Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Karl Fürst zu 

Geburtsdatum/-ort: 08.02.1904; Kleinheubach/Unterfranken
Sterbedatum/-ort: 23.08.1990;  Neutrauchburg
Beruf/Funktion:
  • Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
Kurzbiografie: 1916 Schüler im Jesuitenkolleg Feldkirch
1922 Reifeprüfung; Studium der Philosophie am Institut für scholastische Philosophie der Gesellschaft Jesu sowie der Rechts- und Staatswissenschaft an der Universität Innsbruck
1925/26 an der Universität München
1926 Promotion (Graf Georg von Hertling als Staats- und Sozialphilosoph) zum Dr. phil. in Innsbruck
1926-1928 Fortsetzung des Rechtsstudiums in Würzburg; Staatsexamen und Promotion bei Ernst Mayer (Erbverzicht und Abfindungsvertrag) zum Dr. jur.
1933-1938 Verbandsführer der katholischen Studentenverbindung Unitas
1939 Eingezogen zum Kriegsdienst, Verwundung im Polenfeldzug, zuletzt Rittmeister
1947 Organisator der „Katholischen Aktion“ im Bistum Würzburg
1949-1968 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
1967 Mitglied des Vatikanischen Laienrats
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Auszeichnungen: Königlich-Bayrischer Haus-Ritterorden vom Hl. Georg
Eisernes Kreuz I. Klasse
Großkreuz des päpstlichen St. Gregorius-Ordens
Großes Malteserkreuz
Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband
Orden vom Goldenen Vlies
Bayerischer Verdienstorden
Verheiratet: 1935 Rom, Carolina dei Conti Rignon (1904-1975)
Eltern: Alois (1871-1952)
Josephine (1874-1946), geb. Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau
Geschwister: 3 Brüder, 5 Schwestern
Kinder: 1 Sohn, 6 Töchter
GND-ID: GND/119002094

Biografie: Volker Rödel (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 225-227

Löwenstein-Wertheim-Rosenberg durchlief rasch einen qualifizierten Bildungsgang, beginnend wie beim Vater mit dem Jesuitenkolleg in Feldkirch und gekrönt von zwei Promotionen. Es äußerte sich darin das vom Großvater überkommene Arbeitsethos, das sich aus Tradition und Neigung wiederum in den Dienst des deutschen Laienkatholizismus stellte. Schon die zunächst gewählte Hochschule und das Thema seiner philosophischen Dissertation zeichnen dies vor; das mit einer Dissertation aus dem Gebiet des bürgerlichen Rechts abgeschlossene Jurastudium, das seinerseits eine Bürgerliche Beamtenkarriere ermöglicht hätte, weist auf die von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg nach wie vor als öffentlich verstandene Position des Adels, der nach 1918 funktionslos geworden zu sein schien. Seit 1933 an der Spitze der katholischen Studentenverbindungen Unitas, vermochte er deren Belange in schwieriger Zeit noch bis zum Verbot 1938 zu wahren. 1936 hatte man als Reaktion auf das Verbot konfessioneller Verbindungen die Zulassung auch evangelischer Studenten beschlossen, eine aus der Not geborene Konzession, die aber Löwenstein-Wertheim-Rosenbergs späteres ökumenisches Engagement vorzeichnete. Das Verbot der Unitas hatte eine Wohnungsdurchsuchung durch die Gestapo zur Folge. Mit Carolina Gräfin Rignon aus Turin schloß er die Ehe; der mit der Braut verwandte Kardinal-Staatssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., nahm 1935 in Rom die Trauung vor. Wohnsitz war bis 1986 der Familienbesitz Bronnbach an der Tauber. Löwenstein-Wertheim-Rosenberg wurde 1939 eingezogen und nahm, zuletzt als Rittmeister, bis zum Ende, als er aus dem eingeschlossenen Königsberg noch entkommen konnte, am II. Weltkrieg teil, mehrfach verwundet und Verschonung vom Fronteinsatz ablehnend.
1947 konnte ihn der Bischof von Würzburg als Leiter der Laienbewegung in seinem Bistum gewinnen, und im Jahr darauf wurde er in Mainz beim ersten Katholikentag der Nachkriegszeit in der Nachfolge seines Vaters, jedoch nicht einfach aus Traditionsbewußtsein, sondern dank seiner „natürlichen Autorität“, zum Präsidenten des Zentralkomitees gewählt. Dieses Gremium, aus dem sich 1952 als eine Arbeitsgemeinschaft der Verbände und Diözesanvertreter das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ bildete, leitete er als der höchste Repräsentant des deutschen Laienkatholizismus fast zwanzig Jahre lang und verantwortete neun Katholikentage. Schon 1949 suchte man das Not leidende Ruhrgebiet auf und tagte in einer Werkhalle des „Bochumer Vereins“, deren reparationsbedingten Abbruch Löwenstein-Wertheim-Rosenberg durch Intervention beim amerikanischen Hohen Kommissar zu verhindern gewußt hatte. 1952 und 1958 wurde als Tagungsort Berlin gewählt, um die Verbindung mit den Katholiken der DDR möglichst aufrechtzuerhalten und dabei die Auseinandersetzung mit dem dialektischen und historischen Materialismus zu suchen. 1954 in Fulda nahmen erstmals zahlreiche Vertreter des Episkopats teil, aus dessen Reihen man den Katholikentagen als Laienaktivität im nationalen Rahmen nicht selten mit Argwohn begegnet war. Auch gelang es Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, den Eindruck zu vermeiden, als handle es sich dabei um CDU-Veranstaltungen. Diskret vermittelte er, wo es galt, durch Zusammenarbeit mit Protestanten in christlichem Sinn auf die Politik einzuwirken. Schon 1951 bestanden enge und herzliche Beziehungen zum künftigen Präsidenten der Deutschen Evangelischen Kirchentage, und bald leitete er mit diesem zusammen ökumenische Treffen, die viel zum Verständnis zwischen den Konfessionen beitrugen. Der Katholischen Deutschen Akademikerschaft gab er bei ihrer Wiedergründung 1949 auf, zur „Wiederverchristlichung unseres Standes und unseres Volkes“ als Laien am hierarchischen Apostolat der Kirche mitzuarbeiten und rief ausdrücklich auch zur Mitwirkung im Staat und in den politischen Parteien auf.
Kompromißlos war er in seiner Treue zur Kirche. Öffentliche Kritik an ihr und ihren Amtsträgern war für Löwenstein-Wertheim-Rosenberg tabu; ja es wurde ihm eine „fast kindliche Loyalität“ zu Papst und Kirche nachgesagt. Seine aus adligem Selbstverständnis herrührende Autorität erlaubte ihm einen offenen Gedankenaustausch mit den Bischöfen, und auch im Vatikan trug er seine Ansichten vor. Die Not in der Dritten Welt lernte er auf vielen Reisen kennen; bereits in den 1950er Jahren initiierte er zahlreiche Hilfsaktionen für die notleidenden Bevölkerungen in Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, um so das Zusammenwachsen der Menschen „zur einen Welt“ zu beschleunigen. Früh nahm er in Vorträgen vorweg, was das Zweite Vatikanische Konzil zum apostolischen Auftrag der Laien in der Welt beschloß. Dem trug auch seine Mitgliedschaft im „Internationalen Kongress des Laienapostolats“ (COPECIAL) Rechnung, der regelmäßig in Rom tagte, ohne eigentlich berufen zu sein. Als einen der wenigen Nichtitaliener berief Papst Paul VI. Löwenstein-Wertheim-Rosenberg 1967 in den neu formierten päpstlichen Laienrat, die offiziöse Fortsetzung des COPECIAL. Seinen schon Jahre zuvor gefaßten Entschluß, 1968 nicht mehr für die Präsidentschaft des Zentralkomitees zu kandidieren, mag eine Medienkampagne des Jahres 1967, die sein Verhalten während der 1930er Jahre kritisierte, bekräftigt haben. Gleichwohl ließ er noch bis 1984 dem Zentralkomitee seinen Rat bzw. – im Fall der „Kölner Erklärung“ seine deutliche Kritik angedeihen. 1970 wurde er Mitglied der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland und war dort gemäß seiner Neigung in der „Kommission für Ökumene, Weltmission und Schwerpunkte internationaler Arbeit“ tätig, wo er „im Hintergrund eine Atmosphäre des Verstehens und der Dialogbereitschaft“ schuf.
Mit Löwenstein-Wertheim-Rosenbergs bemerkenswerten Fähigkeiten als Moderator in Glaubens- und Kirchenfragen ging eine traditionalistische Gesamthaltung einher, der selbst die eigenen wirtschaftlichen Belange, die durch die Enteignung des umfangreichen Grundbesitzes in Böhmen 1945 ohnedies bedrohlich geschmälert waren, wenig galten. Strenge mit sich selbst und mit der Familie paarte sich mit Freigebigkeit und Leutseligkeit im persönlichen Umfeld. Als markante Persönlichkeit verkörperte Löwenstein-Wertheim-Rosenberg bis fast ans Ende des 20. Jahrhunderts eine selten gewordene altadlige Seinsweise, die sich vorbehaltlos und opfervoll in den Dienst der Gemeinschaft stellt.
Quellen: Nachlaß im StA Wertheim
Werke: Die Aufgaben des katholischen Akademikers, 1949; ca. 20 Artikel in der RGG bzw. Zeitschriften (Communio; Blätter der deutschen katholischen Akademikerschaft)
Nachweis: Bildnachweise: KNA; StA Wertheim

Literatur: G. Heinrichs in: Würzburger katholisches Sonntagsblatt vom 02.09.1990; I. Löwenstein, in: Deutsche Tagespost vom 30.08.1990; Th. Großmann, Zwischen Kirche und Staat. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken 1945-1970, 1991
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