Feger, Otto 

Geburtsdatum/-ort: 10.11.1905; Mülhausen/Elsaß
Sterbedatum/-ort: 26.04.1968;  Konstanz
Beruf/Funktion:
  • Archivar, Historiker
Kurzbiografie: Gymnasium Stans/Schweiz, Freiburg i. Br. und Collegeville/Indiana (USA)
Studium der Jurisprudenz in Cleveland/Ohio (USA), Freiburg/Schweiz und Berlin
1928 Dr. jur. Universität Freiburg/Schweiz
1929-1933 Juristischer Hilfsarbeiter, Nebenstellenleiter bzw. Abteilungsleiter bei den Arbeitsämtern Stuttgart, Heppenheim, Singen und Bad Mergentheim
1934-1935 selbständiger Wirtschafts- und Steuersachverständiger in Rheinfelden/Baden
1935 Kinobesitzer in Rheinfelden und Wehr
1935-1941 Studium der Geschichte in Freiburg i. Br.
1941 Dr. phil. Universität Freiburg i. Br.
1939-1945 bei der Wehrmacht
1945-1965 Leiter des Stadtarchivs Konstanz
1965 Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1. 1934 Erika, geb. Adam
2. 1946 Liselotte, geb. Westermann
3. 1963 Adeline, geb. Rebholz
Eltern: Vater: Hermann Feger, Lokomotivführer
M: Mathilde
Geschwister: 1
Kinder: 8, je 3 aus 1. und 2. und 2 aus 3. Ehe
GND-ID: GND/131383051

Biografie: Helmut Maurer (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 110-112

Aus den ersten dreißig Lebensjahren Fegers gibt es nicht die geringsten Anzeichen dafür, daß er einmal ein erfolgreicher Historiker und Archivar werden würde. Sein Leben verlief zunächst in ganz anderen Bahnen. Die Unruhe, von der es weitgehend ergriffen war, setzte ein, als die im oberelsässischen Thann wohnende Familie im ersten Weltkrieg vom Einmarsch der Franzosen überrascht und der aus der badischen Ortenau stammende Vater in Innerfrankreich interniert wurde. Für den jungen Feger machte dies den Besuch zunächst eines französischen und dann eines schweizerischen Gymnasiums notwendig; aber auch nachdem die Eltern schließlich in Freiburg i. Br. ansässig geworden waren, hielt es ihn keineswegs allzulange am dortigen Gymnasium; es lockten ihn vielmehr die USA. Hier beschloß er denn auch seine Gymnasialjahre und hier nahm er das juristische Studium auf.
Die entscheidenden Jahre des Studiums aber absolvierte Feger in Freiburg in der Schweiz und in dem – in diesen zwanziger Jahren – so überaus lebendigen und bewegenden Berlin. In Berlin hat er auch seine Dissertation verfaßt, die er, der die Welt gesehen und zudem die negativen Wirkungen von Staatsgrenzen am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte, einem völkerrechtlichen Thema widmete. Wenn er sich damals, im Jahre 1928, mit dem „Vertragsrecht der Völkerbundssatzung“ befaßte und dies unter der Prämisse tat, daß der Staat nicht die höchste und vollkommenste Organisationsform menschlicher Gesellschaft sei, sondern daß über ihm die Völkergemeinschaft stehe, dann bedeutete dies zugleich ein politisches Bekenntnis. Hier gibt sich bereits etwas von jener Unabhängigkeit politischen Denkens zu erkennen, die so sehr das Kennzeichen seines nach dem zweiten Weltkrieg verfaßten, heiß umstrittenen Buchs über die „Schwäbisch-Alemannische Demokratie“ geworden ist.
Die Tätigkeit des jungen Juristen im öffentlichen Dienst wurde jäh unterbrochen durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten, die einen Mann mit derartigen politischen Grundauffassungen nicht dulden konnten und ihn nicht nur jetzt fristlos entließen, sondern ihm auch noch einmal zwei Jahre später an seinem neugewählten Wohnsitz am Hochrhein Schwierigkeiten bei seiner Berufsausübung bereiteten. Aus der Not aber verstand Feger eine Tugend zu machen. Finanziell unabhängig, wie er von nun an war, konnte er sich jetzt ganz seinen neu erwachten historischen, insbesondere landesgeschichtlichen Interessen widmen. Er tat dies, indem er von Rheinfelden aus in freien Stunden Vorlesungen an der Universität Freiburg besuchte, wo dann vor allem die Begegnung mit Theodor Mayer seinen weiteren wissenschaftlichen Lebensweg bestimmen sollte. Der eben erst nach Freiburg gekommene Inhaber des mediävistischen Lehrstuhls hatte mit seiner neuen, auf die Verbindung von geschichtlicher Landesforschung und allgemeiner Verfassungsgeschichte zielenden Fragestellung einen Kreis von Wissenschaftlern um sich zu sammeln gewußt, der sich vor allem um die Erforschung der Erschließung und Besiedlung des Schwarzwaldes im hohen Mittelalter bemühte. An diesen Arbeiten nahm nun auch Feger aktiven Anteil. Aus ihnen erwuchs seine historische Dissertation „Zur älteren Siedlungsgeschichte des hinteren Wiesentals“ (1941) und ihr wiederum schloß sich der gemeinsam vom Freiburger Alemannischen Institut und von der damaligen „Oberrheinischen Historischen Kommission“ erteilte Auftrag an, die ältesten Urbare und Urkunden der Abtei St. Blasien zu edieren, eine Arbeit, die trotz umfangreicher Materialsammlungen durch den Krieg, der Feger hauptsächlich nach Italien führte, leider nicht zum Abschluß gediehen ist. Aber einen anderen Forschungsauftrag der Historischen Kommission, der für seine Tätigkeit nach dem Kriege von besonderer Bedeutung werden sollte, konnte er noch mitten im Kriege vollenden: die Herausgabe des ältesten Urbars des Bistums Konstanz (1943).
Diese Arbeit öffnete ihm den Weg ins Archiv der Stadt Konstanz, dessen Leitung er im August 1945 übernahm. Hier fand er Bestände vor, die durch Auslagerung völlig durcheinander geraten waren, aber auch Bestände, die noch völlig unverzeichnet dalagen. Mit großer Energie machte er sich zusammen mit seinen Mitarbeitern an Regestierung, Verzeichnung und Repertorisierung und erstellte in kaum drei Jahren Findbücher für alle älteren Abteilungen des Stadtarchivs, eine Leistung, die in den späteren Jahren, da er sich von der täglichen Archivarbeit immer mehr der Wissenschaft und der Geschichtsschreibung zugewandt hatte, von denen, die um die Lage des Konstanzer Stadtarchivs wußten, oft zu Unrecht vergessen wurde. Die zwanzig Jahre bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung waren erfüllt von intensiver Arbeit, die vor allem beherrscht wurde von dem Willen zu schreiben und zu edieren: es entstand die Reihe der vom Archiv herausgegebenen „Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen“, in der auch einige Editionen vor allem von Satzungsbüchern aus der Feder Fegers selbst Aufnahme fanden; es erschienen Editionen der Petershauser Chronik und der Richental'schen Konzilschronik. Aber weitum bekannt wurde Fegers Name nicht durch diese Editionen, in deren Gestaltung er nicht immer eine glückliche Hand besaß, sondern vielmehr durch seine heftig umstrittene politische Kampfschrift „Schwäbisch-Alemannische Demokratie“ (1946), durch seine kleine Konstanzer Stadtgeschichte (erstmals 1946) und durch seine nun leider einen Torso bildende dreibändige „Geschichte des Bodenseeraumes“ (1956 ff.), die ihm den für Historiker immer seltener werdenden Erfolg einbrachte, die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung in gut lesbarer Sprache einem weiten Leserkreis zugänglich gemacht zu haben. Hinter dieser Leistung stehen die ausgesprochenen wissenschaftlichen Arbeiten zur Stadt-, aber auch zur allgemeinen Verfassungsgeschichte des deutschen Südwestens zu Unrecht zurück. Erwähnt sei nur der gedankenreiche, die Forschung ungemein anregende Aufsatz „Zur Geschichte des alemannischen Herzogtums“ (1957).
Aber gleichwertig neben dem Archivar, dem Forscher und Geschichtsschreiber stand der begabte Organisator, dessen Tatkraft sowohl der heute weit über Deutschland hinaus bekannte „Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte“, als auch – freilich weniger ausgeprägt – der „Südwestdeutsche Archivtag“ und der „Arbeitskreis für südwestdeutsche Stadtgeschichtsforschung“ ihre Existenz und der deutsche Archivtag 1958 in Konstanz seinen überaus erfolgreichen Verlauf zu verdanken haben.
Durch all dies war Feger im Laufe der Jahre innerhalb des Kreises der Archivare und der landesgeschichtlich Forschenden des deutschen Südwestens zu einer exponierten Stellung gelangt. Umso härter traf ihn im Jahre 1965 eine schwere Erkrankung, die dann auch zum 1. Januar 1966 seine vorzeitige Pensionierung notwendig machte. Mit seinem relativ bald eintretenden Tode verlor die südwestdeutsche Landesgeschichtsforschung einen begabten Geschichtsschreiber, einen großen Anreger und Förderer, einen mitreißenden Organisator, einen geistvollen Redner und verloren schließlich die südwestdeutschen Archivare – trotz den vielen Kanten und Ecken seiner durch ein unruhiges und bewegtes Leben geprägten Persönlichkeit – einen liebenswerten und weithin angesehenen Kollegen.
Nachweis: Bildnachweise: Wort am See II. Preisträger des Bodensee-Literatur-Preises der Stadt Überlingen 1960-1969. 1970, 55

Literatur: H. Maurer, Otto Feger †, in: Der Archivar 22/1969, Sp. 121-124; O. Borst: In memoriam Otto Feger, in: Jahrbuch für die Geschichte der oberdeutschen Reichsstädte 14/1968, 180-182; (N. N.): In memoriam Stadtoberarchivrat Dr. Otto Feger, in: Konstanzer Almanach XV/1969, 55.
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