Stutz, Ulrich Georg 

Geburtsdatum/-ort: 05.05.1868; Zürich
Sterbedatum/-ort: 06.07.1938; Berlin
Beruf/Funktion:
  • Rechtshistoriker und Kirchenrechtslehrer
Kurzbiografie: 1887 Matura an der Kantonsschule (Gymnasium) Zürich
1887-1892 Studium der Rechte in Zürich bis 1889, danach in Berlin, dort Promotion zum Dr. jur. bei Paul Hinschius: „Die Verwaltung und Nutzung des kirchlichen Vermögens in den Gebieten des weströmischen Reichs von Konstantin dem Großen bis zum Eintritt der germanischen Stämme in die katholische Kirche“
1894 Erwerb der venia legendi in Basel (ohne förmliche Habilitation), Privatdozent
1895 Extraordinarius
1896 5. Sep. Berufung nach Freiburg i. Br. als Ordinarius für Deutsches Recht und Kirchenrecht
1904 Ordinarius in Bonn
1917 Ordinarius in Berlin
1936 Emeritierung
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Mitglied der Badischen Historischen Kommission (1900); Dr. phil. h. c. Freiburg (1912); Dr. theol. h. c. Zürich (1914); Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften (1918); Berufung in die Akademie für Deutsches Recht (1933)
Verheiratet: 1898 Elly, geb. Windelband (1879-1964), Tochter von Wilhelm Windelband
Eltern: Vater: Johann Ulrich (1826-1895), Sekundarlehrer und Privatdozent für Geologie in Zürich
Mutter: Emilie, geb. Finsler (1800-1863), Tochter von Johann Georg Finsler, Obergerichtspräsident in Zürich
Geschwister: 2
Kinder: 2: eine Tochter, verheiratet mit Siegfried Reicke (1897-1972), Prof. der Rechte in Heidelberg, die andere mit Hans Erich Feine (1890-1965), Prof. der Rechte in Tübingen
GND-ID: GND/118757652

Biografie: Alexander Hollerbach (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 275-276

Geprägt von der Historischen Rechtsschule gelang es Stutz, neben deren romanistischem und germanistischem Zweig die kirchliche Rechtsgeschichte als eigenständige Disziplin zu etablieren und dafür schulbildend zu wirken. Der historischen Epoche des von ihm so genannten „germanisch geprägten Kirchenrechts“ galt sein besonderes Interesse. Im Eigenkirchenwesen fand sie nach seiner Auffassung ihren spezifischen Ausdruck. Seine badische Zeit als Professor in Freiburg löste ihn nach seinen eigenen Worten „endgültig aus der behaglichen Enge kleiner Verhältnisse“. Sie brachte ihn, den schweizerischen Republikaner, erstmals mit der Monarchie in Deutschland in Berührung, und zwar in ihrer „lässigen süddeutsch-badischen Spielart“ (K. Stutz Bader). Erstmals begegnete er auch hautnah dem Katholizismus, für den er mehr und mehr ein „feines Einfühlungsvermögen“ (P. Mikat) entwickelte. Freiburg war zwar auf dem Weg nach Bonn und dann weiter nach Berlin, wo er auch kirchenpolitisch wirkte, nur eine Zwischenstation. Aber hier hat er sich weiter profiliert, hier wurden Weichen gestellt: Die Freiburger Antrittsrede über „Lehen und Pfründe“ (27. 10. 1899) und die Schrift „Das Münster zu Freiburg im Breisgau im Lichte rechtsgeschichtlicher Betrachtung“ (1901) machten seine Eigenkirchen- und Inkorporationsforschungen anschaulich. In Freiburg ist die 1. Auflage des „Kirchenrecht“ entstanden, eines Lehrbuchs im Rahmen der Enzyklopädie der Rechtswissenschaft (1904). Er hat damit eine erste Zwischenbilanz gezogen. Noch vor seiner programmatischen Rede über „Kirchliche Rechtsgeschichte“ (1905) hat er in diesem Buch eine solche im Grundriss vorweggenommen und zugleich einen Beitrag zum geltenden Kirchen- und Staatskirchenrecht geleistet, dies auf der Linie deutlicher Betonung liberaler Staatskirchenhoheit. In enger Verbindung mit seiner Wirksamkeit in Freiburg steht auch noch die Arbeit „Der neueste Stand des deutschen Bischofswahlrechts“ (1909); sie basiert auf Freiburger Vorlesungen über badisches Kirchenrecht. Seine Beziehungen zu Freiburg und Baden kamen auch später immer wieder zur Geltung. So hat er für die Universität Rechtsgutachten erstattet; im Zusammenhang mit der Entstehung der badischen Staatskirchenverträge von 1932 kam es zu einer bemerkenswerten Korrespondenz mit dem damaligen badischen Kultusminister Eugen Baumgartner. Schließlich gibt es auch für die herausragenden wissenschaftsorganisatorischen Leistungen und Verdienste von Stutz badische Wurzeln: 1902 hat er von Freiburg aus die Reihe der einflussreichen „Kirchenrechtlichen Abhandlungen“ begründet, hier ist er als Leiter der Germanistischen Abteilung in die Gesamtredaktion der Savigny-Zeitschrift eingetreten, für die er später (1910/11) die Kanonistische Abteilung begründet hat. Ganz allgemein war seine Rolle in der damals aufstrebenden Freiburger Universität beträchtlich. Ex parte historiae iuris trug er wesentlich zu der hohen Reputation bei, die Freiburg damals mit Gelehrten vom Range eines Alfred Dove oder Heinrich Finke als Vorort der Geschichtswissenschaft gewann.
Quellen: UA Freiburg i. Br., Personalakte.
Werke: Vollst. Bibliographie in Savigny-Zeitschrift Kan. Abt. 58, 1938, 686-763. Für die Freiburger Zeit außer dem gen. Schrifttum hervorzuheben: Was bedeutet d. Übergang zum Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuches für die ev. Kirche, insbesondere Badens, 1899 (Referat, gehalten auf d. ev. Diözesansynode zu Freiburg i. Br., 20. September 1899); Die Rechtsnatur des Verlöbnisses nach bürgerlichem Recht, 1900.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in Savigny-Zs., Kan. Abt. 58, 1938, II.

Literatur: P. Mikat, in: Staatslexikon Bd. VII, 1962 6. Aufl., 821-823; K. Stutz Bader, In memoriam U. Stutz, Alma mater, Beiträge zur Gesch. d. Univ. Bonn, H. 29, 1969 (32 Stutz, auch in K. Stutz Bader, Schriftenverz. zur Rechtsgesch, hg. von C. Schott, 1984, 548-576); A. Bauhofer, T. Bühler u. B. Schmid, Schweizer Beiträge zum Gedächtnis von U. Stutz, 1970; A. Hollerbach, Zur Geschichte d. Vertretung des Kirchenrechts an d. Univ. Freiburg im Br. im 19. Jh., Savigny-Zs., Kan. Abt. 90, 1973, 343-382; ders., Streiflichter zur Entstehungsgeschichte d. Bad. Staatskirchenverträge von 1932, Savigny-Zs., Kan. Abt. 92, 1975, 324-347; ders., Patronatspfarreien d. Freiburger Universität. Ein Rechtsgutachten von U. Stutz, in: FS für Hans Thieme zu seinem 80. Geburtstag, hg. v. K. Kroeschell, 1986, 377-390; P. Landau, U. Stutz u. d. Codex luris Canonici von 1917, Savigny-Zs., Kan. Abt. 105, 1988, 1-16; K. Fuchs, in: Bio-Bibliograph. Kirchenlexikon XI, 1996, 151 f.; A. Erler in: Handwörterb. zur Dt. Rechtsgeschichte V, 1998, 66-68; P. Landau, Kirchenrechtliche Zss. im 19. bis 20. Jh., in: Juristische Zeitschriften. Die neuen Medien des 18.-20. Jh.s, hg. v. Michael Stolleis, 1999, 331-378; G. May, in: Lexikon für Theologie u. Kirche. Bd. IX, 2000 3. Aufl., 1064.
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