Bühler, Hans Adolf 

Geburtsdatum/-ort: 04.06.1877;  Steinen im Wiesental
Sterbedatum/-ort: 19.10.1951;  Burg Sponeck, Gemeinde Jechtingen
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1892-1896 Lehre als Maler und Anstreicher in Schopfheim, Wanderschaft als Geselle
1896-1898 Studium an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe, u. a. Dekorationsmalerei
1898-1908 Studium an der Akademie Karlsruhe bei E. Schurth, L. Schmidt-Reutte, F. Fehr; Meisterschüler von H. Thoma
1908-1910 Rom-Aufenthalt im ehemaligen Atelier von M. Klinger; seit 1905 Studienreisen nach Italien
1914-1917 zum Teil als Kriegsmaler in Frankreich. Seit 1915 im militärischen Postüberwachungsdienst Freiburg i. Br. zusammen mit J. Bissier, E. Freyhold, M. Heidegger, H. Burte, O. Hoerth u. a.
1914-1941 Professor für Wandmalerei, Flächenkunst und Farbenlehre an der Kunstakademie Karlsruhe
1917 Erwerb der Burgruine Sponeck, Gemeinde Jechtingen am Kaiserstuhl, ab 1930 Atelier im neu gebauten Bergfried; der völkischen Bewegung zugehörig, seit 1931 Mitglied der NSDAP; vor und im „Dritten Reich“ zahlreiche kulturpolitische Ämter (KfdK; Führerrat der Vereinigten Deutschen Kunst- und Kulturverbände; Deutsche Kunstgesellschaft; Reichsverband bildender Künstler; Reichskartell der bildenden Künstler)
1932-1934 Direktor der Kunstakademie Karlsruhe als Nachfolger von H. Thoma, Umgestaltung im Sinne des Nationalsozialismus; Demission
1933-1934 Direktor der Badischen Kunsthalle Karlsruhe, 1933 Feme-Ausstellung „Regierungskunst 1918-1933“ (als Vorläufer der Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“). Entlassung
1934-1940 Hauptschriftleiter der NS-Kunstzeitschrift „Das Bild“ (C. F. Müller Verlag Karlsruhe, 1934-1944)
1937 Grand Prix Weltausstellung in Paris für das Gemälde „Deutsches Stromland“. Ehrenbürger von Steinen und Jechtingen
1966-1986 Schule in Steinen nach Bühler benannt
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1905 Johanna Katharina, geb. Jockerst (1878-1950), Malerin
Eltern: Vater: Jakob Friedrich Engelhardt (1839-1920), Landwirt und Bäcker
Mutter: Anna Maria, geb. Müller (1844-1915)
Geschwister: 2:
Ernst Friedrich Engelhard (1867-1954), Prokurist
Hermann (1879-1918), Landwirt
Kinder: 3:
Hanne (1906-1984), verheiratete Schleiermacher, Malerin
Engelhardt, Gustav Adolf (1908-1939), Dr. med., Arzt
Hans Friedrich (1913-1945)
GND-ID: GND/118516949

Biografie: Annette Ludwig (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 33-35

Leben und Werk Bühlers wurden im Wesentlichen durch drei Örtlichkeiten bestimmt: als Ort der Kinder-, Jugend- und Lehrjahre das Wiesental, in dem die aus Keppenbach im Freiamt nahe Emmendingen stammende Familie Bühler seit 1762 neben der Landwirtschaft traditionell ein Handwerk versah, dann die badische Hauptstadt Karlsruhe als Stätte der künstlerischen Ausbildung und des beruflichen Wirkens und schließlich Burg Sponeck am Kaiserstuhl als Einsiedelei, Zufluchtsort und Alterssitz. Aus diesem engen regionalen Kontext erwuchs ein vermeintlich volkstümliches Œuvre, für das der Rekurs auf die altdeutsche Malerei, stilistische Anleihen am Spätwerk Hans Thomas und eine als „deutsch“ apostrophierte handwerkliche Auffassung ebenso bestimmend sind wie die schwärmerisch übersteigerte Hinneigung zum Kosmogonischen, der pathetische Rückgriff auf die christliche Ikonographie und die mit einer Ideologisierung der Bildinhalte einhergehende Flucht in heimatliche Historie und germanischen Mythos. Diese in Kunst- und Weltanschauung gleichermaßen manifeste retrospektive Orientierung Bühlers artikulierte sich auch in der Radikalität seiner lebenslangen Diffamierung der Avantgarde, die während der Ausübung des Doppeldirektorats von Kunstakademie und Kunsthalle mit den Entlassungen missliebiger Kollegen sowie mit der Durchführung der zu trauriger Berühmtheit gelangten Karlsruher „Schreckenskammer“ nur ihren äußeren Höhepunkt fand, um sich nach Bühlers erzwungener Demission in der NS-Kunstzeitschrift „Das Bild“ publizistisch niederzuschlagen und konspirativ weiterzuwirken.
Dessen ungeachtet zielte Bühler schon im Frühwerk mit monumentalen Figurenkompositionen auf die Sichtbarmachung seiner Idee vom „Hohelied gehobenen Menschentums“ (Hoerth, 188). Von der Malerei Schmidt-Reuttes und, stärker noch, vom Italienerlebnis inspiriert, schuf er elegische Titanen in statuarischer Haltung und prosaischem Gestus, die gleichsam archetypisch das Geschlecht der „Nibelungen“ (1908), „Prometheus“ (im Auftrag des badischen Kultusministeriums), die „Harlungen“ („Königskinder im Breisgau“, 1914-1916, im Auftrag der Stadt Freiburg, 1944 zerstört), „Hiob im Hotzenwald“ (1908), „Christus mit den Weizenkörnern“ (1910) oder den „Heiligen Christopherus“ (1923) verkörpern und deren Ethos sinnfällig machen sollten. Auch seinen Landschaftsdarstellungen, die sich als Kompilation detailliert wiedergegebener Versatzstücke sukzessive von der bloßen Hintergrundstaffage emanzipierten, verlieh Bühler symbolischen Gehalt. Er steigerte sie, an den Malern der Donauschule wie an der dramatisch heroischen Landschaft des frühen 19. Jahrhunderts orientiert und Topoi der Romantik zitierend, ins Rätselhafte und Kosmisch-Visionäre („Der rote Reiter“, 1929; „Große Steinbruchlandschaft mit Maler“, 1948). So spiegelt sich in der Naturbetrachtung einmal mehr der aus zahlreichen Quellen gespeiste Mystizismus Bühlers, der im zweiten Großfresko-Auftrag des badischen Ministeriums für die Universität Freiburg („Weltenbaum und Jahreslauf“, 1935, zerstört), im radierten, 18 Blätter umfassenden Schöpfungszyklus, vor allem aber im Deckengemälde des im II. Weltkrieg zerstörten klassizistischen Karlsruher Rathaussaales (1925/26) kulminierte und auch in der Farbenlehre beredten Ausdruck fand. Stilistisches Kennzeichen ist jene spitzpinselige Malweise, die auch eine Reihe von altmeisterlich aufgebauten Bildnissen seines privaten Umfeldes aus den 1920er Jahren charakterisiert (J. A. Beringer, 1924; A. Schweitzer, 1928; J. Finter, 1929). Stets wurden die rein malerischen Mittel, Form, Zeichnung, Farbe, der Bildidee untergeordnet. Längst vor der allein mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Verbindung stehenden „Karriere“ Bühlers empfand der Kunsthistoriker C. Einstein Bühlers Werk daher als „eine Kunst der unverstandenen Mittel“.
Werke: Berlin: Staatl. Museen Preuß. Kulturbesitz Nationalgalerie; Univ. Freiburg, Fresko „Prometheus“, 1910-1912 im Kollegiengeb. I; Augustiner-Museum Freiburg; Mus. f. Neue Kunst, Freiburg i. Br.; Staatl. Kunsthalle Karlsruhe; Museum am Burghof Lörrach; Kunsthalle Mannheim; Staatsgalerie Stuttgart. – Schriften: Hannes Adolphus Bühlarius Docter, Practica für Leyen, 1903; Das innere Gesetz d. Farbe, 1930, auch in: Ekkhart 11, 1930, 28-33; Die Wiedererweckung d. bildenden Künste, in: Ekkhart 15, 1934, 20-24; Die Bildende Kunst im Dritten Reich, in: Das Bild 5, 1937, 130 f.; ebd. 7, 1937, 198; ebd. 8, 1937, 225; ebd. 9, 1937, 257; ebd. 11, 1937, 321; Dt. Zeitalter, ebd. 6, 1940, 81; ebd. 7, 1940, 97.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in Reichshandbuch 1931, 240; Selbstportraits in: Busse 1931 (vgl. Lit.).

Literatur: ThB5, 1911, 190; Otto Hoerth, Studien zu neueren bad. Künstlern. H. A. Bühler, in: BH 3, 3, 1916, 164-188; Max Wingenroth, H. A. Bühler, in: Ekkhart 2, 1921, 63-68; Beringer 1922, 152 f; J. A. Beringer, Die Malereien von H. A. Bühler im Bürgersaal des Rathauses zu Karlsruhe, 1926; Reichshandbuch d. dt Gesellschaft 1931, 240; Hermann Eris Busse, H. A. Bühler, 1931; ders., H. A. Bühler, in: Mein Heimatland, 23, 3/4, 1936, 136-140; Hans Thoma Gesellschaft (Hg.), H. A. Bühler, Die Heimkehr u. Soldatenbriefe, Jahresgabe 1940, o. J.; Fritz Wilkendorf, Leben u. Werk von H. A. Bühler, Gedenkansprache bei seiner Grablegung, Burg Sponeck am 21. 10. 1951 (Privatdruck, zum 10jährigen Gedenktag auch in: Ekkhart 1961, 91-100); Vollmer 1, 1953, 345; Ernst Friedrich Bühler, H. A. Bühler, in: Markgräfler Jb. 3, 1954, 127-133; Joseph Wulf (Hg.), Ein Porträt: H. A. Bühler, in: Die Bildenden Künste im Dritten Reich, 1963, 73-76; Anton Müller, Postüberwachungsstelle Freiburg im I. Weltkrieg, 1968; Mülfarth 1980, 28-30; Kunst in Karlsruhe 1900-1950, Akat, 1981, 102-128 u. 129-133, Nr. 41; Reinhard Merker, Die bildenden Künste im Nationalsozialismus, 1983, passim; Stilstreit u. Führerprinzip, Akat., 1987, 142-151, 250, Nr. 12-15; Mortimer G. Davidson, Kunst in Deutschland 1933-1945, 2.2, 1992, 261 f.; Julius Bissier, Vom Anfang d. Bilder, Akat. 1994, 90-92; Antje Lechleiter, Die Künstlergruppe „Bad. Secession“, 1994, 328-333; Christoph Zuschlag, Entartete Kunst, 1995, 369 f. u. passim; Annette Ludwig, Die Kunstzs. „Das Bild“, in: Buchhandelsgeschichte, 1996, 1, B 1-B 17, passim, und 1997 eigenständ. Publikation; Allgem. Künstlerlexikon (Saur), 15, 1997, 35. – BbG, 6, T. 1, Nr. 32782 u. 8, T. 2, Nr. 48339.
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