Kwast-Hodapp, Frieda Elise 

Geburtsdatum/-ort: 13.08.1880;  Bargen (Hegau)
Sterbedatum/-ort: 14.09.1949; Bad Wiessee
Beruf/Funktion:
  • Pianistin
Kurzbiografie: 1887-1891 Freischülerin am Konservatorium in Karlsruhe
1891-1898 Konservatorium in Frankfurt/Main
1898 Mendelssohn-Preis in Berlin
1899 Erstes öffentliches Auftreten (Darmstadt)
1901 Erste Konzertreise (Petersburg und Moskau)
1902-1932 Berlin; ausgedehnte Konzerttätigkeit (oft pro Winter 80 Auftritte) in Deutschland und fast allen europäischen Ländern, daneben Unterrichtstätigkeit
1932 Einstellung der Konzerttätigkeit, Übersiedlung nach Holzdorf bei Weimar
1934 Heidelberg; Unterrichtstätigkeit (Meisterkurse)
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1. 1902 James (Jacob) Kwast (1852-1927), Pianist und Komponist (in erster Ehe war Kwast verheiratet mit Antonie Hiller; die Tochter Mimi aus dieser Ehe war die Ehefrau Hans Pfitzners)
2. nach 1927 Otto Krebs (gest. 1941)
Eltern: Vater: Anton Hodapp, Lehrer
Mutter: Maria, geb. Beschle
Geschwister: 13 (4 starben im Kindesalter)
Kinder: keine
GND-ID: GND/116632658

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 167-168

Nur wenige Künstlerinnen hatten einen ähnlich steinigen Weg wie Kwast-Hodapp bis zu ihrer Anerkennung in der Öffentlichkeit zurückzulegen; sie wurde zu einer der bedeutenden Pianistinnen ihrer Generation. Als Ältestes von 14 Kindern wurde sie in bittere Armut hineingeboren; durch Annähen von Knöpfen auf „zuckerhutblaue“ Kärtchen und andere Heimarbeiten hielt sich die Familie des Dorfschulmeisters nur mühsam über Wasser. Der Vater erteilte der Vierjährigen, deren musikalisches Talent früh hervortrat, ersten Klavierunterricht und versuchte, seine Tochter als „Wunderkind“ zu präsentieren, natürlich mit dem Blick auf dadurch mögliche Einkünfte. Mit sechs Jahren spielte sie erstmals in einem Schonacher Gasthaus vor. Nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung im Karlsruher Konservatorium verließ die Siebenjährige das Elternhaus auf immer; Großherzogin Luise von Baden, „im Verein mit einigen vornehmen Familien“, finanzierte die Ausbildung. Das von „namenlosem Heimweh“ geplagte Kind durfte die Ferien zuhause im Schwarzwald verbringen; während dieser Zeit arrangierte der Vater Vorspiele in Wirtschaften. Erträge von 20 Mark bedeuteten viel für das elterliche Budget. Nach ausgezeichnet verlaufener Abschlußprüfung suchte man für die Elfjährige, deren Begabung sich schnell entfaltet hatte, einen geeigneten Meister für das weitere Studium und wählte den berühmten Virtuosen James Kwast – ihren späteren Ehemann. Wieder fanden sich Gönner, die das Studium in Frankfurt bezahlten, aber die Umstände, unter denen sie die nächsten sieben Jahre dort zubringen mußte, erwiesen sich als wenig erfreulich, so daß sich die Achtzehnjährige, die sich ein umfassendes Repertoire angeeignet hatte, sofort auf eigene Füße stellte, nachdem sie eine erste Auszeichnung, den Mendelssohn-Preis, errungen hatte; er brachte ihr die ungeheure Summe von 1500 Mark ein. Ein erstes öffentliches Konzert in Darmstadt führte zur Bekanntschaft mit der dortigen großherzoglichen Familie, deren verwandtschaftliche Beziehungen mit dem Zarenhaus den Plan einer ersten Konzerttournee nach Rußland entstehen ließen. Mit dieser glänzend absolvierten Generalprobe für ihre weitere Laufbahn legte Kwast-Hodapp den Grundstein zu ihrer ungewöhnlichen internationalen Karriere, die dreißig Jahre dauerte. Sie trat in allen bedeutenden Musikmetropolen Europas auf, oft auch zusammen mit ihrem Ehemann, und hat mit allen namhaften Dirigenten ihrer Epoche musiziert. Arthur Nikisch hat sie wohl am meisten beeindruckt und beeinflußt; ihre erklärten Vorbilder im Klavierspiel waren Ferruccio Busoni und Eugen d'Albert. Besonders wurden die „ernste Innerlichkeit und Geistigkeit, die vollkommene technische Meisterschaft“ (Niemann) ihres Spiels gerühmt, ihrer Interpretation von Werken Bachs und Chopins dagegen erregte oft Widerspruch (Hahn). Enge Freundschaft verband das Ehepaar mit Max Reger; Kwast-Hodapp war zu ihrer Zeit die bekannteste Protagonistin seiner Klavierwerke. Das f-Moll-Konzert ist ihr gewidmet.
Die Überraschung war allgemein, als sich die gefeierte Künstlerin zweiundfünfzigjährig, nach einer ernsten Lebenskrise, aus dem Konzertbetrieb zurückzog. Nun lebte sie ganz ihren religiös-mystischen Neigungen und ihren ausgeprägten Interessen, etwa der Botanik. Im höheren Alter nahm sie die Konzerttätigkeit in ganz beschränktem Umfang wieder auf – auch im Zusammenwirken mit dem Heidelberger Universitätsmusikdirektor H. M. Poppen – und betreute bis in die späten Jahre ihres Lebens eine ausgesuchte Schülerschar, immer aufgeschlossen gegenüber allem Neuen in der Klaviermusik. Der junge Wolfgang Fortner widmete ihr im Jahre 1943 sein Klavierkonzert.
Werke: Selbstbiographie (1934, maschinenschriftlich, 115 S., im Nachlaß von Dr. Fritz Henn, Heidelberg).
Nachweis: Bildnachweise: Foto in: A. Koch (Hg.), Deutsche Kunst und Dekoration, Darmstadt 1902, 398.

Literatur: Kurt Hahn, Art. Kwast, James, in: MGG 7 Sp. 1928/29; W. Niemann, Meister des Klaviers (Berlin 1919, 1921; Wilhelm Zentner, F. Kwast-Hodapp, in: Hegau 21/22, 1966, 217-219.
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