Württemberg, Eberhard II., Graf 

Andere Namensformen:
  • der Greiner
Geburtsdatum/-ort: nach 1315
Sterbedatum/-ort: 15.03.1392;  Stuttgart; begr. in der Stiftskirche Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: vor dem 17.9.1342 Elisabeth, geb. von Henneberg-Schleusingen
Eltern: Vater: Graf Ulrich III. von Württemberg (zwischen 1286 und 1291-11.7.1344)
Mutter: Sophie, geb. Gräfin von Pfirt (-25.3.1344)
Geschwister: Ulrich IV. (nach 1315-24. oder 26.7.1366)
Kinder: 2; Ulrich (nach 1340-23.8.1388), Sophie (nach 1340-26./27.4.1369)
GND-ID: GND/116321997

Biografie: Markus Müller (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 33-36

Er heiratete vor dem 17. September 1342 Gräfin Elisabeth von Henneberg-Schleusingen. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Ulrich und Sophie. Eberhard residierte in Stuttgart. Die Regierung trat er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Graf Ulrich IV. an, spielte aber schon bald als der Erstgeborene und Energischere die führende Rolle. Gegenüber Ulrich, der auf eine Teilung drängte, beharrte er auf der Einheit der Herrschaft. Als es 1361 zwischen den beiden endgültig zum Bruch kam, zwang er dem Bruder mit Gewalt die Zustimmung zu einem Hausvertrag ab, der Ulrich nur ein geringes Sondergut zur persönlichen Verfügung überließ. Gleichzeitig ließ er sich vom Kaiser für seine Lehen zugunsten seiner Tochter Sophie das Recht der weiblichen Erbfolge verbriefen. Sophie heiratete wenige Tage später Herzog Johann von Lothringen, der sich eben anschickte, die Regierung zu übernehmen, nachdem Eberhard seit der Verlobung des Paares zunächst als Vormund und dann nominell als Statthalter im Herzogtum Lothringen amtiert hatte. Als Herzog Johann vom französischen König bedrängt wurde, schloß er im Februar 1367 mit Eberhard und dessen Sohn Ulrich eine Erbvereinigung ab. Danach sollte im Fall eines erbenlosen Todes des lothringischen Herzogs oder der beiden württembergischen Grafen die Herrschaft an die jeweils andere Seite fallen. Dieser Fall ist nicht eingetreten, doch steigerte die lothringische Verbindung das Prestige der Grafen.
Zu Beginn von Eberhards Regierungszeit schien es ganz so, als könnte er über die bereits von seinem Vater als Pfandbesitz übernommene niederschwäbische Reichslandvogtei das große Ziel erreichen und die Reichsstädte im württembergischen Machtbereich schrittweise in seine Herrschaft eingliedern. Die noch ungefestigte Stellung Karls IV., der 1346 gegen Kaiser Ludwig den Bayern zum König erhoben worden war und sich zunächst noch mit einer starken wittelsbachischen Partei auseinanderzusetzen hatte, bot dazu günstige Voraussetzungen. Nach dem Tod Ludwigs 1347 wechselten Eberhard und sein Bruder sofort auf die Seite des Luxemburgers, den sie auch militärisch unterstützten. Eberhard zeigte sich dabei als fähiger Kriegsmann. Er entschied 1349 auf dem Feldzug gegen den Gegenkönig Günter von Schwarzburg das Gefecht bei Eltville durch eine geschickte Aktion zu Karls Gunsten, infolgedessen der Schwarzburger auf seine Thronansprüche verzichtete. Unbehelligt konnten die Grafen in diesen Jahren den Herrschaftsdruck auf die ihnen unterstellten Städte erhöhen. 1358/59 aber änderte der Kaiser seinen Kurs und erlaubte den Städten die Auslösung der schwäbischen Landvogteien samt den dazu gehörenden und versetzten Rechten und Einkünften des Reiches. Daraufhin ließen sich Eberhard und sein Bruder Ulrich im September 1359 von dem ambitiösen Herzog Rudolf IV. von Österreich für ein Bündnis gewinnen, das gegenseitigen militärischen Beistand sowohl im Falle der Verteidigung wie auch im Falle der Wahl des Herzogs oder einer der beiden Grafen zum König vorsah. Auf dem Hoftag zu Nürnberg im Sommer 1360 klagten die Städte, die Grafen behinderten den Handel und begünstigten das Raubrittertum. Kaiser Karl IV. lud die Grafen vor, die sich in dieser Sache verantworten sollten, und forderte von ihnen außerdem die Rückgabe verpfändeter Reichsburgen und die Auflösung des gegen ihn geschlossenen Bündnisses. Als diese sich weigerten, wurde unverzüglich mit drei Heeren der Reichskrieg gegen Württemberg eröffnet. Pfalzgraf Ruprecht belagerte Markgröningen, das Heer der Städte Göppingen und der Kaiser Schorndorf, das von Eberhard selbst verteidigt wurde. Die vollständige Niederlage der Grafen schien nur eine Frage der Zeit. Doch daran war Karl nicht gelegen. Bereits nach drei Tagen schloß er vor Schorndorf Frieden mit Eberhard, ohne daß es überhaupt zu ernsthaften Kämpfen gekommen wäre. Die Grafen verloren die niederschwäbische Landvogtei und die verpfändeten Reichsburgen und mußten zudem das Bündnis mit Herzog Rudolf aufgeben. Noch in diesem und dem folgenden Jahr stellte Karl aber den Grafen, von denen sich vor allem Eberhard jetzt häufig in seiner Nähe befand, eine Reihe von Privilegien aus, die erstmals den Gesamtkomplex der Herrschaften der Grafen als „Grafschaft Württemberg“ definierten, und die Grafen zu alleinigen Gerichtsherrn ihrer Leute sowie ihrer adligen Diener und Lehnsmannen und deren Leute machten.
Großes Aufsehen erregte der Überfall einiger Ritter unter Führung des Grafen Wolf von Eberstein auf Eberhard und seinen Sohn Ulrich im Sommer 1367 während eines Badeaufenthalts „im Wildbad“ (Wildbad oder Teinach). Die beiden konnten entkommen, und Eberhard belagerte umgehend mit einem großen Aufgebot die Burg Neueberstein, konnte sie aber nicht einnehmen. Rückendeckung gaben den Ebersteinern die territorialpolitischen Konkurrenten der Württemberger, die Markgrafen von Baden und die Pfalzgrafen bei Rhein, die vielleicht sogar Graf Wolf zu dem Handstreich angestiftet hatten.
Eine politische Kehrtwende vollzog in diesen Jahren Kaiser Karl IV. Das zuvor revindizierte Reichsgut gab er nun vielfach preis, um die Wahl seines Sohnes Wenzel zum König zu sichern. Dem diente auch die Wiedereinsetzung Eberhards 1371 als Landvogt in Niederschwaben. Ihm fiel damit die Aufgabe zu, die Zustimmung der Städte zur Nachfolge Wenzels durchzusetzen. Außerdem erwartete Karl von ihm wohl ein Vorgehen gegen die seit der Mitte der 1360er Jahre aufgekommenen genossenschaftlichen Zusammenschlüsse des Adels, die vor allem die Städte beunruhigten. Doch Eberhard vermied es, gegen die Gesellschaften vorzugehen. Als der Hauptmann des städtischen Landfriedensbündnisses, Graf Ulrich von Helfenstein, im Februar 1372 von einigen Adligen gefangengenommen und später ermordet wurde, legten die Städte diese Tat Graf Eberhard zur Last und rüsteten zum Krieg. Doch Eberhard errang schon im April 1372 einen vollständigen Sieg über das Städteheer nördlich von Ulm bei Altheim/Alb. Der Kaiser ließ nun alle Rücksichten auf die Städte fallen. Eberhard wurde Hauptmann des städtischen Landfriedens und später des an dessen Stelle getretenen Schutzbündnisses. In dieser Funktion sollte er die erheblichen Zahlungen der Städte an Karl durchsetzen, die dieser für den Ankauf der Mark Brandenburg benötigte. Seine Anerkennung Wenzels nach dessen Königswahl 1376 brachte dem Grafen einen neuen Schub an Pfandschaften ein, und zudem bot die Weigerung der Städte, dem neuen König zu huldigen, eine Handhabe, um gegen sie vorzugehen – diesmal sogar im Verein mit dem Kaiser. Die verlustreiche Niederlage seines Sohnes Ulrich bei Reutlingen im Mai 1377 machte alles zunichte. Noch im selben Monat lenkte Karl wieder ein. Er hob die Reichsacht gegen die Städte auf und vermittelte im August 1378 einen Frieden, bei dem Eberhard die Landvogtei endgültig preisgeben mußte. In der Folgezeit verschärfte sich die Konfrontation zwischen Herren und Städten. Zu Beginn des Jahres 1388 brach dann der allgemeine Krieg aus, unter dem Württemberg besonders zu leiden hatte. Am 23. August stellte Eberhard, der das Heer der Herren anführte, das städtische Aufgebot, das zu Plünderungen ausgezogen war, bei Döffingen in der Nähe von Weil der Stadt. Als die Herren während des Kampfes einen Zuzug frischer Truppen erhielten, war die Schlacht zu ihren Gunsten entschieden. Die schwäbischen Städte söhnten sich in den folgenden Jahren einzeln mit Eberhard aus. Sie haben nach Döffingen nie mehr die Kraft zu einer militärischen Offensive aufgebracht. Trotzdem hatte Eberhard im Grunde genommen den Kampf verloren, denn die Städte konnten letztendlich ihre Unabhängigkeit behaupten.
Dessenungeachtet ging die Expansion der Grafschaft unter seiner Regierung noch stärker voran als unter seinen bereits sehr erfolgreichen Vorgängern. Die Bedingungen waren ungünstig: Die erheblichen Bevölkerungsverluste durch die Pest ließen die regulären Einkünfte absinken. Die Landflucht nahm zu, begünstigt durch die aufnahmebereiten Reichsstädte. 1382/83 verlangte Eberhard wahrscheinlich in der ganzen Grafschaft der Bevölkerung die eidliche Verpflichtung ab, niemals aus der Herrschaft wegzuziehen. Mit Hilfe vermehrter Schatzungen und wohl auch dank der einträglichen Heiratsverbindungen seines Hauses konnte er aber bis zu Beginn der 1380er Jahre, als er vom Ankauf der Grafschaft Hohenberg und der Besitzungen der Ebersteiner zurückstehen mußte, immer noch größere Summen verfügbar machen, um weitere Herrschaften des Hochadels aufzukaufen. Nachdem sein Vater dazu bereits den Anfang gemacht hatte, erwarb Eberhard Zug um Zug nahezu den gesamten Besitz der in verschiedene Linien gespaltenen Pfalzgrafen von Tübingen, darunter Herrenberg, Calw, Böblingen, Sindelfingen und den Schönbuchwald. Damit war die Brücke zum Besitz im östlichen Schwarzwald geschlagen, wo er vom Grafen von Hohenberg die Herrschaft Nagold erwarb. Hervorzuheben ist auch der Gewinn der im Bereich von Enz und Zaber konzentrierten Herrschaftsrechte der Grafen von Vaihingen (Enz), wodurch sich nicht zuletzt der württembergische Lehnshof erheblich vergrößerte, und der Schirmvogteien über die Klöster Oberstenfeld, Rechentshofen, Zwiefalten, Murrhardt, Ellwangen und Alpirsbach.
Eberhard galt zu Lebzeiten seinen Gegnern, den Reichsstädtern, als habgierig und verschlagen. Zur legendären Gestalt wurde er durch die Schlacht bei Döffingen, wo er als über Siebzigjähriger zwar den Sohn verlor, aber den Sieg davontrug. Mit dem Ruf „niemand acht’ auf meinen Sohn, daß er erschlagen ist; und fechtet mannlich, da die Städter alle dahinten fliehen“ soll er unter den Städtern Verwirrung gestiftet und den Herren so zum Sieg verholfen haben. Der Stoff hat später Lied- und Balladendichtungen von Schiller und Uhland angeregt. Uhlands stärker an der Tradition orientierte Stilisierung als volkstümlicher Haudegen wirkte dabei nachhaltiger als Schillers heroischer Krieger. In dieser Gestalt ist der Greiner bis an die Schwelle der Gegenwart lebendig geblieben.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)