Walz, Ernst Friedrich Joseph 

Geburtsdatum/-ort: ..;  Heidelberg
Sterbedatum/-ort: 18.12.1941;  Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister
Kurzbiografie: 1877 Abitur am Gymnasium zu Heidelberg
1877-1881 Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg
1881 1. juristisches Staatsexamen
1881-1882 Einjährig-Freiwilliger im 2. Badischen Grenadierregiment Kaiser Wilhelm Nr. 110
1881-1884 noch während der Militärdienstzeit Rechtspraktikant an verschiedenen staatlichen Behörden in Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim
1884 2. juristische Staatsprüfung
1884-1886 Dienst beim Amtsgericht Weinheim, bei den Staatsanwaltschaften Konstanz und Mannheim und im Justizministerium
1886 2. Bürgermeister von Heidelberg (Mitte April), dann 1. Bürgermeister (ab 9. 7.) (Wiederwahlen 1895, 1904, 1913); Promotion zum Dr. iur.
1900 Habilitation an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über „Das Badische Ortsstraßenrecht“
1902 außerordentlicher Professor
1909 ordentlicher Honorarprof.
1913 Wahl zum Oberbürgermeister von Heidelberg (Wiederwahl 1922)
1926 Ehrenbürger von Heidelberg, Ehrensenator der Universität
1928 aus Altersgründen Ausscheiden aus dem Amt
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 25.4.1889 Margarete, geb. Becker (geb. 21.3.1866 Wien, ev., Tochter des ordentlichen Prof.s der Augenheilkunde Otto Becker, gest. 13.12.1932 Halle)
Eltern: Vater: Georg Friedrich Walz, außerordentlicher Prof. der Chemie (Pharmakologie) in Heidelberg (geb. 24.7.1813 Heppenheim, ev., gest. 29.3.1862 Zwingenberg)
Mutter: Franzisca Antonia Josepha, geb. Martin (geb. 28.3.1828 Kronach/Oberfranken, rk., gest. 2.11.1918 Heidelberg)
Geschwister: 8 (davon 2 Halbgeschwister aus der 1. Ehe des Vaters)
Kinder: 2: Ilse (1893-1975); Alfred (1898-1947)
GND-ID: GND/11902778X

Biografie: Rudolf Benl (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 305-306

Walz' Leben spielte sich fast vollständig in Heidelberg ab. Selbst seine Studienjahre verbrachte Walz ausschließlich in der Vaterstadt. Von den Dozenten beeindruckten ihn besonders Bekker und Renaud, dagegen fand er den berühmten Bluntschli „entsetzlich langweilig“. 1886, im Jahr des Universitätsjubiläums, stellte sich Walz der Vaterstadt zur Vertretung des erkrankten 1. Bürgermeisters Sagelsdorff als 2., nach Sagelsdorffs baldigem Tode als 1. Bürgermeister zur Verfügung. Zu seinen Aufgaben gehörten das städtische Bauwesen, die Gemeindegerichtsbarkeit und das Fürsorgewesen. Die beiden letzteren Bereiche gab Walz 1901 an den neugewählten 2. Bürgermeister Wielandt ab. Besondere Verdienste erwarb sich Walz durch die Arbeit an einer zeitgemäßen Bauordnung sowie durch die Revision und Neuaufstellung der städtischen Baupläne (Stadterweiterungspläne). Sein Wirken kam wesentlich der entstehenden Weststadt zugute. Walz arbeitete sich so gründlich in das Gebiet des städtischen Bau- und Straßenwesens ein, daß er das Ergänzungsgesetz vom 6. Juli 1896 zum badischen Ortsstraßengesetz entwerfen, sich zudem mit einem Werk über „Das Badische Ortsstraßenrecht“, erschienen 1900, für Verwaltungsrecht habilitieren konnte. In seinen Vorlesungen behandelte Walz badisches Staats- und Verwaltungsrecht, deutsches Bau- und Wohnrecht sowie Fragen der Sozialgesetzgebung. Nach dem Wintersemester 1913/14 hat Walz die Vorlesungstätigkeit eingestellt.
Walz' Amtszeit als Oberbürgermeister fiel in die harten Kriegs- und Nachkriegsjahre. Der Wohnungsnot suchte er u. a. durch die Anlage der Siedlungen Pfaffengrund und Pfädelsäcker sowie die Bebauung des Geländes des ehemaligen Atzelhofes zu steuern. Arbeitskräfte wurden im Straßen- und Wegebau und bei der Durchführung der Schwemmkanalisation gebunden. Die Verstärkung der städtischen Wasserversorgung erzielte man 1927 aufwandsparend im Anschluß an das von der Stadt Mannheim errichtete Pumpwerk im unteren Hardtwald. Gegen Ende seiner Amtszeit konnte Walz noch die bis 1933 und dann – nach Sprengung und Neuaufbau – wieder seit 1952 seinen Namen tragende dritte Neckarbrücke dem Verkehr übergeben. Der Neckarkanalisierung stand Walz lange ablehnend gegenüber, mußte sich aber ins Unvermeidliche fügen, wobei er bemüht war, das Beste aus dem Vorhaben herauszuschlagen. Während seiner Amtszeit wurden Wieblingen (1920), Kirchheim (1920) und Rohrbach (1927) eingemeindet. Weiteren Eingemeindungen widersetzte er sich.
Von 1901 bis 1928 saß Walz im Aufsichtsrat der Heidelberger Straßen- und Bergbahn AG; in diesen Jahren fand die Umwandlung der Pferdebahn in eine elektrisch betriebene Bahn statt. Von 1902 bis 1930 war Walz Mitglied des Kreisausschusses des Kreises Heidelberg (von 1914 bis 1930 als Vorsitzender); den in diesen Jahren erfolgenden Neubau der Kreispflegeanstalt Sinsheim leitete Walz bis 1914 als Vorsitzender des Sonderausschusses. Von 1919 bis 1928 war Walz Vorsitzender des Badischen Städtetages und Mitglied des Vorstandes des Deutschen Städtetages. 1919 wurde er vom badischen Innenminister in die Sonderkommission zur Vorbereitung des neuen Gemeindegesetzes berufen.
Walz gehörte vor dem 1. Weltkrieg der Nationalliberalen Partei an, zu deren rechtem Flügel er sich zählte, besonders wenn es um Militärvorlagen oder Schutzzollgesetze ging. Nach 1918 soll er – laut einer nicht weiter belegbaren Aussage seines Neffen Ernst Walz – der DDP angehört haben. Nach der Wahl zum Oberbürgermeister enthielt er sich jeder politischen Tätigkeit, doch beteiligte er sich 1917 an einer Protestversammlung gegen die von ihm als unglücklich empfundene Friedensresolution des Reichstags. Walz, der sich noch als Greis erinnerte, über Österreichs Niederlage bei Königgrätz Tränen vergossen zu haben, wurde später ein Bewunderer Bismarcks. Die Ereignisse des Jahres 1918, die deutsche Niederlage und der Sturz der Monarchie, trafen ihn tief. Nur einmütiges Bitten des Stadtrates konnte ihn im November 1918 bewegen, im Amte zu verbleiben. Walz hat auch nach 1918 seine Gesinnung nicht geändert; wenngleich er die neue Staatsform ablehnte, stand er doch stets loyal auch zum neuen Staat.
Walz' Ehe mit Margarete Becker, einer Frau, die sich ebenso durch Bildung und künstlerische Fertigkeiten wie durch selbstlose Fürsorgearbeit und großzügigen Einsatz ihres nicht unbeträchtlichen Vermögens zugunsten Bedürftiger auszeichnete, war eine ungemein glückliche.
Quellen: Aktenmaterial im StadtA Heidelberg; Walz Erinnerungen (masch.; in den 1930er Jahren verfaßt).
Werke: (Auswahl): Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden (1909); Das badische Gemeinderecht (1914); als Herausgeber: Die staatsrechtlichen Gesetze Badens einschließlich der Kirchengesetzgebung (1911); Beitrag „Gemeinden und sonstige Kommunalverbände“ zu: Das Großherzogtum Baden in allgemeiner, wirtschaftlicher und staatlicher Hinsicht, 2. Auflage (1912); Artikel „Amtshilfe (Baden)“, „Bauwesen (Baden)“, „Gemeinde (Allgemeines)“, „Gemeinde (Gemeindeorganisation in Baden)“, „Gemeinde (Gemeindeverwaltung im Überblick)“, „Wegerecht (Baden)“ in: Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, 2. Aufl. (1911-1914); Kommunalverwaltungslehre, in: Die Beamten-Hochschule, Bd. 4 (o. J. [1929]); Die rechtliche Stellung des Staatsministeriums im Großherzogtum Baden, in: Staatsrechtliche Abhandlungen. Festgabe für Paul Laband, Bd. 1 (1908); Beiträge in der Zs. f. bad. Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege 27 (1895), 29 (1897), 30 (1898), 31 (1899), 33 (1901), 34 (1902), 35 (1903), 37 (1905); Berichte über die Entwicklung des öffentlichen Rechts in Baden im Jb. des öffentlichen Rechts der Gegenwart 1 (1907), 2 (1908), 5 (1911).
Nachweis: Bildnachweise: Bildmaterial im StadtA Heidelberg; Ölgemälde von Siegfried Czerny (1920er Jahre) im Besitz der Nachkommen.

Literatur: Ernst Walz [Neffe von Walz], Zum 100. Geburtstag von Dr. E. Walz, in: Ruperto-Carola 25 (1959); Christoph Vierneisel, Der differenzierte Fluchtlinienplan und Umlegungsplan für die Heidelberger Weststadt 1891-96, in: G. Fehl/J. Rodriguez-Lores (Hg.), Städtebaureform 1865-1900, Hamburg 1985.
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