Ehehalt, Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 13.09.1879; Straßburg
Sterbedatum/-ort: 14.07.1938;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Bildhauer, Medailleur, Graphiker
Kurzbiografie: 1888 Übersiedlung der Familie nach Wössingen; dort Besuch der Volksschule
1894-99 Lehre als Graveur und Ziseleur in einer Pforzheimer Fabrik
1896-1901 Besuch der Kunstgewerbeschule Pforzheim
1899-1901 Zeichner und Ziseleur „in einigen Fabriken“
1899 Übersiedlung der Eltern nach Karlsruhe
1901 ff. Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe; Zeichenklasse bei Schmid-Reutte, nach drei Jahren Übertritt in die Bildhauerabteilung als Meisterschüler von Prof. H. Volz
1911 eigenes Atelier in Karlsruhe
1915 zum Kriegsdienst eingezogen; 1916 bei den Kämpfen an der Somme schwer verwundet, bis 1917 im Lazarett in Berlin; bis Kriegsende beschäftigt in der orthopädischen Werkstatt des Lazaretts Ettlingen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1909 Wilhelmine, geb. Roth (1882-1959)
Eltern: Vater: Christof Ehehalt, Blechnermeister aus Eppingen, seit 1899 in Karlsruhe
Mutter: Caroline, geb. Morlock aus Wössingen
Geschwister: 1 Bruder
Kinder: 1 Tochter
GND-ID: GND/120882523

Biografie: Wolfgang Leiser (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 71-72

Die ersten Aufträge, noch für Bauplastik, verschaffte Fritz Hirsch dem jungen Künstler: Bei der Renovierung des Bruchsaler Schlosses war an den Torpfeilern des Ehrenhofes wie des westlichen Parkabschlusses plastischer Schmuck gewünscht, der so zur Zufriedenheit Hirschs ausfiel, daß er Ehehalt auch die Reliefs und Figuren des von ihm entworfenen Bruchsaler Amalienbrunnens übertrug, ebenso Plastik am Haus der Burschenschaft „Germania“ in Karlsruhe. Von diesen und einigen anderen Arbeiten ist nur der schöne Brunnen in Bruchsal (1911) bekannt geblieben. In einer Bewerbung um die Stelle als Fachlehrer für Metalltechnik an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe aus dem Jahr 1917 erklärte Ehehalt zwar, er sei „in der Kleinplastik und dem modernen Kunstgewerbe gut bewandert“, hatte sich aber schon „der Medaillen- und Plakettenkunst“ zugewendet, „welche mir durch die gegebenen Aufträge zum Spezialfach geworden ist“. Noch vor Kriegseinbruch setzte die Reihe dieser Kleinkunstwerke ein, etwa 50 Stücke liegen damals vor, als eine der frühesten eine Medaille auf Ehehalts Gönner F. Hirsch (1908). Seit 1904 ist Ehehalt auf den großen deutschen Ausstellungen vertreten. 1910/11 schafft er im Auftrag eines hessischen Liebhabers drei Medaillen, darunter eine vorzügliche, seine besten späteren Arbeiten vorwegnehmende auf Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt. Es folgen dann bereits öffentliche Aufträge, als erster eine „Großherzog Friedrich Medaille für Architektur“ als Preismedaille der Technischen Hochschule Karlsruhe (später sogenannte Weinbrenner-Medaille).
Ab 1918 häufen sich die öffentlichen Aufträge. Vereine/Firmen/Institutionen: 1918 Badischer Kunstverein, 1925 Jubiläum der Technischen Hochschule Karlsruhe, 1929 Bundessängerfest Freiburg, 1935 Verdienstmedaille der Firma Raab-Karcher, usw. Staatliche Aufträge: Wappen des Freistaates Baden, für die Majolika-Manufaktur Karlsruhe auch in Keramik modelliert und neuerdings wieder in der Produktion; Rettungsmedaille (1919), Landwirtschaftsmedaille, Verdienstmedaille (1926), Große Staatsmedaille (1927).
Diese geprägten und in größerer Zahl aufgelegten Stücke sind bekannt geblieben. Anders verhält es sich mit dem restlichen, zahlenmäßig überwiegenden Medaillen-Œuvre: Es besteht meist aus privaten Portraits, die nicht selten nur in einem einzigen Exemplar gegossen wurden. Eine vollständige Übersicht ist noch nicht möglich. Der Hauptteil des Nachlasses, der der Stadt Karlsruhe übergeben wurde, ist dort verschollen. Die größte Zahl von Ehehalt-Medaillen besitzt das Münzkabinett des BLM, in den Städtischen Sammlungen Karlsruhe ist ein kleinerer Bestand erhalten, ein Restnachlaß befindet sich bei den Nachkommen des Künstlers. Man wird davon ausgehen müssen, daß Ehehalt über 170 Medaillen geschaffen hat.
Neben den Medaillen liegt ein nicht unbeträchtliches graphisches Werk vor (Zeichnungen in Bleistift und Silberstift, Radierungen). Nächst der Familie besitzen die Städtischen Sammlungen Karlsruhe den größten Bestand. In Ehehalts letzter Dekade entstanden vielleicht an die 100 Emailarbeiten kleinen Formats, die bis auf zehn im Besitz der Nachkommen verschollen sind. Diese Teile des Werkes sind gänzlich vergessen.
Sieht man von einem Teil der Graphik und den Emails ab, dann erweist sich Ehehalt als ausgesprochener Portraitist.
Seine Medaillen-Kunst ist, wie ein Vergleich mit den Arbeiten des gleichzeitig in Karlsruhe wirkenden Benno Elkan lehrt, aus der lokalen Schule von H. Volz erwachsen; Einflüsse Rudolf Mayers sind nirgends erkennbar. Von einem zunächst leicht idealisierenden entwickelt sich Ehehalt zu einem herberen Realismus, wie er dem Empfinden der Weltkriegsgeneration entsprach; im Vergleich mit den elegant-großzügigen Portraits Elkans wirkt Ehehalt spröde. Die seit den zwanziger Jahren mit rauhem Strich meist im strengen Profil gegebenen Bildnisse stehen vor einem neutralen Fond. Sofern eine Beschriftung angebracht ist, werden keine eigenen Effekte – etwa durch Überschneidung – erstrebt, die gut plazierte Schrift akzentuiert jedoch das Bild. Die Medaillen, meist aus Bronce oder Silber, sind oft Hohlgüsse, die einseitigen könnten auch als Plaketten bezeichnet werden. Im überwiegenden Verzicht auf ein Revers unterscheidet sich Ehehalt von der Münchner Schule, welche um die Jahrhundertwende die Renaissance-Medaille wiederbelebt hatte, mit ihren teils einfallslosen, teils beflissen allegorisierenden Rückseiten aber oft nicht befriedigt. Unter den Portraits stellen die liebevoll erfaßten Bildnisse von Frau und Tochter in ihrer Intimität eine besonders reizvolle Gruppe dar, die oft nicht bezeichnet und datiert ist. Sehr gut gelingen allgemein die Kinder-, v. a. die Mädchenbildnisse. Ehehalts Kunst ist unpathetisch, unsentimental und widersteht der im Umkreis H. Thomas gegebenen Versuchung zu volkstümlicher Stilisierung.
Im Gegensatz zu Elkan war Ehehalt nicht der Portraitist des Karlsruher Großbürgertums, obgleich fast alle Stücke Persönlichkeiten der Landeshauptstadt abbilden. Bekannte, prominente Namen sind selten wie etwa F. Hirsch, Brauereibesitzer H. Fels, Dr. K. Heimburger, Dr. L. Haas, Dr. Müller-Trefzer, Fürst Max Egon von Fürstenberg. Wie andere badische Künstler hat auch Ehehalt 1919 ein Bildnis zum 80. Geburtstag H. Thomas geschaffen; das schöne Stück diente in den dreißiger Jahren als Vorderseite der Verdienstmedaille, welche das Badische Kultusministerium bei den Oberrheinischen Kunsttagen vergab.
Verwandt mit Ehehalts Medaillenkunst ist seine noch nicht bearbeitete Graphik. Bei den Zeichnungen gibt es viele voll ausgeführte Bildnisse, die nicht in das Genre der Bildhauerzeichnung gehören, sondern eigenständige Kunstwerke sind – fast alle unbezeichnet. – Ähnlich die Druckgraphik: Neben eher durchschnittlichen Landschafts- und Tierdarstellungen fallen ausdrucksstarke Portraits auf. Teils in energischem Zugriff aufgefaßt, mit dichten Strichlagen kräftige Hell-Dunkel-Wirkungen erzielend, teils zarte Blätter, mit weitgehendem Verzicht auf Binnenzeichnung auf die reine Linie zurückgenommen, manche mit einer lichten Tonplatte unterlegt. Auch diese Blätter, unter denen sich einige Selbstbildnisse befinden, sind unbezeichnet. Offenkundig handelt es sich nicht um selbstbewußte Personen der „Gesellschaft“, sondern um schlichte Menschen, die sich von ihrem sozialen Umfeld nicht weiter abhoben. Es geht dem Künstler offenbar mehr um den in einer Physiognomie erscheinenden Charaktertyp, als um die Verewigung eines benannten Subjekts.
Von den Emails ist wegen ihres fast gänzlichen Verlustes wenig zu sagen. Zwei der erhaltenen sind Portraits von Frau und Tochter, die übrigen dekorative Stücke verschiedener Thematik und unklarer Zweckbestimmung. Von einigen der oft sehr kleinformatigen Stücke wird überliefert, es seien Schmuckanhänger. Es bleibt offen, inwieweit Ehehalt hier nur experimentierte.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos von graph. Selbstbildnissen StAF, Bildnissammlung.

Literatur: W. Leiser, H. Ehehalt 1879-1938, Ein Karlsruher Medailleur und Graphiker, in: ZGO 136 (1988), 417-444.
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