Baumstark, Anton Carl Joseph Maria Dominikus 

Geburtsdatum/-ort: 04.08.1872;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 31.05.1948; Bonn
Beruf/Funktion:
  • Orientalist
Kurzbiografie: Volksschule Kirchhofen, Freiburg, Achern; Bürgerschule Achern; Gymnasium Freiburg, ab 1889 Großherzogliches Gymnasium Mannheim, dort 1890 Abitur
1890-1894 Studium der klassischen und orientalischen Philologie (Heidelberg)
1891-1892 Studium Freiburg, zusätzlich Geschichte und Archäologie
1892-1894 Studium Leipzig
1894 Promotion Dr. phil. Leipzig. Thema der Dissertation: Lucubrationes Syro-Graecae; Staatsexamen; Lehramtspraktikant Karlsruhe und Heidelberg
1898 Habilitation Heidelberg – Thema der Habilitationsschrift: Syrisch-arabische Biographien des Aristoteles, Thema der Antrittsvorlesung: Der Pessimismus in der griechischen Lyrik vom 8. bis 5. Jahrhundert
1899-1904 Studienaufenthalt Campo Santo Teutonico Rom
1901 Mitbegründer des „Oriens Christianus“; zunächst dessen Schriftleiter (bis 1905); dann dessen Herausgeber (1911-1941)
1904-1905 Orientreise (Palästina, Ägypten)
1906-1921 Lehrer an der Heimschule Lender (Sasbach)
1921 Übernahme in den preußischen höheren Schuldienst als Studienrat in Siegburg; danach in Köln und Koblenz
1921-1930 Honorarprof. für Geschichte und Kultur des christlichen Orients und der orientalischen Liturgie (Bonn)
1923-1930 zugleich mit Lehrauftrag für semitische Sprachen und vergleichende Liturgiewissenschaft (Katholische Universität Nijmegen)
1925 Dr. theol. h. c. (Bonn)
1925-1940 zugleich mit Lehrauftrag für Arabische Sprache und Islamkunde (Utrecht)
1930-1935 Ordentlicher Prof. für Orientalistik und Semitische Philologie (Münster)
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1909 Frieda Anna, geb. Tröndle
Eltern: Vater: Reinhold Baumstark, Landgerichtspräsident und Politiker
Mutter: Clementine, geb. Beck
Geschwister: keine
Kinder: 14 (9 Söhne, 5 Töchter)
GND-ID: GND/118932454

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 14-16

Baumstark entstammte einer im süddeutschen Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts stark verwurzelten Familie. Der Großvater war Professor der Klassischen Philologie in Freiburg, der Vater Jurist und später, nach seiner Konversion zum Katholizismus, einer der führenden badischen Zentrumspolitiker der Kulturkampfjahre. Seinem Geschlecht verdankte Baumstark gleichermaßen die intellektuelle Begabung wie die ungewöhnliche physische Vitalität. Erzogen wurde er im Geiste betont nationaler Haltung und streng kirchlicher Gesinnung.
In Konstanz erblickte er das Licht der Welt. Sein Taufpate war der ebenfalls in Konstanz gebürtige F. X. Lender, damals in den Tagen des badischen Kirchenstreits der politische Kampfgefährte des Vaters. Nach Ablegung des Abiturs entschied sich Baumstark für das Studium der orientalischen Sprachen, belegte aber auf ausdrücklichen Wunsch seines Vaters auch Klassische Philologie, um später im höheren Lehrberuf ein gesichertes Einkommen zu haben. Bereits seine Dissertation aus dem Gebiet der griechisch-syrischen Übersetzungsliteratur machte die ganze Spannweite des von Baumstark betriebenen Studiums sichtbar. Entgegen den üblichen Gepflogenheiten habilitierte er sich für Klassische und Orientalische Philologie zugleich.
Starke Impulse für seine künftige Gelehrtentätigkeit erhielt er durch einen Studienaufenthalt am Campo Santo Teutonico, den ihm der Rektor des dortigen Priesterkollegs, Anton de Waal, ermöglichte. Dieser hatte das bescheidene Hospiz neben dem Petersdom zu einem bedeutenden Zentrum historischer und archäologischer Forschungen aufgebaut. Für Baumstark war es Ehre und Ansporn zugleich, als einziger Laie in einem nur von Klerikern bewohnten Haus leben und wissenschaftlich arbeiten zu dürfen. Der römische Aufenthalt bewirkte, daß sich der junge Dozent künftig auch den christlichen Literaturen des Orients, der christlichen Archäologie und den orientalischen Liturgien zuwandte. Vorrangig suchte er zu erforschen, welche Anregungen die junge christliche Liturgie der Synagoge und der hellenistischen Umwelt verdankt; gleichzeitig konnte er auch Einflüsse jüdischer und christlicher Gebetstypen auf den Koran nachweisen.
Zusammen mit Baumstark gab de Waal seit 1901 neben der „Römischen Quartalschrift für christliche Altertumskunde und für Kirchengeschichte“ den „Oriens Christianus“ als zweites Fachorgan heraus, dessen Erscheinen bis 1941 nahezu ununterbrochen von Baumstark besorgt wurde.
Im Anschluß an eine längere Orientreise kehrte er 1905 endgültig nach Deutschland zurück, fand aber nicht mehr den Anschluß an eine Hochschule. Er betätigte sich daher zunächst als Privatgelehrter, bis ihn Lender an die Heimschule in Sasbach rief. Entgegen der ursprünglichen Absicht, lediglich einen kranken Lehrer zu vertreten, unterrichtete er dort 15 Jahre lang neben Deutsch, Französisch und Italienisch hauptsächlich alte Sprachen.
Baumstark hat das höhere Lehramt mit großer Gewissenhaftigkeit und mit einem hohen persönlichen Einsatz ausgeübt. Umso bemerkenswerter ist, daß er dennoch die Kraft fand, sich durch intensive Studien sowie durch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und Fachvorträge die Anwartschaft auf eine akademische Laufbahn offenzuhalten. Moralische Unterstützung fand er vornehmlich bei dem Freiburger Dogmatiker E. Krebs, der ihn immer wieder in seiner Absicht bestärkte, an die Hochschule zurückzukehren. Baumstark war nahezu 50 Jahre alt, als er, 1921 formell in den preußischen höheren Schuldienst übernommen, sofort für eine akademische Tätigkeit als Honorarprofessor an der Universität Bonn freigestellt wurde. Einige Jahre später übernahm er zudem die ihm angetragenen Lehraufträge in Nijmegen (1923) und Utrecht (1925).
Zwischenzeitlich hatte sich Baumstark auch der abendländischen Liturgiegeschichte zugewandt. Der Anstoß war vom Kloster Maria Laach gekommen: Abt Ildefons Herwegen hatte ihn in den schweren Tagen der Nachkriegszeit in die klösterliche Stille eingeladen und ihn dazu angeregt, der abendländischen Liturgieforschung sein reiches Wissen zur Verfügung zu stellen. Hauptsächlich wegen dieser Verdienste ehrte ihn 1925 die Theologische Fakultät der Universität Bonn mit der nur selten an Laien verliehenen Ehrendoktorwürde.
Den Höhepunkt seiner Hochschullaufbahn erreichte Baumstark mit der Berufung zum ordentlichen öffentlichen Professor für Orientalistik und Semitische Philologie nach Münster (1930), wobei er noch bis 1940 seinen Lehrauftrag in Utrecht innehatte. Für die damals noch ungebrochene Schaffenskraft Baumstarks spricht, daß er sich neben seinen bisherigen Arbeitsgebieten nunmehr in verstärktem Maße auch der Erforschung der biblischen Texte (Altes Testament und Neues Testament) zuwandte.
Baumstark, der ein glänzender Philologe war, war es eindrucksvoll gelungen, die ihm aus der Sprachwissenschaft vertraute vergleichende Methode auch für die Liturgieforschung nutzbar zu machen. In den Fachkreisen zollte man ihm Respekt und Anerkennung. Wenn sich auch seine Hypothesen nicht immer als haltbar erwiesen, so haben sie doch die weitere Forschung nachhaltig angeregt. Sicher war dem Ruhm Baumstarks abträglich, daß gerade seinen bahnbrechenden Publikationen wegen des schwerfälligen und daher stellenweise schwer lesbaren Stils die durchaus verdiente Breitenwirkung versagt blieb. Unbestritten dagegen sind die Verdienste, die sich Baumstark durch zahlreiche Artikel und ausführliche Rezensionen erworben hat, die der Popularisierung seiner eigenen Forschungsergebnisse sowie der seiner Fachkollegen überaus dienlich waren.
Weltanschaulich war Baumstark maßgeblich durch das schon im Elternhaus grundgelegte Treuebekenntnis zu Kirche und Staat geprägt. Er war Monarchist und schloß sich später den Deutschnationalen an. Eine Zeitlang sah er im Nationalsozialismus eine ernstzunehmende Bewegung im Dienste der nationalen Erneuerung. Wie viele seiner Zeitgenossen vollzog auch er einen deutlichen Gesinnungswandel, nachdem ihm die Menschenverachtung und die Glaubensfeindlichkeit des politischen Systems voll zum Bewußtsein gekommen waren.
Nach seiner Emeritierung (1935) kehrte Baumstark nach Bonn zurück, wo er sich ausschließlich seiner wissenschaftlichen Arbeit und seiner großen Familie widmete. Der Kriegstod zweier Söhne und eines Schwiegersohnes überschattete seine letzten Lebensjahre.
Werke: Bibliographie A. Baumstark, in: Ephemerides Liturgicae Bd. 63, Rom 1949, 188-207; Bibliographische Ergänzungen ferner bei G. Berger, s. u. Lit., a. a. O., 199-200.
Nachweis: Bildnachweise: Foto: StAF, Bildnissammlung.

Literatur: FS A. Baumstark zum 60. Geb., hg. von A. Rücker, in: Oriens Christianus Bd. 29 (= 3. Serie 7. Bd.), Leipzig 1932; A. Rücker, A. Baumstark zum 60. Geb., in: Litterae Orientales H. 52, Leipzig 1932, 1-11; Th. Klauser, A. Baumstark, in: Ephemerides Liturgicae Bd. 63, Rom 1949, 185-187; J. Ortiz de Urbina, A. Baumstark, in: Enciclopedia Cattolica Bd. 2, Rom 1949, 1065-1066; T. Merz, Univ. Prof. A. Baumstark, in: 75 Jahre Heimschule Lender 1875-1950, Hg. Heimschule Lender, Bühl 1950, 42-44; B. Botte, Préface à A. Baumstark, in: A. Baumstark, Liturgie Comparée, Chevetogne, 3. Aufl. 1953, V-IX; G. Graf, Zum Geleit u. z. Andenken an A. Baumstark, in: Oriens Christianus Bd. 37 (= 4. Serie 1. Bd.), Wiesbaden 1953, 1-3; O. Spies, A. Baumstark, in: NDB Bd. 1, Berlin 1953, 669; G. Berger, Ein großer Gelehrter u. ein großer Christ, in: Der Sasbacher, Hg. Heimschule Lender, Bühl 1969, 192-200; W. Guldenfels, Erinnerungen an A. Baumstark, in: Der Sasbacher, Hg. Heimschule Lender, Bühl 1973, 113-117; ders., A. Baumstark in: Heimschule Lender 1875-1975, Hg. Heimschule Lender, Bühl 1975, 81-84.
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