Den Rest seiner Leipziger Zeit lehrte Kries als Privatdozent.
1880 erreichte den 27-jährigen der Ruf, in der Nachfolge von Otto Funke (1828–1879) den Freiburger Lehrstuhl für Physiologie zu übernehmen. Kries nahm an und begann damit den wichtigsten, weitaus längsten und kennzeichnenden Abschnitt seines Gelehrtenlebens. Erst im 70. Lebensjahr wurde er emeritiert. Die Räumlichkeiten seiner neuen Wirkstätte in der alten Universität waren anfangs reichlich beengt und bescheiden. Ausdruck nicht zuletzt der erfolgreichen Tätigkeit Kries‘ mag sein, dass der bad. Staat ein neues Institut in der Hebelstraße schuf, das am 14. Mai 1891 eröffnet werden konnte. Wie sehr die Freiburger Gegebenheiten auch inhaltlich Kries‘schen Ansätzen entgegenkamen, spiegelt die Nachbarschaft von physiologischem und physikalischem Institut wider.
Freiburg war als erste deutsche Universität auch zum experimentellen Physiologieunterricht übergegangen. Die Tradition der praktischen Experimentieranstalt reichte auf Carl August Sigmund Schulze (1795–1877) zurück, der das Fach ab 1821 vertreten hatte. Kries setzte sie fort, jeweils unterstützt von einer wechselnden Zahl von Assistenten und Doktoranden. Vorlesung mit praktischen Demonstrationen ergänzten schon früh Praktika für Anfänger und Fortgeschrittene. Wenn Kries im Wintersemester über „Physiologie der Bewegung und Empfindung“ las, waren Muskelphysiologie, die Vorgänge im Rückenmark und im zentralen Nervensystem inbegriffen; in die „Physiologie der Ernährung“, das Thema des Sommersemesters, schloss er die Physiologie von Blut, Lymphe, Herz und Kreislauf mit ein, und die Ausführungen zur „Inneren Sekretion“ umfassten neben der Nierenfunktion die physiologischen Vorgänge von Atmung und Verdauung. Den Schluss dieses Themas bildete der Gesamtstoffwechsel.
Überlieferte Vorlesungsmitschriften und die Erinnerungen seiner Schüler lassen erkennen, wie Kries den Stoff didaktisch wohlaufbereitet vorgetragen hat und oftmals mit Hilfe von Bildern zu veranschaulichen bestrebt war. Auch die Diskussion widerstreitender Theorien wurde gepflegt, was dem Studenten Anregung sein mochte zum eigenen Weiterarbeiten. Wohlausgefeilter Vortrag, Präzision im Ausdruck und wiederum meisterhafte Sprache waren äußerliche Kennzeichen von Kries‘ Veranstaltungen, wie in den Nachrufen von Skramlik und Trendelenburg anklingt. Den Studenten zur „Ehrfurcht vor dem Leben“ (1919, 39) zu erziehen, das war Kries‘ oberstes inhaltliches Ziel.
Es erscheint darum durchaus stringent, wenn den engagierten Lehrer formale Fragen studentischer Ausbildung kümmerten, die Organisation ärztlicher Prüfungen. Über lange Jahre gehörte er den entsprechenden Kommissionen an und war Vorsitzender bei Vor- und Hauptprüfungen. Ungeachtet zusätzlicher Belastung blieb Kries in der universitären Selbstverwaltung aktiv, war dreimal Dekan seiner Fakultät, gehörte 12 Jahre dem Senat an und stand 1898/99 als (Pro-) Rektor an der Spitze der Universität.
Wie erfolgreich der Lehrer Kries war, lässt sich daran ablesen, welch bedeutende Schule das Ergebnis seiner Freiburger Tätigkeit war. Namen wie Victor von Weizsäcker (1886–1957), den Kries gerne als seinen Nachfolger gesehen hätte, Willibald A. Nagel (1870–1911), der schon 1911 verstorbene Schwiegersohn Kries‘, Rudolph Metzner (1858–1935), Wilhelm Trendelenburg (1877–1946), Emil Ritter von Skramlik (1886–1970), Ernst Mangold (1879–1961) und Hans Piper (1877–1915) gehörten dazu: durchweg erfolgreiche Universitätslehrer, die von Kries deutliche Prägungen erhalten hatten, noch nahezu alle Teilgebiete der Physiologie abdeckten und durchweg sein Interesse an der Sinnesphysiologie teilten.
Kries‘ Werk war wahrlich fächerübergreifend, was auch in ihm widerfahrenen Ehrungen sichtbar wird, und lässt mehrere Schwerpunkte erkennen: Ophthalmologie, in Gestalt der Wahrscheinlichkeitsrechnung auch Mathematik, Philosophie und Physiologie. Zu seinen Ergebnissen in der Augenheilkunde gehörten beispielsweise die Erkenntnisse, dass die Netzhautfunktion zweigeteilt ist und die Duplizitätstheorie, die Unabhängigkeit des Sehens bei Helligkeit und Dämmerung. Seine Beschäftigung mit den „Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung“ 1886, ein Thema, worüber er 1919 erneut publizierte, mündete beispielsweise in der Erkenntnis des Prinzips des Spielraums, was über logische Schwierigkeiten des Ansinnens hinweghalf. In der weiteren begrifflichen Ausbildung führte er zur Unterscheidung von zufälliger und adäquater Verursachung, die wiederum Eingang in das juristische Denken fand. In rein philosophischer Hinsicht ragt seine Logik von 1916 heraus, Grundzüge einer kritischen und formalen Urteilslehre, worin viele sein wichtigstes Werk sahen. Auch darin fällt die sinnesphysiologische Sichtweise und experimentelle Erfahrung des Autors auf, die seinen Zugang zu philosophischen Problemen erschließt.
Umgekehrt betrieb Kries gleichermaßen Physiologie auf philosophischer Grundlage. Sein Forschungsinteresse nämlich, das sich in mehr als 120 Werken niederschlug, darunter opulente Monographien, basiert in philosophischer Hinsicht auf der Logik und Erkenntnistheorie. Seine Physiologie fragte stets nach der Verknüpfung von nervösem und psychischem Ablauf und erstreckte sich über ein weites Feld physiologischer Einzelthemen, die von Untersuchungen der Mechanik des quergestreiften Muskels und seiner nervösen Erregung über die Reizleitung und Rhythmik des Herzens bis zur Physiologie des Kreislaufsystems reicht. Im Zentrum seiner Forschung aber blieb das Ziel einer allgemeinen Sinnesphysiologie. Deren Basis sah er in wohldefinierten erkenntnistheoretisch-logischen Grundlagen, die sich als roter Faden durch Kries‘ Schriften ziehen, bis zur „Logik“ 1916. Sinnesphysiologie stellte für Kries noch eine Einheit dar. Umso pessimistischer beurteilte er die Entwicklung gegen Ende seiner Tage, als Aufspaltungen in Elektrophysiologie und Biochemie der Nerven auf der einen und psychologische Empfindungs- und Wahrnehmungsforschung auf der anderen Seite sich herausbildeten.
Die Wirkung von Kries‘ Werk zeigt sich in daran anknüpfende Forschungen, wie sie etwa Willem Einthoven (1860–1927), auf den das EKG zurückgeht, und auch Walter Nernst (1864–1941) durchführten, oder auch hinsichtlich der Reizleitung im Herzmuskel beim Aschoff-Schüler Sunoa Tawara (1873–1952).
Die Anfangsjahre nach dem Rückzug aus der Universität widmete Kries der Abrundung des Geschaffenen. Er blickte auf sein Leben und Werk zurück, verfasste eine „Selbstdarstellung“, die einmal mehr von der ihm eigenen Konsequenz und Sachlichkeit zeugt. Neben einer Reihe von kleineren Veröffentlichungen, die an bisherige Arbeiten anknüpfend zusammenfassen, so bei der vierten Auflage seines Beitrags zur „Allgemeinen Sinnesphysiologie“ im Lehrbuch der Physiologie, geht es Kries nun verständlicherweise um das Ergänzen und Fortschreiben. In Schriften wie „Vom Komischen und vom Lachen“ oder „Wer ist musikalisch?“ wandte er sich aber auch Themen zu, die ihn zeitlebens beschäftigt hatten, der Musik zumal.
Noch einmal tritt die Weite seines thematischen Gesichtsfeldes zutage, wenn er über Goethe und über die Bedeutung und Lehre Kants schreibt. Dann mögen seine körperlichen Leiden lebensbestimmend geworden sein, mehrere Schlaganfälle, die ihn in seinen letzten Monaten körperlich wie geistig trafen. Mit bewundernswerter Energie kämpfte der 75-jährige, bis er an einem neuerlichen Hirnschlag starb.
Quellen: UA Leipzig PA 1466, Personalakte von Kries, UA Freiburg B 24/1929, Personalakte von Kries; Auskünfte von Prof. Eduard Seidler, Freiburg, vom Nov. 2010, u. des UA Leipzig vom 23. 12. 2010.
Werke: Werkverzeichnis in: B. Oser, 1983, 71–80 (vgl. Literatur). – Auswahl: Über die Ermüdung des Sehnerven, in: Albr. von Graefes Archiv für Ophthalmologie 23, 1877, 1–43; Untersuchungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels (1), in: Archiv für Anatomie u. Physiologie, 1880, 348–374, (2) ebd. 1885, 677–78, (3) ebd. 1888, 537–548, (4) ebd. 1892, 1–21; Über die Summierung untermaximaler Reize in Muskeln u. Nerven, ebd., 1881, 66–77; Die Gesichtsempfindungen u. ihre Analyse, ebd. Supplement, 1882, 1–178; Prinzipien d. Wahrscheinlichkeitsrechnung, 1886; Zur Theorie d. Gesichtsempfindungen, in: Archiv für Anatomie u. Physiologie (1), 1887, 113–119, (2) ebd. 1888, 380–388; Über den Begriff d. objektiven Möglichkeit u. einige Anwendungen desselben, in: Vierteljahresschr. für wiss. Philosophie 12, 1888, 179–240, 286–323, 393–428; Über die Beziehungen d. Physik u. d. Physiologie, in: Berr. d. Naturforschenden Ges. Freiburg 6, 1891, 1–19; Hermann von Helmholtz, in: Dt. Medizin. Wochenschr. 17, 1891, 1025–1027; Über das absolute Gehör, in: Zs. für Psychologie 3, 1892, 257– 279; Zur Organisation d. ärztl. Prüfungen, 1893; Carl Ludwig, 1895; Über Farbensysteme, in: Zs. für Psychologie 13, 1897, 241–324 u. 473; Kritische Bemerkungen zur Farbentheorie, ebd., 1899, 175–191; Über die Physiologie d. Sinnesorgane, in: Reden bei d. öff. Feier d. Übergabe des Prorektorats d. Univ. Freiburg 25, 1898; Zur Psychologie des Urteils, in: Vierteljahresschr. für wiss. Philosophie 23, 1899, 1–48; (Hg.) Zur Physiologie d. Sinne, Handb. d. Physiologie des Menschen Bd. 3, 1905, Zur Physiologie d. Sinne, ebd., 16–25; Die Gesichtsempfindungen, ebd., 109–279; Geschichte d. Familie von Kries, 1912; Logik, Grundzüge einer kritischen u. formalen Urteilslehre, 1916; Über Wahrscheinlichkeitsrechnung u. ihre Anwendung in d. Physik, in: Die Naturwissenschaften 1919, 2 u. 17–23; Goethe als Naturforscher, in: Jahrb. d. Goetheges. 7, 1920, 3; Über die zwingende u. eindeutige Bestimmtheit des physikal. Weltbildes, in: Die Naturwissenschaften 13, 1920, 237– 247; Helmholtz als Physiolog, ebd. 35, 1921, 673–693; Zum Gedächtnis Carl Ludwigs, ebd. 1, 1923, 1–4; Allgem. Sinnesphysiologie, 1923; Immanuel Kant u. seine Bedeutung für die Naturforschung d. Gegenwart, 1924; Goethe als Physiolog, in: Philosophie u. Geschichte 5, 1924; Allgem. Sinnesphysiologie, in: Zuntz-Loewy (Hgg.), Lehrbuch d. Physiologie des Menschen, 4. Aufl. 1924, 432–438; Spezielle Physiologie d. niederen Sinne, ebd., 348–372; Johannes von Kries, in: Ludwig R. Grote (Hg.), Die Medizin in Selbstdarstellungen Bd. 4, 1925, 125; Vom Komischen u. vom Lachen, in: Archiv für Psychiatrie u. Nervenheilkunde 74, 1925, 241–263; Wer ist musikalisch? Gedanken zur Psychologie d. Tonkunst, 1926 (250 S.); Prinzipien d. Wahrscheinlichkeitsrechnung, 2. Aufl. 1927, mit neuem Vorwort.
Nachweis: Bildnachweise: Ziegler, in: Akad. Mitteilungen 101 ff. (vgl. Literatur).

Literatur: FG für Johannes von Kries zum 70. Geburtstag, in: Pflügers Archiv 1923; Johannes von Kries, in: Die Medizin in Selbstdarstellungen 4, 1925, 125–187; K. Ziegler, Johannes von Kries, in: Akad. Mitteilungen 1928/29, 101–103 (mit Bildnachweis); E. von Skramlik, Johannes von Kries, in: Zs. für Psychologie 60/2, 1929, 249–255; W. Trendelenburg, Johannes von Kries †, in: Münchner Medizin. Wochenschr. 22, 1929, 922–924; Paul Hoffmann, Johannes von Kries zum Gedächtnis, in: Forschungen u. Fortschritte, Nachrichtenbl. d. Dt. Wissenschaft u. Technik 4, vom 1.2.1929, 46 f.; Karl Eduard Rothschuh, Geschichte d. Physiologie, 1953, 128; Bertil M. Oser, Leben u. Werk des Physiologen Johannes von Kries, Diss. Med. Freiburg 1983 (MS, 110 S.).
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