Maddalena, (Max) Maximilian 

Andere Namensformen:
  • (ursprünglich: Osswald)
Geburtsdatum/-ort: 17.01.1895;  Riedheim/Kreis Konstanz
Sterbedatum/-ort: 22.10.1943; Zuchthaus Brandenburg – Görden
Beruf/Funktion:
  • Gewerkschaftssekretär, MdR-KPD, Widerstandskämpfer, Opfer des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1913 Mitglied d. SPD
1914 Kriegsfreiwilliger d. dt. Marine, obwohl noch italienischer Staatsbürger. Im Krieg u. a. bei d. Elite Marine-Sturm-Kompanie in Flandern eingesetzt, mehrfach verwundet, einmal verschüttet
1917 bad. Staatsbürger; Unteroffizier, EK II, EK I, Bad. Kriegsverdienstmedaille
1918 Übertritt zur USPD
1920 Delegierter auf dem Vereinigungsparteitag von USPD u. KPD
1922–1924 Geschäftsführer des Dt. Metallarbeiterverbandes im Bezirk Singen
1925 Hauptamtl. KPD-Funktionär, Tätigkeit in d. Gewerkschaftsabt. des Zentralkomitees als Sekretär für Gewerkschaftsfragen in Baden u. als Politischer Leiter des Bezirks Württemberg
1926–1928 Sekretär für Gewerkschaftsfragen in d. KPD-Bezirksleitung Wasserkante
1928–1933 Erneut Tätigkeit in d. Gewerkschaftsabt. des ZK bis 1929; 1928 bis 1933 MdR-KPD
1929–1931 Erneut Sekretär für Gewerkschaftsfragen in d. KPD-Bezirksleitung Wasserkante, dann Leiter d. IG Metall in d. Roten Gewerkschaftsopposition, RGO, zugl. Mitglied d. Reichsleitung d. RGO; Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis, zeitweise flüchtig in d. UDSSR u. Tätigkeit bei d. Roten Gewerkschaftsinternationalen, RGI
1932 Verhaftung, Festungshaft in Rastatt, Freilassung aufgrund des Amnestiegesetzes vom 7.12.1932
1933/34 Tätigkeit bei d. europ. Sektion d. RGI in Moskau, zeitweise beurlaubt aufgrund interner Differenzen
1935 Auftrag, eine illegale KPD-Inlandsleitung in Berlin aufzubauen, am 27.3. verhaftet
1937 Verurteilung durch den Volksgerichtshof wegen Hochverrats zu lebenslanger Zuchthausstrafe
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk., später konfessionslos
Verheiratet: 1. 1916 (Singen) Lina, geb. Happle (1894–1978), gesch. 1929, 2. 1931 Hilda, geb. Epple (1898–1994)
Eltern: Vater: Enrico Maddalena (1868–1937), Mosaikarbeiter, Gipsfigurenhändler u. Tagelöhner
Mutter: Katharina, geb. Osswald (* 1874)
Geschwister: unbekannt
Kinder: 3; Hilda (* 1913), Max (1917–1943) u. Freya (* 1921)
GND-ID: GND/13019199X

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 262-265

Da Maddalena vorehelich geboren wurde, trug er zunächst den Namen der Mutter, den Namen des Vaters wie auch die italienische Staatsbürgerschaft erhielt er mit der Eheschließung der Eltern.
Die Familie Maddalenas muss als überaus ärmlich bezeichnet werden. Bereits 1894 wurde seine Mutter und 1913 Maddalena selbst zusammen mit ihr wegen Süßstoffschmuggels zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Seine Ausbildung erhielt Maddalena bis 1909 an der heimischen Volksschule, ab 1910 absolvierte er eine Lehre als Schlosser bei der Georg Fischer AG in Singen.
Zu Beginn des I. Weltkrieges meldete sich Maddalena freiwillig zur Kriegsmarine und wurde auch eingezogen, obwohl er italienischer Staatsbürger war. Während des Krieges hat er sich als Mitglied einer Elite Marine-Sturm-Kompanie in Flandern mehrfach ausgezeichnet, so dass er 1917 mit der Kriegsverdienstmedaille und dem EK I und II auch die bad. Staatsbürgerschaft erhielt. Diesen Auszeichnungen waren mehrmalige Verwundungen, auch ein Lungensteckschuss, vorausgegangen.
Politisch hatte sich Maddalena bereits seit 1913 in der SPD engagiert, 1918 ist er zur USPD übergetreten, für die er 1920 auf dem Vereinigungsparteitag von USPD und KPD als Delegierter fungierte.
Neben das politische tritt das gewerkschaftliche Engagement Maddalenas, das seinen Ausgangspunkt 1911 nahm, als Maddalena dem Dt. Metallarbeiterverband, DMV, beigetreten ist. 1920 wurde Maddalena zum Kassierer und schließlich 1922 zum Bevollmächtigten des DMV für das Gebiet Singen-Konstanz gewählt. Die gewerkschaftliche Tätigkeit Maddalenas am Beginn der 1920er Jahre war zunächst geprägt durch die Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern, um die „Errungenschaften der Revolution“ durchzusetzen, namentlich die 48-Stunden-Woche. Zudem galt es, angesichts der sich verschärfenden Inflation eine Anpassung der Löhne und Gehälter an die Steigerung der Preise durchzusetzen: Die Forderung nach Auszahlung wertbeständiger Löhne bzw. nach Entlohnung in Goldmark war eines der zentralen Anliegen der Gewerkschaften. Zum anderen war die gewerkschaftliche Arbeit Maddalenas geprägt durch die Rivalität zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten innerhalb des Singener Zweigvereins des DMV. Zum Ausbruch kamen diese Konflikte im August 1921 anlässlich einer Arbeitsniederlegung bei den Aluminiumwalzwerken Singen, bei denen die Arbeiterschaft mit Unterstützung Maddalenas die Wiedereinstellung zweier entlassener Betriebsratsmitglieder durchsetzen wollte. Der Streik musste jedoch nach wenigen Tagen abgebrochen werden, da er vom Hauptvorstand des DMV nicht mitgetragen wurde. Das Scheitern dieses Arbeitskampfes führte zu scharfen Angriffen auf Maddalena. In der SPD-Presse wurde ihm vorgeworfen, einen „Putsch in den Aluminiumwerken“ (Volkswacht, 1. 3. 1922) inszeniert zu haben, der von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt, aber Kosten in Höhe von 21 000 RM verursacht habe. An der Bewertung dieses Streiks wurden die unterschiedlichen Sichtweisen der gewerkschaftlichen Tätigkeit bei Kommunisten und Sozialdemokraten sichtbar: Die SPD-Anhänger im DMV wollten durch gewerkschaftliche Kleinarbeit Schritt für Schritt die soziale und rechtliche Position der Arbeiter verbessern, dagegen strebten KPD-Anhänger wie Maddalena eine stärkere Polarisierung an, die grundsätzlich klassenkämpferische Auseinandersetzung der Arbeiterschaft mit dem Kapital. Taktische Argumente, wie Schonung der Streikkasse für einige wenige große Arbeitskämpfe oder Rücksicht auf Statuten des DMV lagen Maddalena bereits fern.
Neben der Tätigkeit im DMV war Maddalena auch als Unterbeauftragter der KPD im Bezirk Singen-Konstanz tätig. Hierbei ist er mehrfach als Redner aufgetreten, u. a. auf einer Demonstration anlässlich der Ermordung Walter Rathenaus (1867–1922) Ende Juni 1922. Maddalena forderte die Arbeiterschaft auf, in dem Augenblick zusammenzustehen, da es gelte, die Republik und die Errungenschaften der Revolution zu schützen. Auch eine Woche später gehörte Maddalena auf einer lediglich von den sozialistischen Arbeiterparteien durchgeführten Demonstration am Tage der Beisetzung Rathenaus zu den Hauptrednern. Die Veranstaltung entglitt jedoch den Organisatoren, so dass es erst zum Sturm auf das Maggi-Gelände und später auf die Villa Paulssen und die Villa Scherer kam. Hierbei wurde Major Julius Scherer (1873–1922) getötet, der sich in Singen auf Veranlassung mehrerer Offizierskameraden für die Gründung einer Ortsgruppe des dt. Offiziersbundes engagiert hatte und bei der politischen Linken im Verdacht stand, einem Geheimbund anzugehören.
Ab 1925 verlagerte sich der Tätigkeitsschwerpunkt Maddalenas: Nunmehr war er als politischer Leiter der KPD in Württemberg tätig, anschließend als Experte für Gewerkschaftsfragen bei der KPD Bezirksleitung Wasserkante. 1928 wurde Maddalena in den Deutschen Reichstag gewählt, wo er als Fachmann seiner Fraktion für Fragen der Sozialpolitik auftrat. Zudem gehörte er nun der Reichsleitung der Revolutionären Gewerkschaftsorganisation, RGO, an. Durch seine Tätigkeit als Agitator für die KPD geriet Maddalena zwangsläufig in Konflikt mit der Justiz, so dass er bereits 1931 wegen Anstiftung zum Hochverrat zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Um sich dem Urteil zu entziehen, ist er zeitweise in die UdSSR ausgewichen. Er wurde jedoch im Herbst 1932 in Tilsit verhaftet und musste dann einige Monate seiner Strafe in Rastatt verbüßen. Durch die Weihnachtsamnestie des Reichstages 1932 ist Maddalena wieder freigelassen worden.
Auf das Verbot der KPD durch die Nationalsozialisten und das mit der „Reichstagsbrandverordnung“ einhergehende repressive Verhalten des NS-Staates reagierte Maddalena, indem er erneut nach Moskau auswich, wo er für die Revolutionäre Gewerkschaftsinternationale, RGI, tätig wurde. Hierbei kam ihm die Aufgabe zu, die kommunistische Gewerkschaftsarbeit in Österreich und Tschechien, später in den westeuropäischen Ländern zu koordinieren. Im März 1935 wurde Maddalena schließlich der Auftrag erteilt, die illegale Parteiorganisation der KPD in Berlin wieder aufzubauen. Gleichzeitig sollte die Tätigkeit der verbotenen freien Gewerkschaften reorganisiert und der Zusammenschluss der Arbeiterparteien im Untergrund gewährleistet werden. Diese Tätigkeit Maddalenas wurde jedoch überaus schnell aufgedeckt. Maddalena wurde am 27. März 1935 verhaftet und Anfang Juli 1937 zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt. Angesichts der menschenunwürdigen Haftbedingungen entsprach das einer „schleichenden Hinrichtung“ (Schumacher, M.d.R., 306); Maddalena verstarb nach sechs Jahren.
Als bemerkenswert im Zusammenhang mit dem „Nachleben“ Maddalenas erscheint die Diskussion um die angemessene Form der Erinnerung an ihn in seiner Heimatstadt Singen am Hohentwiel. Unmittelbar nach Kriegsende wurde die Harsenstraße, langjähriges Quartier der Singener Sozialisten, in „Max-Maddalena-Strasse“ umbenannt. Während des Kalten Krieges war es jedoch vor allem der damalige Stadtrat und spätere b-w Sozialminister Josef Schüttler (➝ I 247), für den Maddalena einen großen Kommunisten darstellte, der sich im Reichstagshandbuch von 1932 gerühmt habe, wegen Landfriedensbruch und Vorbereitung zum Hochverrat und schließlich wegen eines Verstoßes gegen das Republikschutzgesetz vorbestraft zu sein. Ein Mann mit einer solchen Einstellung könne, zumal in Zeiten des Kalten Krieges, nicht durch die Benennung einer Straße gewürdigt werden. Folglich wurde 1959 der Name Maddalena aus der städtischen Erinnerung getilgt. Nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes konnte sich der Singener Gemeinderat Anfang des 21. Jh.s wieder dazu durchringen, an Maddalena durch die Benennung einer kleineren Straße in der Singener Nordstadt zu erinnern.
Zudem ist eine Straße in Rostock nach Maddalena benannt; auch findet sich der Name Maddalenas auf einer der 96 Gedenktafeln vor dem Reichstagsgebäude, die an die von den Nationalsozialisten ermordeten Parlamentsmitglieder erinnern. Seit 2009 gibt es schließlich in seinem Geburtsort Riedheim einen Gedenkstein, der auf das Schicksal Maddalenas aufmerksam macht.
Quellen: KreisA Konstanz AA 21 Max Maddalena, Einbürgerungsakte; StadtA. Singen, Nachlass Besnecker; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Dt. Reichstages 1928–1933.
Nachweis: Bildnachweise: Porträt in: Geschichtswerkstatt Singen (Hg.), „Seid letztmals gegrüßt“, 2005, 57.

Literatur: Dt. Widerstandskämpfer I, 1970, 615–617; Geschichte d. dt. Arbeiterbewegung, Biograph. Lexikon, 1970, 307; Max Frenzel u. a., Gesprengte Fesseln, 1976; Biogr. Handbuch d. deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. 1, 1980, 468; Käte Weick, Widerstand u. Verfolgung in Singen u. Umgebung, 1982, 159–162; Gert Zang (Hg.), Arbeiterleben in einer Randregion, 1987; Alfred G. Frei (Hg.), Habermus u. Suppenwürze, 1987; Gerda Valentin, Kalter Krieg in Singen, in: Singener Jahrb. 1988/1989, 175–182; Gert Zang, Arbeiterprovinz, Bd. 2, 1989; Hermann Weber, „Weiße Flecken“ in d. Geschichte, 1990; Martin Schuhmacher, M.d.R. – Die Reichstagsabgeordneten in d. Zeit des Nationalsozialismus, 1992, 381–383; Herbert Berner, Von d. Weimarer Republik zum Dritten Reich, in: ders./Reinhard Brosig (Hgg.), Singener Stadtgeschichte Bd. 3, 1994, 55–65; ders., Demonstrationen u. Landfriedensbruch: Der Fall Major Scherer, ebd., 66–72; Hermann Weber/Andreas Herbst, Dt. Kommunisten, Biogr. Handbuch 1918–1945, 2004, 476–477; Geschichtswerkstatt Singen (Hg.), „Seid letztmals gegrüßt“, 2005, 55–63; Hildegard Bibby, Max Maddalena aus Riedheim – Gewerkschafter, Kommunist u. Opfer des Nationalsozialismus, in: Hegau 63, 2006, 121–130.
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