Adelmann von Adelmannsfelden, Graf von, Sigmund Maria
Geburtsdatum/-ort: | 29.06.1876; Hohenstadt (heute Teil der Gemeinde Abtsgmünd) |
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Sterbedatum/-ort: | 18.10.1926; Köln |
Beruf/Funktion: |
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Kurzbiografie: | 1895 Abitur in Sigmaringen 1895 – 1899 Studium der Rechtswissenschaften in Paris, Leipzig, Greifswald, Berlin 1899 Promotion und erstes juristisches Staatsexamen ab 1899 Gerichtsreferendar am Amtsgericht Linz am Rhein; Reisen nach England, Frankreich, Spanien und Nordafrika 1901/02 beim Kaiserlich deutschen Konsulat Casablanca/Marokko ab 1903 Regierungsreferendär bei der Regierung in Wiesbaden, Landratsamt Rüdesheim ab 1906 Regierungsassessor beim Landratsamt Osterburg, ab 1910 bei der Regierung in Düsseldorf 1913 – 1919 Landrat in Bitburg 1919 – 1921 Landrat in Koblenz 1921 – 1925 Mitglied des Provinzial-Landtags 1922 – 1926 Regierungspräsident in Köln 1924 Teilnahme an der Londoner Konferenz |
Weitere Angaben zur Person: | Religion: römisch-katholisch Verheiratet: I. 1905 (Geisenheim/Rhein) Marietta Freiin v. Brentano (1880 – 1906); II. 1908 Irma Freiin v. Hake (1883 – 1967). Eltern: Vater: Heinrich (1848 – 1920), Fideikommissherr Mutter: Sophie, geb. Freiin v. Brusselle-Schaubeck (1851 – 1928). Geschwister: ein Bruder, eine Schwester. Kinder: aus I.: eine Tochter, aus II.: sieben Söhne, zwei Töchter. |
GND-ID: | GND/129304581 |
Biografie
Biografie: | Renate Liessem-Breinlinger (Autor) Aus: Baden-Württembergische Biographien 8 (2022), 1-3 Das prominenteste Ereignis in Adelmann von Adelmannsfeldens Laufbahn als preußischer Beamter war die Feier zur Räumung der Kölner Zone von englischen Besatzungstruppen am 21. März 1926. Mit dem Stichwort „Besatzung“ ist eine der Herausforderungen seiner Tätigkeit im Rheinland genannt. Die Unruhen am Ende des Ersten Weltkriegs, Ruhrkampf und passiver Widerstand 1923, Inflation und Arbeitslosigkeit sind die weiteren. An seinem 50. Geburtstag im Sommer 1926 lobten ihn die Zeitungen dafür, dass er viel getan und erreicht habe, um die Not in schwerer Zeit zu lindern und den Zusammenbruch der Staatsautorität abzuwenden. Wenige Wochen später musste er sich gesundheitshalber vom Tagesgeschäft zurückziehen. Im Oktober starb er, wohl an einem Herzleiden, das ihn von Jugend an begleitet hatte. Die Wahl seiner Studienorte Leipzig, Greifswald und Berlin lässt darauf schließen, dass er schon in jungen Jahren beabsichtigte, in preußische Dienste zu treten, da in seinem Heimatland Württemberg die führenden Verwaltungsposten bevorzugt mit Protestanten besetzt wurden, Preußen dagegen in seinen katholischen Provinzen sich gedrängt sah, auch Katholiken einzusetzen. Die preußische Staatsangehörigkeit brachte er neben der württembergischen von Hause aus mit, denn er hatte seine letzten Gymnasiums-Jahre im preußischen Hohenzollern-Sigmaringen verbracht. Die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Hohenzollernschen Fürstentümer wählte er als Promotionsthema, wohl angeregt durch seinen Vater Heinrich (1848 – 1921), der Hofkammerpräsident in Sigmaringen war und bis 1918 der Ersten Kammer des württembergischen Landtags und von 1881 bis 1893 der Zentrumsfraktion des Reichstags angehörte. Die Zentrumpartei war auch Adelmann von Adelmannsfeldens politische Heimat. In Köln hieß er „der schwarze Graf“. Mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen ging er entspannt, aber bewusst um. Für den Militärdienst untauglich zu sein, war zu seiner Zeit ein Stigma. Sein Jura-Studium ging er zielgerichtet an. Er bemühte sich auch um Allgemeinbildung und Auslandserfahrung und erwarb sich hervorragende Englisch- und Französisch-Kenntnisse, die ihm in der Besatzungszeit sehr zugute kommen sollten. Als promovierter Gerichtsreferendar bat er um Verwendung am Deutschen Konsulat in Marokko, was ihm einen erlebnisreichen Auslandaufenthalt ermöglichte. 1903 veröffentlichte er den Erlebnisbericht „Dreizehn Monate in Marokko“, der 2010 und 2011 als Reprint erneut publiziert wurde. Die Bindung an die schwäbische Heimat blieb trotz langer Abwesenheiten immer bestehen, denn er gehörte zu den Erben der Fideikommiss-Güter Hohenstadt. 1913 wurde Adelmann von Adelmannsfelden als Landrat nach Bitburg in der Eifel versetzt. Er übernahm noch unter Friedensbedingungen ein Amt, das ihn sehr präsent im öffentlichen Leben machte. Als guter Katholik und Vater von vier Kindern, die bald weitere Geschwister bekommen sollten, und unterstützt von seiner im caritativen Bereich rührigen Ehefrau war er in der traditionell katholischen Gegend willkommen und bald beliebt. Der Erste Weltkrieg stellte ihn vor ganz neue Aufgaben, wie das Sicherstellen der Lebensmittelversorgung. Der Chronist seiner Bitburger Jahre, Neu, nennt unter anderem die Aufnahme und Versorgung von 800 Flüchtlingen aus Gebweiler im damals deutschen Elsass, das durch die Vogesenfront gefährdet war. Hilfe brauchten in immer rascherer Folge junge Kriegerwitwen, deren sich das von Adelmann von Adelmannsfelden geschaffene Kreiswohlfahrtsamt annahm. Daneben bemühte sich Adelmann von Adelmannsfelden jedoch auch zur Steigerung der deutschen Kriegsleistungen beizutragen. Zeugnis dafür sind seine erfolgreichen Aufrufe, Gold abzugeben, um die finanzielle Wehrkraft zu stärken, oder bei sogenannten Nagelungen Geld zu spenden. 1919 wurde Adelmann von Adelmannsfelden als Landrat nach Koblenz versetzt, den Sitz des Oberpräsidiums der preußischen Rheinprovinz. Damals legten etliche Landratskollegen aus Abneigung gegen die Republik und verunsichert durch die Rheinstaatbewegung ihr Amt nieder, oft begründet mit dem kräftezehrenden Dienst im Krieg. Adelmann von Adelmannsfelden fand sich offensichtlich mit der republikanischen Staatsform ab und konnte mit dem zunehmenden Einfluss der politischen Parteien leben. Treue zu Preußen und dem Reich standen für ihn außer Frage. 1921 wurde er Mitglied des Provinziallandtags, 1922 Regierungspräsident in Köln. Der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, wie Adelmann von Adelmannsfelden. Jahrgang 1876 und Parteifreund, hatte seine Ernennung gefördert. In der Reihe seiner 17 Vorgänger seit 1816 war er erst der zweite Katholik. Eine außergewöhnliche Rolle fiel ihm 1923 während der Ruhr-Besetzung zu: Nachdem die Interalliierte Rheinlandkommission auf Betreiben der Franzosen und Belgier nahezu alle Behördenleiter ausgewiesen hatte, war Adelmann von Adelmannsfelden der ranghöchste Beamte in der preußischen Rheinprovinz. Die Kontakte mit Berlin auf Reichsund Landesebene mussten über ihn laufen. In einem geheimen Kurierdienst, vorzugsweise durch Frauen, wurden die behördlichen Anweisungen übermittelt. Da die französische Besatzungsmacht auch in der englischen Zone Verhaftungen vornahm, war Adelmann von Adelmannsfelden akut gefährdet. Major Julian Piggott, der Bezirksdelegierte der Rheinlandkommission in Köln, erreichte jedoch, dass die Regierung in London diesen Übergriffen Einhalt gebot. Unsicherheit ging auch von den Putschversuchen der Separatisten aus, die von den Franzosen unterstützt wurden. Auch in seiner Kölner Zeit erwarb sich Adelmann von Adelmannsfelden Verdienste auf dem Sektor der Wohlfahrt. Eine mit der englischen Besatzungsmacht gemeinsam geschaffene Einrichtung war die weibliche Polizei. Fürsorge gab es für die Mütter der sogenannten Besatzungskinder. Zu den Lichtblicken in der dienstlichen Agenda Adelmann von Adelmannsfeldens gehörte die feierliche Eröffnung der Kölner Messe im April 1924 mit Konrad Adenauer und Reichspräsident Friedrich Ebert. Als erfahrener Verwaltungsmann hatte Adelmann von Adelmannsfelden Erfolge auf kriegswirtschaftlichem Gebiet und im Umgang mit der Inflation vorzuweisen, z. B. durch die jeweils rechtzeitige Beschaffung von Staatskrediten für Lohn- und Gehaltszahlungen, wovon auch die Stadt Köln profitierte. 1924 wurde Adelmann von Adelmannsfelden in die deutsche Delegation zur Londoner Konferenz berufen, auf der die Reparationszahlungen neu geregelt wurden. Der dort ausgearbeitete Dawes-Plan brachte den ersten Hoffnungsschimmer für die deutsche Nachkriegswirtschaft. Auch Adelmann von Adelmannsfeldens Bruder Raban (1877 – 1935) nahm an der Konferenz teil. Er kam aus Berlin, wo er damals Aufgaben in dem unter Gustav Stresemann neu gebildeten Reichsministerium für die besetzten Gebiete wahrnahm. Als Adelmann von Adelmannsfelden im Herbst 1926 gerade 50-jährig starb, hinterließ er seine Frau mit neun unmündigen Kindern und der 20-jährigen Tochter aus der ersten Ehe. Das jüngste Kind, Josef-Anselm, der Priester und Radio- und Fernseh-Seelsorger werden sollte, war damals gerade zwei Jahre alt. Zwei von Adelmann von Adelmannsfeldens Söhnen sind im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront gefallen. Zum derzeitigen Besitz der Familie gehört die Burg Schaubeck zwischen Steinheim an der Murr und Kleinbottwar, die Adelmann von Adelmannsfeldens Mutter geerbt hatte. Dort residieren Nachfahren von Adelmann von Adelmannsfeldens 1912 in Düsseldorf geborenem Sohn Raban. Dieser war durch seinen gleichnamigen Onkel, dessen Ehe kinderlos geblieben war, adoptiert worden. Die von Adelmann von Adelmannsfelden begonnene familiengeschichtliche Sammlung, die im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrt wird, wurde zusammengehalten und ergänzt durch den 1913 in Bitburg geborenen Georg Sigmund, den Gründungspräsidenten des 1972 neu geschaffenen Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg. Adelmann von Adelmannsfeldens hochrangige Kunst- und Uhrensammlung wurde 1927 versteigert. |
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Quellen: | StAL PL 13, familiengeschichtliche Sammlung Georg Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden mit NL Adelmann von Adelmannsfeldens; Landesarchiv NRW Duisburg BR-PE Nr. 6997, RWB Nr. 2513 (Portrait-Foto); Historisches Archiv des Erzbistums Köln, NL Dr. Karl Joseph Schulte, Nr. 127 (Foto mit Hindenburg 1926); mündliche Mitteilung von Dr. Wolfgang Schaffer, Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland und Peter Neu, Bitburg. |
Werke: | Die Grundlagen der Verfassung und des Verwaltungssystems der Hohenzollernschen Fürstentümer, Diss. Greifswald 1899; 13 Monate in Marokko. Reisebriefe, 1903 (Nachdrucke von 2010 und 2011); Große Kunst- und Uhrensammlung, 1927 im Salon Paul Cassirer Berlin versteigert. |
Nachweis: | Bildnachweise: StAL PL 13 Bü 357; weitere Abb.: P. Neu, 2013 (vgl. Literatur). |
Literatur + Links
Literatur: | O. v. Falke, Sammlung Graf Adelmann, Köln: Gemälde alter Meister des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, mittelalterliche und Renaissance-Bildwerke in Holz, Elfenbein, Uhren u.a., Berlin, 1927; K. D. Erdmann, Adenauer in der Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg, 1966, 87, 101, 114, 322; A. Klein, Die Kölner Regierungspräsidenten 1815 – 1966. Ihr Leben und Wirken, in: 150 Jahre Regierungsbezirk Köln, 1966, 107 f; P. Neu, Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, in: Heimatkalender Bitburg 1969, 42 – 45; M.-L. Recker, Adenauer und die englische Besatzungsmacht, in: H. Stehkämper, Konrad Adenauer: Oberbürgermeister von Köln, Festgabe der. Stadt Köln zum 100. Geburtstag ihres Ehrenbürgers am 5. Januar 1976, 1976, 99 – 121; P. Neu, Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, in: Heimatkalender Bitburg-Prüm, 1982, 36 f.; H. Romeyk, Verwaltungs- und Behördengeschichte der Rheinprovinz 1914 – 1945, 1985, 202, 205; Thomas Jungblut, Die altpreußischen höheren Regierungsbeamten und Landräte in den Regierungsbezirken Koblenz und Trier 1815 – 1914, masch. Diss., 1989, 259, 356; H. Romeyk, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816 – 1945, 1994, 329; K. Pluta, Frauen in Führungspositionen von Polizei und Wirtschaft, 2009, 19; P. Neu, Dr. Sigmund Maria Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Landrat – Regierungspräsident – Vertrauter Konrad Adenauers, in: Bitburger Persönlichkeiten, Bd. II, 2013, 61 – 67; G. Brand, Georg Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger aus Bitburg, in: Eifelzeitung vom 1. 4. 2015; N. Graf Adelmann/D. Jörg, Tafelfreuden aus d. Schlossküche (Hohenstadt), 2016, passim; G. Mai, Die Marokko-Deutschen 1873 – 1918, Biogramme, 2017, 5; J. Lilla, Das Reichsministerium für die besetzten Gebiete (1919 – 1930), in: Internetportal Rheinische Geschichte, online: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/das-reichsministerium-fuer-die-besetzten-gebiete-1919-1930/DE-2086/lido/57d12a0da73104.85780877 (abgerufen 19. 2. 2020). |
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