Hubbuch, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 21.11.1891;  Karlsruhe
Sterbedatum/-ort: 26.12.1979;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Graphiker, Maler, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: Volksschule und Gymnasium bis mittlere Reife
1908-1912 Studium an der Großherzoglichen Badischen Akademie Karlsruhe bei Walter Georgi; Freundschaft mit W. Müller-Hufschmid, R. Schlichter, G. Scholz
1912-1914 Studium an der Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin in der Graphikklasse von Emil Orlik; Mitschüler ist George Grosz
1914-1918 Kriegsdienst und schwere Erkrankung
1920 Wiederaufnahme des Studiums an der Akademie (Landeskunstschule) Karlsruhe als Meisterschüler in der Radierklasse von Walter Conz
1922 und 1924 erneute Aufenthalte in Berlin, Zusammentreffen mit Orlik und Grosz
1924 Assistent von Ernst Würtenberger in der Lithographenklasse
1925 Berufung zum Leiter einer Zeichenklasse
seit 1926 Reisen nach Frankreich
1928 Ernennung zum Professor
1931 Skizzen und Zeichnungen aus Frankreich erscheinen im Selbstverlag unter dem Titel „La France“
1933 Entlassung und Berufsverbot. Hubbuch malt noch einige Bilder, dann nur noch Arbeit für die Majolika-Manufaktur Karlsruhe und als Uhrenschildmaler im Schwarzwald
1945/46 Zyklus von Rohrfederzeichnungen „Vergessen? – Niemals!“ für die „Antifaschistische Gesellschaft“ Rastatt
1947 Lehrauftrag an der TH Karlsruhe
1947/48 Wiederberufung an der Karlsruher Akademie als Professor für Malerei. Expressionistische Phase bis 1957
1957 Pensionierung und erneut viele ertragreiche Reisen insbesondere nach Frankreich
1959 Silbermedaille im Internationalen Wettbewerb für den Frieden, Leipzig
1961 Hans-Thoma-Staatspreis des Landes Baden-Württemberg
1965 Ehrengast der Villa Massimo, Rom
1970 „Die Hauptstadt“, 55 Zeichnungen aus Paris, hg. von R. Hiepe, München. Aufgrund der fast völligen Erblindung entstehen nach 1970 keine Arbeiten mehr
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katolisch, ab 20er Jahre freireligiös
Verheiratet: 1. 1926 Hilde, geb. Isai, die 1933 in die USA emigriert
2. 1940 Ellen, geb. Falk
Eltern: Vater: Pius Hubbuch, Badischer Offizier, Telegraphenbeamter
Mutter: Amalie, geb. Wild
Geschwister: keine
Kinder: Myriam (geb. 1932)
GND-ID: GND/118554018

Biografie: Wolfgang Hartmann (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 155-157

„Aus den unerschöpflichen Straßen. Von den tausend-tausendfältigen Menschengesichtern. Aus der Stadt, deren Bild sich nie zu Ende formen läßt.“
Diese Sätze, die Hubbuch einer Skizze der 60er Jahre aus Paris hinzufügte, können in knappester Form sein ganzes Œuvre charakterisieren. Sie sind zugleich ein Beleg für die Kontinuität Hubbuchs, den das große Thema von Stadt, Straßen und Menschengesichtern seit den 20er Jahren nicht mehr losgelassen hat.
In seinem Buch „La France“, 1931, hat er dieses Thema zum ersten Mal programmatisch zusammengefaßt und als „Bekenntnis zur Gesinnung der Arbeitenden und Schaffenden hüben und drüben“ verstanden. Seine Bildthemen, Sujets und Sehweisen hat er im Vorwort zu „La France“ ebenfalls schon formuliert: „Innerhalb eines jeden Volkes geht eine Trennungslinie und scheidet zwei Klassen: Die Klasse der Habgierigen, Herrschsüchtigen, Genußsüchtigen und Hetzer, von der großen Klasse der Arbeitenden, die den Frieden wollen! Hüben wie drüben steht der Arbeitende im Kampf! Hüben wie drüben die gleichen Bilder: verbrauchte Menschen, Armut, Krankheit, Verbrechen, Prostitution ...“. Am Ende seiner Schaffenszeit hat Hubbuch in seiner zweiten Publikation „Die Hauptstadt“, 1970, diese Haltung nochmals zusammengefaßt: „Es sollte eigentlich eine Liebeserklärung an Frankreich werden, an alle Franzosen, auch an die Spitzbuben und an die Klatschweiber. Nach längerer Überlegung muß ich aber doch einige von der Liebe ausschließen.“ Das Vorwort schließt wiederum mit einem Bekenntnis zum Humanen: „Ich liebe dieses Land mit seinen Licht- und seinen Schattenseiten – ich liebe seine menschliche Würde, seinen Elan und seinen Charme.“
Hubbuchs Arbeiten, zumal seine Skizzen vor Ort, sind nur vor dem Hintergrund dieses humanistisch-sozialen Menschenbildes verständlich. Der physiognomische Aspekt ist immer verknüpft mit einer sozialen Sehweise. Das deutet sich schon in den frühen Zeichnungen und Radierungen um 1920 an, in denen ihn die Ordnung der Gegenstände, das Gefüge seiner Umwelt interessiert, und entfaltet sich dann rasch während der Studienaufenthalte in Berlin 1922 und 1924, wo die Großstadt mit ihren Menschen Hubbuch nachhaltig beeindruckt hat. Hier finden wir schon die ausschnitthafte Charakterisierung seiner Figuren und Bildgegenstände, Darstellungen der Großstadt (Berlin-Radierungen 1922) sowie kritische Blätter zum politischen Zeitgeschehen, die unter dem Einfluß von George Grosz entstanden. In dieser Zeit entwickelt sich auch das für Hubbuch typische Mittel der Kontrastierung – etwa einer historischen Fassade mit aufgetakelten Zeitgenossen, einer bezugsreichen Kinoreklame mit in die Mittagspause hetzenden Angestellten oder einer Gruppe geschäftig-profitsüchtiger Herren mit Rodins „Bürgern von Calais“. Um die Mitte der 20er Jahre arbeitet Hubbuch in neusachlichem Stil, der sich vorrangig an der Oberflächenstruktur der Bildgegenstände orientiert, es entstehen erste Ölbilder. Ende der 20er Jahre wird der Stil malerischer und freier, Federzeichnungen und Ölbilder sind von einem schnellen Duktus gekennzeichnet. Hubbuch arbeitet nun inhaltliche Bezüge immer bewußter zur Beschreibung der Menschen heraus – bisweilen aus ironischer, kritischer oder auch karikierender Distanz. Die politischen und gesellschaftskritischen Bildthemen nehmen wieder zu, gleichzeitig verschärfen sich die Hetzkampagnen in der konservativen und nationalsozialistischen Presse. Hubbuch, der „Huren“- und „Elendsmaler“, erhält 1933 Berufsverbot. Nach einigen Bildern, die die eigene Lage unter der NS-Diktatur zum Thema haben („Die Kunstrichter“, 1933) und einigen Landschaften versiegt die künstlerische Arbeit unter dem politischen Druck bald vollständig. Den Wiederbeginn um 1949 belegen expressionistische in sich ruhende Figurenzeichnungen und Bilder sowie das nur hier relativ häufig anzutreffende Motiv des Kindes, das für den Künstler Symbol für Aufbau und Hoffnungen war. In den späten 50er und in den 60er Jahren findet Hubbuch wieder zu seinem alten Thema zurück. Viele Zeichnungen und Radierungen schließen an Arbeiten um 1930 an, viele überarbeiten auch frühere Kompositionen, die er nun häufig abschließend in Öl überträgt. Und auf den Reisen nach Frankreich, vor allem immer wieder nach Paris, zeichnet er wieder die Straßen und die Passanten mit ihren tausendfältigen Menschengesichtern, beschreibt er die Physiognomie der Städte und ihrer Gesellschaft.
Werke: in allen bedeutenderen Sammlungen des In- und Auslandes; in öffentlichen Sammlungen in Baden-Württemberg: Kunsthalle Mannheim; Städtische Galerie Karlsruhe; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Augustiner Museum Freiburg; Hubbuch-Stiftung im Graf-Eberstein-Schloß in Gochsheim
Nachweis: Bildnachweise: Porträtfotos sowie mehrere Selbstporträts im Ausstellungskatalog 1981 (vgl. Literatur)

Literatur: H. Goettl, W. Hartmann, M. Schwarz (Hg.), Karl Hubbuch 1891-1979, Karlsruhe-München 1981 (mit Bibliographie der über Hubbuch veröffentlichten Beiträge); Wolfgang Hartmann (zahlreiche Beiträge über Hubbuch), u. a. Katalog der Ausstellung Stilstreit und Führerprinzip. Künstler und Werk 1930-1945 in Baden, Karlsruhe 1987, zuletzt: Karl Hubbuch. Der Zeichner, Stuttgart 1991. Weitere Beiträge vgl. LbBW 5 Nr. 12272-12274, 6 Nr. 15902-15904, 10 Nr. 6560
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