Eckenfelder, Friedrich Johann 

Geburtsdatum/-ort: 06.03.1861; Bern
Sterbedatum/-ort: 11.05.1938;  Balingen
Beruf/Funktion:
  • Kunstmaler
Kurzbiografie: 1865 Übersiedlung nach Balingen
1867–1875 Schulzeit in Balingen
1875–1878 Malerklasse bei Prof. Oskar Hölder in Rottweil
1878–1884 Studium an der Kunstakademie München bei Prof. Ludwig von Löfftz
1883 erste Ausstellungsbeteiligung im Glaspalast München
1884 freischaffender Künstler in München
1888 erste Verkäufe und Erfolge am Kunstmarkt
1892 Gründungsmitglied der „Münchner Secession“
1893 regelmäßige Sommeraufenthalte auf der Zollernalb
1900–1920 zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen
1909 Goldmedaille bei der Internationalen Kunstausstellung in München
1922/23 endgültige Übersiedlung nach Balingen
1924 erste Retrospektive in Balingen
1928 Ehrenbürgerschaft der Stadt Balingen
1978 Wiedereröffnung der Eckenfelder Gemäldesammlung in Balingen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Eltern: Vater: Johann Friedrich Eckenfelder (1835–1921), Schumacher
Mutter: Rosina, geb. Vivian (1833–1880)
Geschwister: 2: Marie Rosine; Luise
Kinder: Friedrich Junginger (1879–1927)
GND-ID: GND/118687662

Biografie: Uwe Fliegauf (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 45-47

Kaum etwas deutete darauf hin, dass sich Friedrich Eckenfelder, der unehelich geborene Sohn eines Balinger Schumachergesellen und einer schweizerischen Hausangestellten, dank seiner außergewöhnlichen Begabung und glücklicher Umstände zu einem bedeutenden Vertreter des süddeutschen Impressionismus und zum wichtigsten Pferdemaler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts entwickeln würde. Die zunächst mittellosen Eltern konnten erst im Juli 1865 nach der Rückkehr in die Heimatstadt des Vaters und der Eröffnung einer Werkstätte heiraten und sich dadurch eine bescheidene Existenz sichern. Für Eckenfelders empfindsam-introvertierte Mutter brachte diese Übersiedlung jedoch kein Glück. Sie fühlte sich zeitlebens entwurzelt und fremd, einzig das familiäre Umfeld und insbesondere der ihr wesensmäßig nahe stehende Sohn Friedrich, der ein guter Schüler war, gaben ihr Rückhalt. Zwar wurden die herausragenden zeichnerischen Fähigkeiten des Jungen früh erkannt, es bedurfte jedoch erst der energischen Fürsprache des ebenfalls künstlerisch begabten Familienfreundes und Balinger Wagnermeisters Jakob Mathis, um beim Vater die Zustimmung zu einer adäquaten zeichnerischen Ausbildung zu erwirken; in der kleinbürgerlichen Lebenswelt des Vaters hatte ein künstlerischer Beruf anfänglich außerhalb jeder Vorstellungs- bzw. Realisierungsmöglichkeit gelegen. Doch auf der Gewerbeschule Rottweil, wo er seit 1875 die Klasse des Zeichenlehrers Oskar Hölder besuchte, machte Eckenfelder schnell große Fortschritte, erwarb solide zeichnerische Fähigkeiten und erhielt für seine Arbeiten erste Preise. Sein Lehrer Hölder, der Eckenfelders herausragende Qualitäten erkannte, wurde ihm zum väterlichen Mentor, dessen gute Beurteilung ihm nicht nur die Fortsetzung seiner Ausbildung, sondern auch den Bezug eines Stipendiums der Stadt Balingen ermöglichte, woraus eine lebenslängliche Verbindung zu seiner Heimatstadt entstand. Im Oktober 1878 schrieb sich Eckenfelder an der Kunstakademie in München ein, wo er in dem Genre- und Landschaftsmaler Ludwig von Löfftz wieder einen pädagogisch vorzüglichen, für seine weitere künstlerische Entwicklung prägenden Lehrer fand. In München lebte Eckenfelder einige Zeit mit der Porträtmalerin Marie Junginger (1847–1922) aus Rottweil zusammen. Aus dieser unglücklichen Beziehung stammt der 1879 geborene Sohn Friedrich, der nach der Trennung seiner Eltern im Haushalt der Großeltern aufwuchs und 1904 wegen einer Lungenerkrankung nach Arosa zog, wo er sich später als Buchhändler niederließ. Als fleißiger Schüler absolvierte Eckenfelder die anspruchsvolle Akademieausbildung mit Gewinn und Bravour, so wurden seine Studien 1881 mit der Akademie-Medaille ausgezeichnet und er galt allgemein als glänzendes Talent. In den frühen Münchner Jahren entstand auch die innige Freundschaft zu seinem Malerkollegen Heinrich Zügel (1850–1941), der als Schäfersohn aus Murrhardt ebenfalls bei Hölder ausgebildet worden war, später selbst Akademieprofessor wurde und Eckenfelder zeitweise als Privatschüler betreute: Unter seiner jahrelangen Förderung entwickelte sich Eckenfelder vollends zum impressionistischen Tier- und Landschaftsmaler, ohne sich allerdings in die lange Reihe der Zügel-Schüler einzuordnen. Seit 1884 als freischaffender Künstler in München niedergelassen, verkehrte Eckenfelder zwar in den einschlägigen Kreisen wie der Künstlergesellschaft Allotria, behielt aber auch dabei seine stilistische Eigenart und künstlerische Unabhängigkeit. Dennoch pflegte der als still, hilfsbereit und liebenswert beschriebene Künstler freundschaftliche Kontakte mit vielen, später ebenfalls bekannt gewordenen Kollegen wie Christian Landenberger, Georg Jauß, Carl Stauffer-Bern, Bernhard Buttersack oder auch Lovis Corinth. Eckenfelder gehörte 1892 zu den Gründungsmitgliedern der sog. Münchner Secession. Damals schuf er die entscheidenden Werke, die durch ihre Qualität seinen späteren Ruf begründeten. Zu seinem künstlerischen Markenzeichen entwickelten sich kraftvolle, sanfte Arbeitspferde, die im Einklang mit der Natur stehen und sich frei von Pathos in eine von warmer Farbigkeit bestimmte, impressionistische Landschaft einfügen. Für Eckenfelder standen Tier, Mensch und Natur in friedvoller und gleichberechtigter Koexistenz, bildeten eine umfassende Metapher für Gesundheit, Geradlinigkeit, Natur- und Heimatverbundenheit – er schuf Votivbilder einer bäuerlich-heilen Welt, voller Wertschätzung für Kreatur und Schöpfung. Diese Botschaft wurde von Publikum und Kunstkritik gleichermaßen verstanden und sehr wohlwollend aufgenommen. Mit Ankäufen durch Prinzregent Luitpold 1888 („Pferde vor dem Pflug“) sowie durch König Wilhelm II. von Württemberg 1894 („Heimkehr am Abend“) stiegen Bekanntheit und Marktwert von Eckenfelders Werk, das immer häufiger bei Ausstellungen in ganz Deutschland gezeigt wurde und großen Zuspruch erfuhr: Er beteiligte sich zwischen 1896 und 1911 mehrfach an Secessionsausstellungen, nahm 1883, 1906 und 1913 an den internationalen Kunstausstellungen im Münchner Glaspalast teil und war vor und nach der Jahrhundertwende in vielen Städten, darunter Berlin, Frankfurt, Wiesbaden und Stuttgart, zu sehen. Als 1913 der Eintrag im berühmten Künstlerlexikon von Thieme/Becker erfolgte, konnte der Künstler als endgültig etabliert und arriviert gelten.
Nach fast zwei Jahrzehnten künstlerischer Tätigkeit in München, aus dem nach und nach viele der von ihm geschätzten Malerkollegen weggezogen waren und unter dem Eindruck einer allmählich aufkommenden Entfremdung vom dortigen künstlerischen Umfeld, wandte sich Eckenfelder wieder seiner Heimat zu und verbrachte die Sommerzeit regelmäßig in Balingen, wo er seit 1898 wieder polizeilich gemeldet war. Dort fand er Ruhe und die geschätzten Motive – Tiere, Landschaften und Szenen ländlichen Lebens – die er in seinen Werken verarbeiten konnte. Die endgültige Rückkehr erfolgte schließlich 1922/23, mitten in den politischen und wirtschaftlichen Wirren der Räte- und Inflationszeit sowie in einer Phase gesundheitlicher Angeschlagenheit, die seine Resignation angesichts der neueren, für ihn unverständlichen Strömungen in Kunst und Kultur noch deutlicher zutage treten ließ; er war und blieb ein Impressionist des 19. Jahrhunderts, dem die Moderne eher fremd blieb. Er zog nun in den Haushalt seiner Schwester Rosine („Rösle“) Wagner, deren strengem Regiment er sich bedingungslos unterordnete und die ihn dadurch von den lästigen Sorgen des alltäglichen Lebens entlastete. Bald gehörte der freundlich-zurückhaltende Künstler zum Stadtbild und zu den Berühmtheiten der ganzen Region. Ein volkstümlicher Heimatmaler, dem man an der Staffelei mehr oder weniger ehrfürchtig über die Schulter sehen konnte und der sich durchaus auch gerne in Balinger Wirtshäusern aufhielt, wo er die Gäste skizzierte. Der stets sorgfältig im Anzug gekleidete Eckenfelder arbeitete regelmäßig und hatte ständig Aufträge: Im ländlichen Umfeld entstanden neben weiteren Pferdebildern nun auch bekannte Balinger Stadtansichten und sogar 50 Auftragsporträts, denn zwischenzeitlich war es bei den wohlhabenden Bürgerfamilien üblich geworden, einen Eckenfelder zu besitzen und später mit einigem Stolz von Generation zu Generation weiterzugeben. Angesichts dessen fiel nicht weiter ins Gewicht, dass er mit den damals entstandenen Repliken deutlich unter den Möglichkeiten seines herausragenden Frühwerks blieb. Zu den Auftraggebern bzw. Gönnern des Malers gehörten u. a. der Brauereibesitzer Christian Jetter, der Textilfabrikant Frühwald Delling, Oberamtsarzt Dr. Moritz Erwin Fröhner sowie der damalige Bürgermeister Hermann Rommel. Es war deshalb nur folgerichtig, dass im Juni 1924 die erste retrospektive Ausstellung in der Turnhalle der Balinger Sichelschule stattfand und auf höchst positive Resonanz stieß. Den erzielten Überschuss legte Eckenfelder bei der Balinger Gewerbebank für einen Kunstpreis an, der 1929 erstmals vergeben wurde, der Erfolg des Künstlers hatte sich nun auch in der Heimat eingestellt. Darüber hinaus war ihm noch ein kleines privates Glück beschieden, seit er 1925 die auffallende Klavierlehrerin Elsa Martz (1879–1956), die einer begüterten Kaufmannsfamilie entstammte, kennen gelernt hatte. Es entwickelte sich eine von gegenseitigem Verständnis getragene, platonische Liebe, die – obwohl die Verbindung gesellschaftlich nicht goutiert wurde – Eckenfelders Leben und Schaffen nochmals beflügelte.
Anlässlich seines 67. Geburtstages wurde Eckenfelder zum Ehrenbürger Balingens ernannt und 1931 darüber hinaus noch eine kommunale Straße nach ihm benannt, beides erfüllte ihn mit besonderem Stolz, aus Dankbarkeit für diese seltene Würdigung überließ er der Stadt zwölf Gemälde zu einem Vorzugspreis. Von der Bekanntheit Eckenfelders versuchte im Kommunalwahlkampf Ende 1928 denn auch die NSDAP zu profitieren, zumal seine „pflügenden Pferde“ gut zur Blut-und-Boden-Ideologie der Partei passten. Jedoch war der Kandidatur des populären, aber eigentlich unpolitischen Künstlers keinerlei Erfolg beschieden. In der Folgezeit ist kein weiteres parteipolitisches Engagement nachweisbar, er erledigte allerdings noch einige wenige „Staatsaufträge“ für Gauleiter Murr, die Reichskanzlei und Reichspräsident von Hindenburg. Überhaupt ließen seit 1930 seine Kräfte langsam nach. Seit dem Tod der Schwester Rosine 1935, der ihn schwer getroffen hatte, bewohnte Eckenfelder allein das Elternhaus und kam immer seltener zum Malen; mit dem künstlerischen Schaffen schwand bald auch die Lebensenergie. Nach Eckenfelders Tod wurde zunächst in seinem Atelier eine kleine Ausstellung mit Werken eingerichtet, die er testamentarisch der Stadt Balingen vermacht hatte. Diese hochkarätige, aus über 100 Bildern bestehende Gemäldesammlung wird heute im Rahmen einer Dauerausstellung im städtischen Kulturzentrum Zehntscheuer gezeigt. Der Großteil des Werks befindet sich jedoch bis heute in Privatbesitz, auf Auktionen erzielen die Bilder, die sich einer wachsenden Beliebtheit erfreuen, beachtliche Preise.
Quellen: StadtA Balingen (Ehrenbürgerakte, Gemeinderatskandidatur, Sammlung, Fotos).
Nachweis: Bildnachweise: Städtische Gemäldesammlung Balingen.

Literatur: A. Pfeffer, Friedrich Eckenfelder, in: ThB, 1914, 319 f.; ders., Gemäldeschau Eckenfelder, 1924; Schwäbischer Merkur 122, 1938, 6; W. Schnerring, Bemerkungen über Friedrich Eckenfelder, 1979; ders., Der Maler Friedrich Eckenfelder, 1984, mit Werkverzeichnis; R. Hummel, Die Anfänge der Münchner Secession, 1989; H. Bucher-Schlichtenberger, Künstlerspuren in Balingen, in: 750 Jahre Stadt Balingen, 2005, 458 f.
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