Schönleber, Gustav 

Geburtsdatum/-ort: 03.12.1851;  Bietigheim (Württemberg)
Sterbedatum/-ort: 01.02.1917;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1857-1864 Volks- und Lateinschule in Bietigheim
1865 Gymnasium Stuttgart
1866-1868 Maschinenbaulehre in Hemmingen
1868 Oberrealschule Ludwigsburg und Esslingen
1869 Polytechnikum Stuttgart
1870-1873 Ausbildung in der privaten Malschule des Landschafters Adolf Lier in München
1880 Berufung an die Großherzoglich Badische Kunstschule in Karlsruhe als Prof. für Landschaftsmalerei
1911 Pour le mérite für Wissenschaft und Künste, Ehrendoktorwürde der Universität Freiburg i. Br.
1913 Rücktritt vom Lehramt an der Karlsruher Akademie
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 11. 4. 1882 Luise, geb. Deffner aus Esslingen (1861-1940)
Eltern: Vater: Friedrich Schönleber (1818-1876), Kaufmann in Bietigheim und Esslingen
Mutter: Heinrike Mathilde, geb. Langer, aus Wimpfen (1824-1898)
Geschwister: Friedrich, Theodor, Eduard, Max, Julie (verheiratet mit Hermann Baisch, Maler), Sophie, Hermann, Charlotte, Mathilde
Kinder: 3: Margarete (1883-1967), Felix (1885-1911), Bildhauer, Hans Otto (1889-1930), Arzt und Graphiker (verheiratet mit Gertrud Hoch)
GND-ID: GND/118964399

Biografie: Renate Miller-Gruber (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 251-252

Schönleber hatte sich von Anfang an und ausschließlich dem Landschaftsfach zugewendet. Nach ersten zeichnerischen Versuchen lernte er ohne akademische Vorbildung in der Malschule Adolf Liers durch Kopieren altholländischer Landschaften und von Gemälden, die Lier von der eigenen Studienzeit aus Frankreich mitgebracht hatte. So wurden für Schönleber neben der Münchner Malertradition besonders die Arbeiten der Schule von Barbizon (Dupré, Daubigny u. a.) mit ihren einfachen, stimmungsvollen Bildmotiven zur Grundlage seiner Malerei und seiner Auffassung von Landschaft. Für die Ausprägung seines persönlichen Stils war ferner eingehendes Naturstudium in der näheren Umgebung und vor allem auf Studienreisen entscheidend, die Schönleber in den ersten Jahren nach Venedig, Genua und Holland unternahm. In den frühen Studien, die bescheiden im Motiv und im Anspruch waren (Obstbude in Venedig, 1871, Salita in Genua, 1872, beide Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle), zeichnete er sich durch sichere, flächige Gestaltung sowie frische, helle Farbgebung aus. Durch Ausstellung und Verkauf seiner großen, im Atelier komponierten Bilder, bei denen die akribische Ausführung, der Reichtum im Detail und die farbliche Ausgewogenheit auffallen (Fischerflotte bei Murano, 1876, Bremen, Kunsthalle), gelangte Schönleber schnell zu Anerkennung und Erfolg. Mit einem großen Illustrationsauftrag, der ihn Mitte der 70er Jahre an die deutsche Nord- und Ostsee führte, stellte er seine zeichnerischen Qualitäten unter Beweis.
Die Berufung an die Großherzoglich Badische Kunstschule nach Karlsruhe als Professor für Landschaftsmalerei schuf ihm die materielle und gesellschaftliche Grundlage für seine weitere Entwicklung. Als Studiengebiete bevorzugte Schönleber nun die Hafenstädte, die Dörfer und Küsten Hollands. Mit den dort entstandenen Arbeiten der frühen 80er Jahre, in denen er nördliche Landschaften, Licht und Atmosphäre in ansprechenden, farblich fein differenzierten Ansichten meisterhaft darstellte, erreichte er einen malerischen Höhepunkt (Holländisches Dorf, 1882, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle; Häuser in Vlissingen, 1885, München, Bayrische Staatsgemäldesammlung). Bezeichnend ist seine Vorliebe für Schauplätze des alltäglichen Lebens, Rückseiten von Häusern, Uferszenen, Menschen bei der Arbeit, dies alles weniger kritisch gesehen, sondern ästhetisch, eingehüllt in eine Art „Werktagsromantik“.
Ab Mitte der 80er Jahre, als Schönleber vermehrt italienische Studiengebiete aufsuchte – neben Rom und Venedig nun vor allem die Riviera –, gelangte er in der Darstellung felsiger Küstenpartien und des Meeres zu neuer farblicher Intensität und Ausdruckskraft. Daneben wurde er durch die Hinwendung zur Landschaft seiner schwäbischen Heimat einem breiteren Publikum bekannt, die er in zahlreichen charakteristischen Ansichten bei verschiedenen Jahreszeiten und Stimmungen darstellte (Mondnacht an der Enz, 1890, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle; Besigheim, 1900, Freiburg, Augustinermuseum). Als offiziell anerkannter Maler der Zeit erhielt Schönleber zwei große Aufträge für das Reichstagsgebäude in Berlin (Straßburg 1897, Rothenburg 1908). Die Arbeiten um und nach der Jahrhundertwende, mit Szenen von der belgischen Küste sowie Stadtansichten von Siena, Brügge und Straßburg, sind bestimmt durch eine deutliche Reduktion der Motive sowie durch sparsamen, zeichnerischen Farbauftrag (Ölkreiden). Sein in über 40 Arbeitsjahren entstandenes, umfangreiches Oeuvre läßt eine Entwicklung von erzählerischer Fülle und Detailfreude zu eher stilllebenhaften, motivisch beschränkten Szenen erkennen, es bleibt jedoch in seinem Themenkreis (Architektur, Wasser, Atmosphäre) sehr konstant. Auch in stilistischer Hinsicht erscheinen seine Werke, trotz Annäherung an moderne Strömungen (Jugendstil, Symbolismus), ohne revolutionäre Neuerungen oder Brüche, beherrscht von einer etwas „nostalgischen“, harmonisierenden Sicht. Unter den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie z. B. Max Liebermann, Arnold Böcklin und Hans Thoma, nimmt Schönleber, der zahlreiche Auszeichnungen erhielt, bei großen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten und Mitglied wichtiger künstlerischer Gremien war, einen beachtenswerten Platz ein.
Von besonderer Bedeutung war darüber hinaus seine Tätigkeit als Lehrer. Zusammen mit seinem Schwager, dem Tiermaler Hermann Baisch, gilt Schönleber in der Nachfolge J. W. Schirmers und H. F. Gudes als Hauptvertreter der Karlsruher Landschafterschule. Durch Einrichtung eines Ateliers mit Ober- und Seitenlicht, in dem unter Freilichtbedingungen nach „Stillleben landschaftlicher Natur“ gemalt werden konnte, nahm die Karlsruher Kunstschule eine führende Stellung in Deutschland ein und zog zahlreiche Maler an. Zu den bedeutensten Schülern Schönlebers zählen Friedrich Kallmorgen, Gustav Kampmann, Paul von Ravenstein, Max Roman, Rudolf Hellwag, Franz Hoch, Adolf Luntz, Walter Strich-Chapell u. a.
Werke: (Auswahl): Berlin, Nationalgalerie; Bremen, Kunsthalle; Dresden, Staatl. Kunstsammlungen; Frankfurt, Städel. Kunstinstitut; Freiburg, Augustiner Museum; Karlsruhe, Staatl. Kunsthalle, Städt. Galerie; Mannheim, Städt. Kunsthalle; München, Bayer. Staatsgemäldesammlungen, Städt. Galerie im Lenbachhaus; Münster, Westf. Landesmuseum; Schweinfurt, Slg. Georg Schäfer; Stuttgart, Staatsgalerie, Städt. Galerie; Notizen zu meinem Leben, in: Die Rheinlande 11, 1906, 1-6.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in: J. A. Beringer, vgl. Lit.

Literatur: Wilhelm Schäfer, G. Schönleber. Ein deutscher Maler, in: Die Rheinlande 11, 1906, 9-13; Anna Spier, G. Schönleber, in: Die Kunst unserer Zeit 20, 1909, 79-102; Theodor Heuss, G. Schönleber, in: Von Schwäbischer Scholle. Kalender für Schwäbische Literatur und Kunst 1916, Heilbronn 1915, 53-58; Beringer-Theilmann, 103, 272; Otto Fischer, Schwäbische Malerei des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1925; Peter Beye, Schwäbische Malerei um 1900, Konstanz 1964; Renate Miller-Gruber, G. Schönleber (1851-1917). Monographie und Werkverzeichnis (Phil. Diss. Freiburg 1984). Karlsruhe 1987.
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