Hitzfeld, Otto Maximilian 

Geburtsdatum/-ort: 07.05.1898;  Blasiwald/Schwarzwald, Kreis Waldshut
Sterbedatum/-ort: 06.12.1990;  Dossenheim
Beruf/Funktion:
  • General der Infanterie
Kurzbiografie: 1908-1915 Realschule in St. Georgen, Lörrach und Schopfheim
1915 I Mit Primareife Eintritt als Kriegsfreiwilliger in das 7. Badische Infanterie-Regiment Nr. 142 in Müllheim, im Juli Versetzung zum Feld-Regiment 142 in der Champagne
1916 II.18. Leutnant
1919 I Regimentsadjutant in der Demobilmachungsgarnison Staufen bei Müllheim; Adjutant des Badischen Freiwilligen-Bataillons Nr. II in Bruchsal, später Karlsruhe mit Umbenennung in 1. Bataillon des Infanterie-Regiments 113
1921 I Übernahme in die endgültige Reichswehr, Verwendung in der 3. Kompanie des Infanterie-Regiments 14 in Meiningen/Thüringen
1924 Adjutant des I. Bataillons im Infanterie-Regiment 14 in Meiningen
1925 IV.01. Oberleutnant
1928-1931 Nachrichtenoffizier des III. Bataillons und des Infanterie-Regiments 14 in Konstanz. Ernennung zum Sport- und Skilehrer
1931-1934 Adjutant des Lehrregiments an der Infanterie-, spätere Kriegsschule Dresden; 1934 Hauptmann
1934-1936 Chef der 4. Kompanie im Infanterie-Regiment 35 in Tübingen
1936 IV.01. Major
1936-1938 Inspektionschef, Taktik- und Kriegsgeschichtslehrer an der Kriegsschule Dresden. Abitur und sechs Semester Studium der Geschichte, Philosophie und Religionswissenschaften in Tübingen, Marburg und Heidelberg
1938 XI.10. Adjutant der Kriegsschule Wiener Neustadt. Zweimalige Verwendung beim Einmarsch in das Sudetenland als erster Generalstabsoffizier (Ia) einer Division
1939 VIII.01. Oberstleutnant
1939 XI-1940 X Kommandeur des III. Bataillons des Infanterie-Regiments 158 in Lauterbach (Hessen) und Einmarsch in Luxemburg, Belgien und Frankreich
1940 X Kommandeur des Infanterie-Regiments 593
1941 V (Hof in Bayern) im Verband der 323. Infanteriedivision. Mit diesem Regiment Besetzung der nordfranzösischen Atlantikküste. Anfang April 1941 im Raum Caen
1941 VII.13. Kommandeur des Infanterie-Regiments 213. 1942 VIII.08. im Verband der 73. Infanteriedivision in Rumänien und Rußland, Schwerpunkt Krim. Einsätze u. a. Sewastopol, Eroberung des Tatarengrabens
1941 X.10. Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
1942 I.01. Oberst; Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (als 65. Soldat); VIII.15. fünfte Verwundung vor Krasnodar (Kaukasus). Bis Ende 1942 Lazarettaufenthalte in Berlin und Badenweiler
1943 I-X Kommandeur der 102. Infanteriedivision im Mittelabschnitt der Ostfront
1943 IV.01. Generalmajor; XI.01. Generalleutnant. Kommandeur der Infanterieschule in Döberitz
1944 XI.01. Kommandierung an der Westfront. Mit der Führung des LXVII. Armeekorps beauftragt
1945 III.01. General der Infanterie. Ernennung zum Kommandierenden General des LXVII. Armeekorps; IV.02. mit der Übernahme der 11. Armee als Oberbefehlshaber beauftragt; IV.08.-IV.19. Kommandierender General des LXVII. Armeekorps
1945 V.09. Eichenlaub mit Schwertern des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes, verliehen durch Großadmiral Dönitz (als 158. Soldat)
1945 IV.19.-1947 V.15. Amerikanische Kriegsgefangenschaft in den Lagern Bad Wildungen, bei London, in der Normandie, Neustadt bei Marburg, Hersfeld, Allendorf bei Marburg, Oberursel, Dachau und Garmisch-Partenkirchen
1948 VI.20.-1963 V.31. Tätigkeit bei der Firma Teroson GmbH in Heidelberg, zuletzt als Abteilungsdirektor
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1. 1924 Meiningen/Thüringen, Hildegard, geb. Axthelm (1901-1924)
2. 1930 Konstanz, Adelheid Lucy Schafstock, geb. Völker (geb. 1901)
3. 1943 Heidelberg, Elfriede Emma Margareta, geb. Saurer (1913-1977)
Eltern: Georg (1869-1942), Hauptlehrer
Josephine, geb. Zäh (1877-1944)
Geschwister: 3 Schwestern, 1 Bruder
Kinder: aus 1. Ehe 1 Sohn (geb. 1924)
GND-ID: GND/118705296

Biografie: Horst Mühleisen (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 157-159

Die Familie Hitzfeld, deren Stammbaum bis 1658 nachgewiesen ist, stammt aus dem Odenwald. Schon früh wollte Hitzfeld Soldat, Offizier werden. Im Januar 1915 meldete er sich in Müllheim/Baden beim Infanterie-Regiment Nr. 142 als Kriegsfreiwilliger. Die Schwierigkeiten, angenommen zu werden, waren aber beträchtlich, denn Bedarf war nicht vorhanden. Schließlich erreichte Hitzfeld doch sein Ziel und wurde im Februar 1916 zum Leutnant ernannt. Der junge, tapfere Offizier bewährte sich außerordentlich und fand Verwendung als Zug- und Kompanieführer, Bataillonsadjudant in der Champagne, bei Tahure, an der Somne, Aisne, Verdun und am Kemmel in Belgien. Ausgezeichnet mit den beiden Eisernen Kreuzen und dem Ritterkreuz 2. Klasse mit Schwertern des Badischen Ordens vom Zähringer Löwen, wurde Hitzfeld kurz vor Kriegsende zum vierten Male verwundet. Nachdem der Waffenstillstand im November 1918 unterzeichnet worden war, marschierte das Regiment nach Staufen zurück.
Im Januar 1919 erhielt Hitzfeld die Ernennung zum Adjutanten des Badischen Freiwilligen Bataillons Nr. II und zwei Jahre später, 1921, erfolgte seine Übernahme in die endgültige Reichswehr. Seine Laufbahn war gekennzeichnet von Verwendungen als Truppenoffizier und Adjutant, so bei der Infanterieschule Dresden, wohin er im Herbst 1931 versetzt wurde. Dort erlebte Hitzfeld die nationalsozialistische „Machtergreifung“. Es ist nicht bekannt, wann er erstmals mit dem Nationalsozialismus in Berührung kam. Hitzfelds Erinnerungen enthalten hierzu keinen Hinweis. Er gehörte zu den Soldaten, die stets davon überzeugt waren, die allgemeine Wehrpflicht müsse wieder eingeführt werden. „Nationaler Aufbruch“ hieß die Losung, die viele blendete, auch Hitzfeld, dessen Erfahrungen, die er als Adjutant in Dresden gemacht hatte, so ausschlaggebend waren, daß er im November 1938 Adjutant der Kriegsschule Wiener Neustadt wurde, deren Kommandeur Oberst Rommel war. Über ihn schrieb Hitzfeld, er sei ein schwieriger Vorgesetzter gewesen, habe sich aber durch großen Mut ausgezeichnet.
Nach Ausbruch des Krieges erhielt Hitzfeld ein Bataillon, das er im Westfeldzug 1940 kommandierte. Im Juli 1941 wurde Hitzfeld Kommandeur des Infanterie-Regiments 213, das, nachdem am 22. Juni der Feldzug gegen die Sowjetunion begonnen hatte, durch die Nogaische Steppe südwärts auf die Halbinsel Kertsch vorstieß und die Befestigungszone bei Perekop und den „Tatarengraben“, die letzte Sicherung vor der Krim, angriff. Am 26. September 1941 hatte Hitzfelds Regiment den vom Armeeoberkommando 11 erteilten Auftrag, die Landenge bei Perekop zu öffnen, erfüllt. Damit war für die operative Führung die Voraussetzung geschaffen, um auf die Halbinsel Kertsch durchzustoßen. Das Infanterie-Regiment 213 verfolgte den Gegner und besetzte am 16. November die Stadt und den Hafen Kertsch. Nun war die 11. Armee im Besitz der Krim und der Kriegshafen von Sewastopol von starken deutschen Kräften eingeschlossen. Der Versuch, noch vor Jahreswechsel wenigstens die von Sewastopol ausgehenden Gefahren durch eine Eroberung der Festung zu bannen, scheiterte. Der am 17. Dezember begonnene Angriff der 11. Armee auf Sewastopol mußte am 31. Dezember 1941 eingestellt werden, nachdem starke sowjetische Kräfte am 26. Dezember bei Kertsch und am 29. Dezember bei Feodosia gelandet waren, was zum sofortigen Verlust der Halbinsel Kertsch führte, die in sowjetischem Besitz blieb. Am 15. Januar 1942 begann unter Führung von Hitzfelds Regiment der Gegenangriff, und es gelang, Feodosia am 18. Januar wieder einzunehmen. Die seit dem 8. Mai planmäßig verlaufende Offensive der 11. Armee an der Kertschfront endete am 15. Mai mit der erneuten Einnahme von Stadt und Hafen Kertsch. Der Angriff auf die Festung Sewastopol begann am 7. Juni 1942, die am 1. Juli fiel. Hitzfelds Regiment hatte an ihrer Eroberung einen entscheidenden Anteil, denn es war eines der ersten Angriffsspitzen, die die beherrschenden Höhen von Kertsch erreichte und diese hielt, um anschließend das Panzerwerk „Maxim Gorki I“, die stärkste und modernste Bastion der Festung, zu nehmen.
Im Januar 1943 wurde Hitzfeld Kommandeur der 102. Infanteriedivision, die im Raum um Rostow in schweren Abwehrkämpfen stand. Mit Umsicht führte er diese schlesische Division, um im Herbst desselben Jahres Kommandeur der Infanterieschule in Döberitz zu werden. Am 20. Juli 1944 indessen war er abwesend, so daß Hitzfeld für die verwirrende Befehlsgebung, die in Döberitz vorherrschte, als das Attentat geschah und der Staatsstreich versucht wurde, nicht verantwortlich war, sondern sein Stellvertreter, Oberst Ringler. Die Ernennung zum Kommandierenden General des LXVII. Armeekorps im Herbst desselben Jahres bedeutete für Hitzfeld, der nicht Generalstabsoffizier gewesen war, eine Auszeichnung. Dieses Korps sollte das rechte Flügelkorps bei der Ardennenoffensive werden, die Mitte Dezember begann und bereits nach wenigen Tagen abgebrochen wurde.
Zwei Geschehnisse in der Endphase des Krieges verdienen eine besondere Erwähnung: die Brücke von Remagen und die Rettung von Göttingen. Major Scheller, Hitzfelds Adjutant, wurde Kommandeur der Brücke und hatte den Auftrag, sie am 7. März 1945 zu sprengen; aber die Sprengung mißlang, und Scheller wurde dafür verantwortlich gemacht. In seinen Aufzeichnungen macht Hitzfeld deutlich, daß Feldmarschall Model, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, einen erheblichen Teil der Verantwortung für Schellers Verhaftung und Todesurteil trägt. Das Standgericht aber, das von Hitler selbst eingesetzt wurde, vernahm Hitzfeld nicht; dies war ein schweres und folgenreiches Versäumnis. Anfang April wurde Hitzfeld zum Oberbefehlshaber der 11. Armee ernannt. Er gab den Befehl, Göttingen zur „Freien Stadt“ zu erklären und nicht zu verteidigen, obgleich das Oberkommando der Heeresgruppe B nicht einverstanden war. Doch Hitzfeld widersetzte sich dem sinnlosen Befehl und hob alle bereits getroffenen Anordnungen auf. So blieb Göttingen unzerstört.
Mitte April 1945 geriet Hitzfeld in amerikanische Kriegsgefangenenschaft, die bis 1947 dauerte, und die er unter sehr deprimierenden Bedingungen verbrachte. Nach seiner Entlassung trat er bei der Firma Teroson ein, die Linoleum und Fußbodenkleber herstellt, und war zuletzt Abteilungsdirektor.
Hitzfeld gehört zu jenen Generalen, die, obgleich sie nicht dem Generalstab angehört hatten, militärische Großverbände mit Umsicht und taktischem wie operativem Können führten. Vorbildlich war seine Fürsorge für die ihm anvertrauten Soldaten, auch für die Gefangenen, solange sie in seinem Befehlsbereich waren. Seiner badischen Heimat, besonders seinem Geburtsort, blieb er stets verbunden.
Quellen: BA-MA Freiburg i. Br., Pers 6/196; N 117/2, Briefe Hitzfelds an Oberst Generalmajor Erwin Rommel; Msg 2/2014, Otto Hitzfeld, So wurde Göttingen gerettet!, in: Göttinger Tageblatt, Nr. 140 vom 19./20.06.1965; ders., Wer rettete Göttingen 1945?, in: Göttinger Tageblatt, Nr. 150 vom 01.07.1965; Percy Ernst Schramm (Hg.), Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtsstab) 1940-1945. Bd. IV: 1.1.1944-22.5.1945. 2. Halbbd., 1961, 1189; Schreiben des BA-MA vom 31.10.1994, des Bürgermeisteramtes Schluchsee vom 09.12.1994 und des Bürgermeisteramtes Dossenheim vom 05. und 09.01.1995
Werke: Ein Infanterist in zwei Weltkriegen. Erinnerungen 1898-1980, 1993 (Soldatenschicksale des 20. Jahrhunderts als Geschichtsquelle, Bd. 4) und die unter Quellen genannten Veröffentlichungen über Göttingen
Nachweis: Bildnachweise: Zahlreiche Fotos aus verschiedenen Lebensabschnitten in Werke

Literatur: Hermann Jung, Die Ardennen-Offensive 1944/45. Ein Beispiel für die Kriegsführung Hitlers, 1971 (Studien und Dokumente zur Geschichte des II. Weltkrieges, Bd. 12); Erich von Manstein, Verlorene Siege, 1955. Otto Hitzfeld, General der Infanterie, in: Dermot Bradley (Hg.) in Verbindung mit Markus Brockmann u. a., Deutschlands Generale und Admirale, Teil IV: Die Generale des Heeres 1921-1945, Bd. 5, 1999, 476-478
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