Stolz, Eugen Karl 

Geburtsdatum/-ort: 11.11.1874;  Rottenburg
Sterbedatum/-ort: 04.05.1936;  Tübingen
Beruf/Funktion:
  • Prof. für katholische Theologie in Tübingen
Kurzbiografie: Besuch der Volks-und Lateinschule in Rottenburg
1890 als Konviktor Besuch des Obergymnasiums in Rottweil
1894 Studium der Philosophie, klassischen Philologie und Theologie in Tübingen, Konviktor im Wilhelmsstift
1897 wissenschaftlicher Preis der Katholisch-Theologischen Fakultät
1898-1899 Alumne des Priesterseminars in Rottenburg
1899 2. Mai Priesterweihe in Rottenburg
1899 30. Mai Vikar in Reutlingen
1899-1933 Mitglied der württembergischen Zentrumspartei
1900 1. Sep. Gymnasialrepetent in Ellwangen, Ausarbeitung einer Promotionsarbeit
1901 Staatsstipendium für Lehramtskandidaten, das Stolz jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht annahm
1903 1. Dez. Repetent am Wilhelmsstift in Tübingen
1905 an der Universität Tübingen stellvertretend Vorlesung für Pädagogik
1907 stellvertretend Vorlesung für alttestamentliche Einleitung
1907 Entbindung von der Verpflichtung zum Pfarrkonkurs, „in Würdigung seiner bisherigen Tätigkeit in Kirche, Schule und Wissenschaft“
1908 12. Okt. Kaplan in Ergenzingen
1908 26. Nov. Promotion zum Lic. theol. h. c. in Tübingen
1911 Bibliotheksstudien in München
1912 Italienreise mit Staatsstipendium
seit 1913 Mitglied des Landesausschusses des katholischen Schulvereins
1916 Stadtpfarrer in Schelklingen
1920-1933 Mitglied im Reichsbund höherer Beamten
1923 2. Mär. außerordentlicher Prof. für Pastoraltheologie an der Universität Tübingen
1924 Promotion zum Dr. theol. h. c. in Tübingen
1926 persönlicher Ordinarius
1934 Mitglied im NSV
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Benedikt Stolz (1836-1907), aus Dietenheim (Großvater war Chirurg)
Mutter: Pauline, geb. Bengele aus Rottenburg (1843-1903)
Geschwister: 13, davon starben 9 bereits im Kindesalter; Pauline (1869-1931); Emilie (1873-1952); Albert (1876-1934)
GND-ID: GND/13947305X

Biografie: Dominik Burkard (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 269-271

Stolz absolvierte die für Tübinger Professoren der katholischen Theologie im 19. Jahrhundert typische Ausbildung und Laufbahn. Als Repetent in Tübingen wandte er sich unter der Anleitung seiner Lehrer Franz Xaver Funk und Johann Baptist Sägmüller vor allem der Patristik sowie dem Kirchenrecht zu. Seine Dissertation behandelte Leben und Schriften Didymus des Blinden. Zunächst fand Stolz im Pfarrdienst Verwendung. Stolz wurde Kaplan in Ergenzingen bei Rottenburg, nutzte jedoch jede freie Minute zum Studium und zur literarischen Tätigkeit. Diese erstreckte sich immer mehr auf das Forschungsgebiet der Pastoralliturgik und der religiösen Volkskunde. Trotz seiner wissenschaftlichen Ambitionen strebte Stolz, vermutlich aus persönlichen oder finanziellen Gründen (zwei seiner Schwestern führten ihm den Haushalt), nach einer Pfarrstelle. Bewerbungen um die Stadtpfarreien Blaubeuren (1907) und Freudenstadt (1914) blieben erfolglos. 1919 wurde Stolz, ohne sich publizistisch entsprechend positioniert zu haben, von der Tübinger Katholisch-Theologischen Fakultät auf die Berufungsliste des vakanten Lehrstuhls für Dogmatik gesetzt (Nachfolge Wilhelm Koch). Man darf vermuten, dass hierbei Sägmüller – und hinter diesem Bischof Keppler – die treibende Kraft gewesen ist. Zum Zug kam jedoch Karl Adam. Stolz wurde stattdessen im März 1923 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Pastoraltheologie berufen. Offenbar brachte der 48jährige die von der Fakultät gewünschte Erfahrung in der praktischen Seelsorge sowie Vertrautheit „mit dem schwäbischen Volk“ und „seinen geschichtlichen Anlagen, Bedürfnissen und Gebräuchen“ mit. Dass Stolz gute Beziehungen zu Keppler hatte, zeigt sein Beitrag für die Festschrift des Bischofs (neben Otto Schilling der einzige Mitarbeiter aus der Fakultät). Mehrfach übernahm er das Amt des Dekans der Fakultät, lange Jahre war er Vorsitzender der katholischen Laienstudenten im Tübinger Albertus-Magnus-Verein. Im April 1936 musste sich Stolz von Repetent Franz Xaver Arnold, seinem späteren Nachfolger, vertreten lassen und unterzog sich einer schweren Blasenoperation, an deren Folgen er wenig später überraschend in der Tübinger chirurgischen Klinik verstarb. Sein Grab fand er auf dem Rottenburger Klausenfriedhof.
1934 wurde Stolz anlässlich seines 60. Geburtstages als „einer der namhaftesten und fruchtbarsten Forscher auf dem Gebiete der religiösen Volkskunde“ gefeiert. In der Tat war er ein „Meister liebevoller Kleinarbeit“, die jedoch immer in größere Zusammenhänge führte. Zahlreiche Kirchen, Kapellen, Friedhöfe, Bildstöcke und Feldkreuze vor allem in Rottenburg, Tübingen und Umgebung fanden durch ihn eine wissenschaftliche Behandlung. Eingehend beschäftigte sich Stolz mit dem Kirchenjahr, seiner Entstehung und Entwicklung, seinen Festen und Feiern, seinem Brauchtum, mit Andachten, Gebeten und Liedern. Bereits seine Tübinger akademische Antrittsrede hatte das Kirchenjahr thematisiert. Weitere Arbeiten des „innigen Marienverehrers“ behandelten die Heiligenverehrung und ihren örtlichen Kult sowie das schwäbische Wallfahrts-, Ablass- und Bruderschaftsleben. Dazu kamen allgemeine Übersichten über das alte und neue religiös-kirchliche Leben der Heimat. Größere Werke sind von Stolz nicht erschienen. Seine Detailstudien publizierte er vielmehr auf der „Volkskanzel der Kleinpresse“. Stolz war mit Abhandlungen über schwäbisches Brauchtum und Heimatgeschichte langjähriger Mitarbeiter der „Tübinger Chronik“ sowie ständiger Mitarbeiter der „Tübinger Blätter“; auch dem „Sonntagsblatt“ und dem in Stuttgart erscheinenden „Volks- und Hauskalender“ stand Stolz lange Jahre beratend zur Seite.
Als Pastoraltheologe blieb Stolz hinter den in ihn gesetzten Erwartungen zurück. Dekan Geiselmann sprach in seiner Grabrede davon, über dem Gelehrtenleben von Stolz liege eine vierfache Tragik: Erstens sei das akademische Leben für Stolz nicht zuletzt aufgrund seines körperlichen Unvermögens eine Last gewesen. Zweitens sei Stolz an seiner Aufgabe, den 1923 neu errichteten Lehrstuhl für Pastoraltheologie zu übernehmen und vorhandene Ansätze auszubauen, gescheitert, weil er kein Aktivist gewesen sei. Drittens habe Stolz den falschen Ansatz gehabt; in seiner Studienzeit sei er „vom historischen Positivismus der damaligen Tübinger Schule“ geprägt worden, doch habe sich als Stolz 1923 zurückkehrte, in Tübingen ein geistiger Wandel vollzogen gehabt. Der „Dorfpfarrer“ habe den Anschluss an die neue Geistigkeit, an „Phänomenologie, Intuitionismus und Irrationalismus“, nie gefunden. Die Beschäftigung mit religiösem Brauchtum zu einer Zeit, als sich noch kaum jemand dafür interessierte, sei erst in nationalsozialistischer Zeit zu Ehren gekommen. Die Grabrede Geiselmanns erregte offenbar unter den Kollegen großen Unmut und konnte nicht, wie üblich, in der Theologischen Quartalschrift gedruckt werden.
Quellen: UA Tübingen: 126/674; DAR: G 1.7.1. PA Stolz; Registratur des Wilhelmsstifts Tübingen: D13.1b/6; Tübinger Chronik Nr. 263 vom 10. 11. 1934; Nr. 104 vom 6. 5. 1936; Nr. 106 vom 8. 5. 1936; Katholisches Sonntagsblatt Nr. 20 vom 17. 5. 1936, 384.
Werke: (Auswahl) Didymus, Ambrosius, Hieronymus, in: ThQ 87 (1905), 371-401; Paroikia, parochia und parochus, in: ebda. 89 (1907), 424-448; Schwäbisches Bruderschaftsleben [Vortrag bei der Jahresversammlung des Sülchgauer Altertumsvereins], in: Reutlinger Geschichtsblätter 22/23 (1911), 9 ff.; Die Urbansbruderschaft in Rottenburg a. N. Geschichte der Bruderschaft nebst ihren jetzigen Statuten, 1913; Zur Geschichte des Terminus parochus, in: ThQ 95 (1913), 193-203; Die Rottenburger Fronleichnamskapelle und die Ablassverleihung des Bischofs Albert von Marienwerder vom Jahre 1283, in: FDA 41 (1913), 236-240; St. Cyrill von Alexandrien als Wetterpatron, in: ThQ 98 (1916), 187-198; Geschichte der Weggentaler Wallfahrt, in: Eugen Sieber (Hg.), Die Wallfahrt zur schmerzhaften Mutter Gottes im Weggental und ihre Heimat Rottenburg a. N. Bilder und Skizzen zur Erinnerung an das vierhundertjährige Jubiläum der Wallfahrt am 2. Juli 1917, 1917, 5-43; Aus der Wallfahrtsgeschichte des Weggentals bei Rottenburg a. N., in: Historisch-politische Blätter für das Katholische Deutschland 159 (1917), 229-240; Die Entstehung des Kirchenjahrs, in: ThQ 105 (1924), 226-257; Bischof von Keppler als Homilet, in: J. Baumgärtner (Hg.), Dr. Paul Wilhelm von Keppler. 25 Jahre Bischof, 50 Jahre Priester. FS, 1925, 151-164; Parochus, in: ThQ 107 (1926), 1-8; (Übers.), Des heiligen KirchenlehrersGregor von Nyssa Lebensbeschreibung seiner Schwester Macrina, in: Des heiligen Bischofs Gregor von Nyssa ausgewählten Schriften aus dem Griechischen übersetzt (Bibliothek der Kirchenväter 56), 1927, 337-368; Die Univ. Tübingen und ihre Fakultäten, in: ThQ 108 (1927), 1-49; Die Patrone der Univ. Tübingen und ihrer Fakultäten, 1927 [zum Univ.-Jubiläum]; Das Recordare, in: ThQ 110 (1929), 130-141; Die Heiliglandfahrt Ludwigs von Württemberg im Jahre 1493, in: Hjb47 (1927), 526-536; Das Epitaph des Tübinger Propsts und Kanzlers Dr. decr. Joh. Vergenhans, gest. 5. Januar 1510, in: ThQ 114 (1933), 86-96; Ein römisches Missale vom Jahre 1482 als schwäbisches Heiliglandandenken, in: ebda. 115 (1934), 215-223.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in: ThQ 150 (1970), 129.

Literatur: Allgemeiner Personalkatalog der seit 1880 (1845) ordinierten geistlichen Kurie des Bistums Rottenburg, hg. vom Bischöflichen Ordinariat, 1938, 124; Verzeichnis der Geistlichen der Diözese Rottenburg-Stuttgart von 1874 bis 1983, [1984], 99; Rudolf Reinhardt, Der nichtgedruckte Nachruf auf den Tübinger Pastoraltheologen E. Stolz (1874-1936), in: ThQ 170 (1990), 209-216.
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