Meckelein, Wolfgang 

Geburtsdatum/-ort: 27.02.1919; Berlin
Sterbedatum/-ort: 06.12.1988;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Geograph, Staatssekretär
Kurzbiografie: 1938 Abitur in Berlin
1938-1945 Arbeits- und Wehrdienst bei der Panzertruppe
1945-1951 Studium in Berlin (Geographie, Geologie, Geschichte, Philosophie)
1951 Promotion, Dissertationsthema: Nordkaukasien. Eine landeskundliche Untersuchung, Doktorvater Prof. W. Behrmann
1951-1957 Assistent an der FU Berlin
1957 Habilitation
1957-1958 Lehrstuhlvertretung an der Universität Tübingen
1959 Berufung an die TH Stuttgart
1965-1967 Rektor der Universität Stuttgart
1967-1968 Vorsitzender der Baden-Württembergischen Rektorenkonferenz
1967-1969 Vorsitzender des Zentralverbandes der Deutschen Geographen
1969-1972 Staatssekretär für das Hochschulwesen im Kultusministerium von Baden-Württemberg
1973-1988 Vorsitzender der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart
1987 Emeritierung, Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1. 1952 Berlin, Irene, geb. Zietlow
2. 1971 Stuttgart, Ursula, geb. Klemstein
Eltern: Richard Meckelein (1880-1948), Professor
Elisabeth, geb. Müller (1889-1968)
Geschwister: 2 Schwestern, 1 Bruder
Kinder: Christel, Dieter
GND-ID: GND/116988789

Biografie: Wolf-Dieter Sick (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 315-317

Im Lebenslauf von Meckelein wurden schon frühzeitig zwei prägende Merkmale erkennbar – das weit über den eigenen Fachbereich hinausgehende wissenschaftliche Interesse mit der Befähigung zur ganzheitlichen Synthese und die aktive Betätigung im hochschulpolitischen Bereich. Aufgewachsen in Berlin, das er immer als seine Heimat betrachtete, begann Meckelein nach langen Jahren des Kriegsdienstes und schwerer Verwundung sein Studium an der Humboldt-Universität und setzte es an der Freien Universität fort. Seine Studienfächer liegen sowohl in natur- wie auch in geisteswissenschaftlichen Bereichen, zwischen denen die Geographie eine Brücke bildet. Während der bewegten Nachkriegsjahre in der „Frontstadt Berlin“ hat sich Meckelein neben intensivem Studium als Vertreter der Studenten, später der Assistenten und beim Aufbau des Geographischen Instituts unter seinem Lehrer Walter Behrmann engagiert eingesetzt; er gehörte noch zur Gründergeneration der Freien Universität.
In die Berliner Zeit fällt der Beginn der Arbeiten in den beiden wichtigsten Forschungsbereichen: Die Sowjetunion und die Trockengebiete der Erde. Das Interesse für den ersten Bereich wurde schon durch den Vater, einen bekannten Slawisten, und durch den Kriegsdienst in der Sowjetunion geweckt. Für den anderen Bereich war die 1954/55 von der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin unter damals noch sehr schwierigen Umständen durchgeführte Expedition in die Sahara der entscheidende Auftakt. Nach der Habilitation über die Forschungen in der Sahara 1957 folgten kurze Tätigkeiten als Dozent am Osteuropa-Institut der FU und als Lehrstuhlvertreter in Tübingen, bis Meckelein 1959 in jungen Jahren den Ruf an die Technische Hochschule in Stuttgart als Nachfolger von Herbert Wilhelmy erhielt. Auch hier hatte Meckelein noch viel Aufbauarbeit an einem kriegsgeschädigten Institut zu leisten. Er blieb Stuttgart treu, obwohl ihn später noch Rufe auf Ordinariate an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Frankfurt sowie auf das Präsidium der Universität Hamburg erreichten.
Die Forschungen über die Sowjetunion umfassen etwa ein Dutzend zwischen 1949 und 1966 verfaßte Schriften. Dabei stehen siedlungsgeographische Untersuchungen im Vordergrund, insbesondere die Auswirkungen der Sowjetisierung auf Form und Funktion sowohl städtischer wie ländlicher Siedlungen. Die Dissertation zur Landeskunde von Nordkaukasien blieb leider, bedingt durch die Nachkriegszeit, ungedruckt. Meckelein befaßte sich auch mit wirtschaftsgeographischen Darstellungen und mit den Wandlungen des Nomadismus in den Trockengebieten der Sowjetunion.
Die weltweite Untersuchung der Trockenräume ist dann zum Kern des wissenschaftlichen Werkes von Meckelein mit den meisten Veröffentlichungen geworden. Im Mittelpunkt standen dabei die Forschungen in der Sahara, der sowohl die erste Expedition 1954 von Berlin aus wie noch die letzte, die interdisziplinäre Stuttgarter Geowissenschaftliche Sahara-Expedition 1984, gewidmet war. Dazwischen liegen Forschungsreisen in fast alle Trockenräume der Erde, von den USA und Peru bis nach Südafrika, Indien, Pakistan und China. Bei diesem Themenkreis entfaltete sich die Meisterschaft Meckeleins in der Erforschung und Darstellung des Zusammenwirkens von Natur und Mensch und der Wandlungsprozesse in der Landschaft; so begriff Meckelein Geographie als Raum- und Zeitwissenschaft. Die Physische Geographie verdankt Meckelein grundlegende Erkenntnisse zur Klimageomorphologie, d. h. zur Entwicklung der Wüsten und ihrer Oberflächenformen unter dem erdgeschichtlichen Klimawandel. Meckelein verknüpft damit den Einfluß des wirtschaftenden Menschen, insbesondere der Nomaden und der Oasenbauern. Hier lenkt er den Blick auf den Verfall dieser Kulturen und die Ausbreitung der Wüsten, die zum Teil durch menschliche Eingriffe verursacht wird. Für diese sogenannte Desertifikation und die zunehmend bedeutsame geoökologische Forschungsrichtung wurde Meckelein frühzeitig zum international anerkannten Experten und aktiven Mitglied weltweiter Organisationen, so der UNESCO und der Internationalen Geographischen Union. Kennzeichnend für die Fähigkeit Meckeleins zum globalen Vergleich sind seine Beobachtungen über Formkonvergenzen in den Wärme- und Kältewüsten nach Reisen in die Polargebiete.
Schließlich hat sich Meckelein auch mit Fragen der Kulturlandschaftsentwicklung in Mitteleuropa beschäftigt, insbesondere am Beispiel des Ballungsraums um Stuttgart. Er arbeitete dabei den Einfluß des Industriezeitalters und den Gegensatz zwischen Verdichtungs- und Entleerungsräumen sowie aktuelle Umweltprobleme heraus. So hat Meckelein auch zur Landeskunde und Landesplanung von Baden-Württemberg beachtliche Erkenntnisse beigetragen.
Die gewichtigste Leistung Meckeleins für das Land Baden-Württemberg liegt aber in seiner hochschulpolitischen Arbeit. Hier konnte er eine ungewöhnlich reiche Erfahrung auf allen Stufen der akademischen Verwaltung und der Planung sammeln, als Dekan und Rektor der Technischen Universität Stuttgart, als Vorsitzender der Baden-Württembergischen Rektorenkonferenz und als Staatssekretär für das Hochschulwesen im Kultusministerium. Diese Karriere zeugt von der hohen Anerkennung durch alle Gremien, die ihm immer wieder verantwortungsvolle Funktionen anvertrauten. Meckelein mußte dafür Jahre eigener Forschung und Lehre opfern, doch kam dies der Bildungspolitik des ganzen Landes zugute. In seine Rektoratszeit fiel der erfolgreiche Ausbau der Technischen Hochschule zur Universität. Als Staatssekretär hatte er wesentlichen Anteil an der Stabilisierung der Hochschulen in den Krisenjahren nach 1968. Der am 27.1.1969 von Kultusminister Prof. Dr. W. Hahn zum Beauftragten für Hochschulfragen mit der Bezeichnung Staatssekretär berufene Meckelein suchte Reformen mit der Bewahrung von Bewährtem zu verbinden. Als „Feuerwehr“ des Ministeriums hat er manche kritische Situation durch seine Standfestigkeit einerseits, Überzeugungskraft andererseits gemeistert. Sein kulturpolitischer Weitblick wurde in zahlreichen Vorträgen und Schriften deutlich, die über die Amtszeit hinaus wirksam bleiben.
Breite Öffentlichkeitsarbeit leistete Meckelein auch in seinem Fachbereich. Nachdem er schon in Berlin aktiv in der dortigen Gesellschaft für Erdkunde mitgearbeitet hatte, war er in der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart als langjähriger Vorsitzender maßgeblich tätig. Nicht zuletzt hat er durch fesselnde eigene Vorträge die Bildungsaufgabe der Geographie deutlich gemacht. Darüber hinaus vertrat er als Vorsitzender des Zentralverbands der Deutschen Geographen die Interessen des Faches wirksam in einer hochschulpolitisch brisanten Zeit.
Die vielseitigen Verdienste Meckeleins wurden weithin geehrt. Neben zahlreichen Ehrenmitgliedschaften seien nur die Verleihung der Silbernen Carl-Ritter-Medaille (1978), der Goldenen Charles Daly-Medaille der American Geographic Society (1985) und des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse (1987) genannt.
Neben der fachlichen Bedeutung Meckeleins dürfen seine menschlichen Qualitäten nicht vergessen werden, die der Verfasser in langjähriger harmonischer Zusammenarbeit schätzen gelernt hat. Bewundernswert war seine bedingungslose Einsatzbereitschaft, auch in Zeiten schwerer persönlicher Belastungen. Mit seinem ausgeprägten Pflichtgefühl und seiner geradlinigen Korrektheit war er Vorbild für Mitarbeiter und Studenten, die er als akademischer Lehrer begeistern konnte. Hinter einer für manchen vielleicht herb wirkenden Schale lagen Güte, Hilfsbereitschaft und Sinn für Humor. Der zu frühe Tod Meckeleins war für die Wissenschaft wie für das Land Baden-Württemberg ein großer Verlust.
Quellen: Nachlaß: privat bei der Witwe Ursula Meckelein, Viergiebelweg, D-70192 Stuttgart; dienstlich im Geographischen Institut der Universität Stuttgart, Azenbergstraße 12, D-70174 Stuttgart – Auskünfte von Frau Ursula Meckelein
Werke: (Auswahl): Ortsumbenennungen und -neugründungen im europäischen Teil der Sowjetunion. In: Osteuropa-Institut an der FU Berlin, Wirtschaftswissenschaftliche Veröffentlichungen 2, 1955; Libyen. Geographisches Strukturbild eines Wüstenstaates. In: Geographisches Taschenbuch 1956/57, 1956, 374-382; Gruppengroßstadt und Großstadtballung in der Sowjetunion. In: 32. Deutscher Geographentag Berlin 1959. Tagungsberichte und wissenschaftliche Abhandlungen, 1960, 168-185; Forschungen in der zentralen Sahara, 1959; Jüngere siedlungsgeographische Wandlungen in der Sowjetunion. In: Geographische Zeitschrift 52, 1964, 242-270; Beobachtungen und Gedanken zu geomorphologischen Konvergenzen in Polar- und Wärmewüsten. In: Erdkunde 19, 1965, 31-39; Entwicklungstendenzen der Kulturlandschaft im Industriezeitalter. In: Technische Hochschule Stuttgart, Reden und Aufsätze, H. 32, 1965, 24-49; Wandlungen im ländlichen und städtischen Siedlungsbild der Sowjetunion. In: Bilanz der Ära Chruschtschow (Hg. von E. Boettcher u. a.), 1966, 16-35; Der Ballungsraum Stuttgart. In: 36. Deutscher Geographentag Bad Godesberg 1967, Tagungsberichte und wissenschaftliche Abhandlungen, 1969, 71-85; Geographische Untersuchungen am Nordrand der tunesischen Sahara. Wissenschaftliche Ergebnisse der Arbeitsexkursion 1975 des Geographischen Instituts der Universität Stuttgart. Stuttgarter Geographische Studien 91, 1977 (Hg.); Die Trockengebiete der Erde. Reserveräume für die wachsende Menschheit? Colloquium Geographicum 14, 1980; Desertification in Extremely Arid Environments. Stuttgarter Geographische Studien 95, 1980 (Ed.); Resource Management in Drylands. Stuttgarter Geographische Studien 105, 1985 (Ed. mit H. Mensching); Zu Physischer Geographie und agraren Nutzungsproblemen in den Innerasiatischen Wüsten Chinas. In: Geoökodynamik 7 (Festschrift für H. Mensching), 1986, 1-28; Naturbedingte und anthropogen bedingte Morphodynamik am Beispiel der innerasiatischen Trockengebiete Chinas. In: Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Mathematisch-Physikalische Klasse, 3. Folge, Nr. 41, 1988, 328-343; Land Use Problems in the Chinese Deserts. In: Scientific Reviews on Arid Zone Research. Vol. 7, 81-111, Jodhpur 1990
Nachweis: Bildnachweise: Bilder und Bibliographien in den bei Literatur genannten Schriften

Literatur: Uhlig, H.: Geographie und Hochschulpolitik. Wolfgang Meckelein zum 60. Geburtstag. In: Stuttgarter Geographische Studien 93 (Festschrift für Wolfgang Meckelein), Stuttgart 1979, 7-21; Wilhelm Hahn, Ich stehe dazu. Erinnerungen eines Kultusministers, 1981; Karl Lenz, Zum Tode von Wolfgang Meckelein. In: Die Erde 120, 1989, 7-10; Uhlig, H.: Wolfgang Meckelein. Leben und Werk. In: Geographisches Taschenbuch 1991/92, 130-143
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