Bürklin, Albert Julius Anton 

Geburtsdatum/-ort: 20.06.1844;  Heidelberg
Sterbedatum/-ort: 23.07.1924;  Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Intendant des Hoftheaters Karlsruhe
Kurzbiografie: bis 1863 Lyzeum Freiburg, Studium der Rechte in Heidelberg und Freiburg
1868 I. juristisches Staatsexamen
1869 Dr. jur. in Heidelberg; Rechtspraktikant in Heidelberg, Lörrach, Mosbach
1871 II. juristisches Staatsexamen; Referendar in Pforzheim, Durlach, Heidelberg, Eppingen, Lörrach
1872 Amtmann in Waldkirch
1875 Assessor beim Oberschulrat in Karlsruhe
1877 Oberschulrat
1882 Entlassung aus dem Staatsdienst auf eigenen Wunsch
1889 „Vorstand der Generaldirektion des Hoftheaters“ mit dem Titel „Intendant“ und dem Rang eines Geheimen Rats III. Klasse
1893 „Generalintendant“ mit dem Rang eines Geheimen Rats II. Klasse
1899 Exzellenz
1904 Rücktritt aus persönlichen Gründen; Geheimrat I. Klasse
1911 Mitbegründer der „Freiburger Wissenschaftlichen Gesellschaft“, Präsident der Goethe-Gesellschaft
1875-1881 Als Mitglied der national-liberalen Partei Abgeordneter der II. badischen Kammer (Wahlkreis Bonndorf)
1877-1878 Mitglied des Reichstags (Wahlkreis Freiburg)
1884-1898 Mitglied des Reichstags (Wahlkreis Landau-Neustadt a. d. W.)
1893-1895 2. Vizepräsident des Reichstags; legt sein Amt nieder, als der Reichstag eine Ehrung Bismarcks zum 80. Geburtstag ablehnt
1906-1918 Vom Großherzog in die I. badische Kammer berufen; 2., dann 1. Vizepräsident.
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1875 Luise, geb. Wolf (1848-1925), Tochter des Weingutsbesitzers Johann Ludwig Wolf in Wachenheim
Eltern: Vater: Albert Bürklin, 1816-1890, ev.
Mutter: Julie, geb. Desepte, 1819-1885, rk.
Geschwister: 5
Kinder: keine
GND-ID: GND/117143448

Biografie: Wolfgang Leiser (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 87-88

Die Bürklin, in der Pfalz noch heute blühend, sind eine altbadische Beamtenfamilie, mit der Geschichte von Markgrafschaft und Großherzogtum eng verbunden, ihresgleichen mannigfach versippt. Im Land und weit darüber hinaus populär wurde der Name durch den Vater des hier zu Schildernden, den überaus fruchtbaren Kalendermann des „Lahrer Hinkenden Boten“: Selbst der Schicht des mittleren Beamtentums angehörend, vermochte er es glänzend, Stimmungen, Nöte und Wünsche des kleinen Mannes zu artikulieren, aber auch im Sinne der Nationalliberalen zu manipulieren. Sein gleichnamiger ältester Sohn übernahm bewußt die Tradition der Familie und die Weltanschauung des Vaters, transponierte sie aber auf die nächst höhere soziale Ebene: Er ist ein typischer Repräsentant des liberalen Großbürgertums der Gründerzeit; hochgeachtet, vermochte er doch nicht populär zu werden.
Der kluge, ehrgeizige, kultivierte Mann, der als Student Treitschke und Häusser nahe getreten war, begann zunächst eine aussichtsreiche Beamtenkarriere, erst in der allgemeinen, dann in der Kultusverwaltung, wo ihm seine wissenschaftlichen und künstlerischen Interessen zustatten kamen. Er war offenkundig ein Protégé Nokks, des Schwagers von Treitschke und Sohn von Bürklins Freiburger Lyzeumsdirektor. 1875 heiratete er die Erbtochter des Pfälzer Weingutsbesitzers Wolf; als dieser starb, gab Bürklin 1882 den Staatsdienst auf und lebte fortan als reicher Großgrundbesitzer seinen künstlerischen Neigungen, aber auch der Politik (in Baden, wo er einen Wohnsitz behielt, und im Reich, nicht hingegen in Bayern, wo seine Güter lagen!).
Seiner Partei war der einflußreiche, redegewandte Mann von großem Nutzen; sie entsandte ihn in wichtige Parlamentsausschüsse und nominierte ihn – Höhepunkt seiner politischen Laufbahn – zum zweiten Vizepräsidenten des Reichstags. Über die Tagespolitik hinausreichende Aktivitäten hat Bürklin indes nicht entwickelt. Er vertrat offenbar erfolgreich die Interessen des Bürgertums, auch des Pfälzer Weinbaus, seine Wahlen erfolgten jeweils mit großer Mehrheit.
Wenn zumindest in Karlsruhe der Name des jüngeren Bürklin noch heute bekannt ist, hängt das mit dem Umstand zusammen, daß dieser Mann fünfzehn Jahre lang dem Großherzoglichen Hoftheater vorstand; nach der Ära Eduard Devrients erlebte das Haus unter ihm seine zweite, unvergessene Blüte in Schauspiel und Oper, wo Felix Mottl insbesondere Wagner und Verdi zu glänzenden Aufführungen brachte. Der Intendant erweiterte das Angebot des Hauses beträchtlich; sein Programm gestaltete er mit behutsamer Aufgeschlossenheit: Hoftheater sind eben keine Experimentierbühnen. Immerhin brachte 1904 das Schauspiel je 10 Vorstellungen von Goethe und Molière, gefolgt von Sudermann mit 9 Vorstellungen; die Oper gab Wagner 23, Verdi 12, Mozart 11, Smetana 9 und Saint-Saens 5 mal (letzterer wurde ebensooft gespielt, wie Beethoven und Lortzing).
Fast vergessen ist das Mäzenatentum des Mannes; es kam dem Hoftheater zugute, aber auch z. B. seiner Geburtsstadt Heidelberg, deren Museum ihm Feuerbachs schönes Bildnis der Mutter verdankt (Katalog der Karlsruher Ausstellung von 1976, Nr. 49, mit ungenauer Provenienzangabe).
Von den Zeugnissen stolzer Repräsentation ist wenig erhalten geblieben: Das „Palais Bürklin“, von J. Durm 1900 in überladener Neo-Renaissance als Winterresidenz erbaut, fiel dem Bombenkrieg zum Opfer; das dem Theoderich-Grab nachempfundene Mausoleum auf dem Karlsruher Hauptfriedhof, 1911 ebenfalls von Durm erbaut, steht noch, wurde aber von der Familie aufgegeben. Von vergleichbarer Attitüde sind die Portraits, die Ferdinand Keller von Vater und Sohn Bürklin malte. All das heutigem Empfinden wenig zusagend, aber recht aufschlußreich für das Selbstgefühl dieser Generation einer alten bürgerlichen Familie. Bleibenden Wert hat die umfangreiche Familiengeschichte, die Albert Krieger 1905 publizierte; zwar vor allem ad majorem gloriam des älteren Bürklin geschrieben und den Auftraggeber nur sehr knapp und diskret behandelnd, ist sie eine über das Genealogische hinaus auch sozialgeschichtlich nützliche Arbeit mit vorzüglicher Bebilderung.
Nachweis: Bildnachweise: Krieger S. 484 und pass.; Karlsruher Chronik 1904; F. W. Gaertner, Ferdinand Keller (1912; mit Farbreproduktionen)

Literatur: A. Krieger, Geschichte der Familie Bürklin (1905); ders., Dr. A. Bürklin. Zu seinem 80. Geburtstag („Die Pyramide“, Beilage zu Nr. 24 des Karlsruher Tagblattes vom 15. Juni 1924); Karlsruher Chronik 1904, 50 f.
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