Hermann, Fritz Friedrich Wilhelm 

Geburtsdatum/-ort: 21.03.1859;  Kehl
Sterbedatum/-ort: 18.09.1943; Wiesbaden, dort begraben, Grabmal seit 1990 auf dem Alten Friedhof in Offenburg
Beruf/Funktion:
  • (Ober-) Bürgermeister
Kurzbiografie: 1878 Reifeprüfung in Straßburg, dann ein Semester Chemiestudium in Straßburg
1879-1882 Jurastudium in Heidelberg, Straßburg, Tübingen und Leipzig
1882 1. juristische Staatsprüfung, Rechtspraktikant
1886 2. juristische Staatsprüfung
1890-1891 Amtmann in Freiburg, 1891 in Karlsruhe
1893 Bürgermeister in Offenburg
1902 Wiederwahl als Bürgermeister
1902 Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen, 1914 mit Eichenlaub
1903 Oberbürgermeister in Offenburg
1906 Verleihung der Goldenen Amtskette
1912 Wiederwahl als Oberbürgermeister
1913 Preußischer Roter Adler Orden 4. Klasse
1913-1918 Mitglied der 1. Kammer der Landstände
1921 Ruhestand
1928 Ehrenbürger von Offenburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1887 (Wiesbaden) Marie Melanie, geb. Hoffmann (1865-1945), Tochter des Apothekers Dr. Ludwig Hoffmann
Eltern: Vater: Eduard (1829-1898), Apotheker
Mutter: Anna, geb. Graul (1832-1909)
Geschwister: 3: 2 Schwestern, 1 Bruder
Kinder: 3:
Eduard, Rittmeister (1888-1964)
Ludwig (1890-1945), Hauptmann, Direktor bei der Joseph Vögele AG Mannheim
Walter, Dr. med., Sanitätsrat, Chefarzt am Städtischen Krankenhaus Konstanz (1892-1969)
GND-ID: GND/11673860X

Biografie: Andreas Gößner (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 121-122

Hermann wuchs in Kehl auf. Als im Sommer 1870 zu Beginn des deutsch–französischen Krieges Kehl unter Kanonenbeschuss lag und die Einwohnerschaft ins Hinterland flüchtete, wurde Hermann mit Mutter und Geschwistern nach Offenburg und Ortenberg ausquartiert. Während sein Vater sich von Berufs wegen freiwillig für den örtlichen Verbandsplatz zur Verfügung stellte, kehrte die Familie nach sechs Wochen wieder in das überwiegend zerstörte Kehl zurück. Von 1872 bis 1878 besuchte Hermann das Realgymnasium in Straßburg und begann im Winter 1878/79 mit dem Studium der Chemie an der Universität Straßburg. Nach dem ersten Semester wechselte er das Fach und ging nach Heidelberg, um Jura zu studieren, wechselte aber nach einem Semester erneut den Studienort, um in Tübingen das humanistische Abitur abzulegen. Für jeweils zwei weitere Semester setzte Hermann das Studium in Leipzig und Straßburg fort. Nach dem Sommersemester 1882 bestand er die 1. juristische Staatsprüfung. Der Rechtspraktikant volontierte dann an den Amts- und Landgerichten in Kehl, Lörrach und Mannheim. Im September 1884 wurde er an das Bezirksamt Kehl und ein Jahr später an das Landgericht Mannheim versetzt. Nach der 2. juristischen Staatsprüfung wurde er als Referendar abermals im Bezirksamt Kehl eingesetzt. Im Juli 1890 kam er als Amtmann an das Bezirksamt Freiburg, 1891 an das Bezirksamt Karlsruhe. Bereits zwei Jahre später bat Hermann um Beurlaubung aus dem Staatsdienst, da er sich der Wahl zum Bürgermeister der Stadt Offenburg gestellt hatte. Ab März 1893 war Hermann Stadtoberhaupt dieser badischen Landstadt mit etwa 8 500 Einwohnern. 1897 – bis dahin war er beurlaubt – wurde der Austritt aus dem badischen Staatsdienst endgültig gewährt.
Nach der ersten Amtsperiode, in deren Verlauf sich Hermann im kulturellen, sozialen und administrativen Bereich besonders bewährt hatte, wurde er 1902 wiedergewählt und 1903 mit der Erhebung Offenburgs zur Kreisstadt Oberbürgermeister. Der Wahlvorgang am 1. Juni 1912 war von einer parteipolitischen Auseinandersetzung überschattet. Die Zentrumsabgeordneten im Offenburger Stadtrat enthielten sich geschlossen ihrer Stimmen, so dass Hermann zunächst nicht wiedergewählt wurde. Der Hintergrund dieses Verhaltens war die aus disziplinarischen Gründen vom badischen Kultusministerium und vom Offenburger Stadtrat unter der Leitung Hermanns betriebene, jedoch vom Führer der Offenburger Zentrumspartei aus innerparteilicher Loyalität missbilligte Entlassung des städtischen Realschuldirektors Metzger. Der die Gemüter und die Presse außerordentlich bewegende Vorgang kam erst mit dem Wahlgang am 16. Juni ins Reine. Hermann wurde mit 64 von 67 Stimmen wiedergewählt, wobei der immer noch bestehende Fraktionszwang innerhalb der Zentrumspartei aufgebrochen wurde.
Trotz des I. Weltkriegs, der auch in Offenburg Bombenschäden hinterließ, gelang unter der 28jährigen Regierung durch den nationalliberal gesinnten Hermann die Entwicklung zu einer modernen Mittelstadt mit (1920) über 16 000 Einwohnern. Die wesentlichen kommunalen Errungenschaften Hermanns waren der Erwerb des städtischen Gaswerks aus Privatbesitz, der Bau von Kanalisation und Kläranlage, des Schlachthofs, eines neuen Krankenhauses, eines neuen Bahnhofs, der Oberrealschule und die Ausgestaltung der Zwingerparkanlagen. Ausdruck von Hermanns sozialer Gesinnung war u. a. die Schaffung des städtischen Fürsorgeamtes und des städtischen Beamten- und Arbeiterstatuts. Im Rahmen der Stadterweiterung setzte sich Hermann besonders für die Schaffung von mietgünstigem Wohnraum ein und war in diesem Kontext Mitbegründer und 1. Aufsichtsratsvorsitzender der „Gemeinnützigen Mieter- und Handwerker-Baugenossenschaft eGmbH“.
Seit 1910 war Offenburg außerdem Garnisonsstadt. In die neuerbaute Kaserne zog das Infanterie-Regiment 170 ein. Hermann war als Stadtoberhaupt Ehrenmitglied der „Reichsvereinigung ehemaliger 170er und Ersatzformationen“. Seit Beginn seiner Amtszeit war der wanderbegeisterte Hermann Mitglied im Schwarzwaldverein. Später war er im Vorstand des städtischen Verschönerungs- und Museumsvereins aktiv und hatte noch gegen Ende seiner Amtszeit 1920 den Vorsitz im Bezirksausschuss zur Bekämpfung der Tuberkulose und im Ortsausschuss des Roten Kreuzes inne. Am 1. Juli 1921 trat Hermann in den Ruhestand, blieb aber weiterhin Mitglied der Finanz- und Krankenhauskommission der Offenburger Stadtverwaltung.
Im November 1924 siedelte Hermann nach Wiesbaden, die Heimat seiner Frau, um. Dort betätigte er sich als Schatzmeister der „Mittelrheinischen Gesellschaft zur Pflege alter und neuer Kunst e. V.“. Gemeinsam mit dem SPD-Stadtrat Georg Monsch erhielt Hermann im Dezember 1928 „in dankbarer und rückhaltloser Anerkennung treuester Pflichterfüllung und rastloser erfolgreicher Tätigkeit auf allen Gebieten der Gemeindeverwaltung zum Wohle, Emporblühen und Gedeihen der Stadt“ die Offenburger Ehrenbürgerschaft. Eine Straße in der Oststadt wurde nach ihm benannt.
Quellen: GLA Karlsruhe, 236/18003-18005; StadtA Offenburg, 5/1079, zeitgeschichtl. Dokumentation (Zeitungsausschnitte), Offenburger Adressbuch; Nachlass in Privatbesitz.
Nachweis: Bildnachweise: Gemälde von Hermann Landgrebe 1929 im Rathaus Offenburg; Fotografien in Privatbesitz; Huber, 1951 u. Kähni, 1967 (vgl. Lit.).

Literatur: Staatsanzeiger für das Großherzogtum Baden (versch. Jahrgänge); Franz Huber, Offenburger Köpfe – Offenburger Gestalten, in: Offenburg, 1951, 180 f.; Otto Kähni, Offenburgs Stadtoberhäupter seit 1803, Sonderdruck aus: Die Ortenau 47, 1967, 20-23; Karlheinz Spielmann, Ehrenbürger u. Ehrungen in Geschichte u. Gegenwart 2, 1967 3. Aufl., 702.
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