Urach, Wilhelm (II.), Herzog/Graf 

Geburtsdatum/-ort: 03.03.1864; Monaco
Sterbedatum/-ort: 24.03.1928;  Rapallo (Italien); begr. in der Gruft (Katholische Abteilung) der Schlosskirche Ludwigsburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: katholisch
Verheiratet: 4.7.1892 Amalie, geb. in Bayern
26.11.1924 Wiltrud, geb. Prinzessin von Bayern
Eltern: Vater: Wilhelm Herzog von Urach, Graf von Württemberg (6.7.1810-16.7.1869)
Mutter: Florestine, geb. Prinzessin von Monaco (22.10.1833-24.4.1897)
Geschwister: Auguste Eugenie (27.12.1842-11.3.1916)
Marie Josephine (10.10.1844-13.1.1864)
Eugenie (13.9.1848-26.11.1867)
Mathilde (14.1.1854-13.7.1907)
Karl (15.2.1865-5.12.1925)
Kinder: 9; Maria Gabriela (22.6.1893-19.3.1908), Elisabeth (23.8.1894-13.10.1962), Carola Hilda (6.6.1896-26.3.1980), Wilhelm (III.) (27.9.1897-8.8.1957), Karl Gero (19.8.1899-15.8.1981), Margarethe (4.9.1901-28.1.1975), Albrecht (18.10.1903-11.12.1969), Eberhard (24.1.1907-29.8.1969), Mechthilde (4.5.1912)
GND-ID: GND/117680648

Biografie: Wolfgang Schmierer (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 388-389

Er machte 1883 am Stuttgarter Karlsgymnasium Abitur, studierte zwei Semester in München und begann danach seine Karriere als Berufsoffizier: schon 1883 zum Leutnant ernannt, wurde er 1888 Premierleutnant, 1891 Rittmeister, 1897 Major, 1903 Oberstleutnant und Regimentskommandeur, 1906 Oberst, 1908 Kommandeur der 26. Kavalleriebrigade (Stuttgart), 1910 Generalmajor, 1912 Generalleutnant und Kommandeur der 26. Division (Stuttgart). Als 26. Infanterie-Division führte er sie 1914 in den Ersten Weltkrieg und in Kampfeinsätze in Frankreich, Rußland und Serbien. 1917 wurde er Kommandierender General und Führer des im Oberelsaß um Colmar im Stellungskrieg eingesetzten Generalkommandos z.b.V. Nr. 64 sowie General der Kavallerie. 1919 wurde er pensioniert. 1927 erschien in der Reihe „Württembergs Heer im Weltkrieg“ der von ihm bearbeitete Band „Die 26. Infanterie-Division im Weltkrieg 1914–18 Teil I 1914–1915“.
Er war zweifellos mit seiner Stellung als Chef einer württembergischen Nebenlinie unzufrieden und fühlte sich zu höheren Aufgaben fähig. Mehrfach fand er sich deshalb – erfolglos – zu Thronkandidaturen bereit: 1910 (zu der naheliegenden) für Monaco, 1913 für das neue Königreich Albanien, im Ersten Weltkrieg für Polen und für ein Großherzogtum Elsaß-Lothringen und 1918 für das geplante Königreich Litauen. Sein Verhältnis zu Kaiser Wilhelm II. war seit 1913/14 durch die unglückliche Liebe des jüngsten Kaisersohns, Prinz Joachim, zu seiner Tochter Elisabeth belastet.
Am 11. Juli 1918 wurde er auf Empfehlung des späteren Reichsministers Matthias Erzberger vom – faktisch allerdings gänzlich machtlosen – litauischen Landesrat (der Taryba) zum König von Litauen gewählt und erhielt den Namen Mindaugas II. Als katholischer Fürst aus der Nebenlinie eines süddeutschen Königshauses ohne eigene politische Ambitionen war er aus litauischer Sicht – im Gegensatz zu preußischen oder sächsischen Prinzen – der beste Garant für eine künftige eigenständige Entwicklung des Landes. Anders tendierende kaiserliche, dynastische, politische und militärische Interessen und letztlich die allgemeine politische Entwicklung, verhinderten die Verwirklichung auch dieser Thronkandidatur, die von der Taryba schließlich am 2. November 1918 widerrufen wurde. Arnold Zweig würdigte die Episode in seinem 1937 erschienenen Roman „Einsetzung eines Königs“ äußerst sachkundig.
Nach dem Ersten Weltkrieg widmete Wilhelm sich wissenschaftlicher Tätigkeiten und wurde 1922 mit einer Dissertation über die Stadtgeographie von Reutlingen an der Universität Tübingen zum Dr. phil. promoviert. Außer militärischen Arbeiten verfaßte er auch (unveröffentlichte) Entwürfe zur Geschichte seines Hauses. 1928 ließ er sich auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem herzoglichen Haus Württemberg um die Besitzrechte am Hofkammergut ein, die erst nach seinem Tod gegen die Urach’schen Ansprüche entschieden wurde.
Er verheiratete sich am 4. Juli 1892 in erster Ehe mit Amalie Herzogin in Bayern und in zweiter Ehe am 26. November 1924 mit Wiltrud Prinzessin von Bayern.
Quellen: HStA Stuttgart, Bestände E 51, E 55, GU 117, M 34, M 430/2.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Karl-Heinz Janßen, Macht und Verblendung – Kriegszielpolitik der deutschen Bundesstaaten 1914 – 1918, Göttingen 1963.
Gerd Linde, Die deutsche Politik in Litauen im Ersten Weltkrieg, Wiesbaden 1965.
Matthias Strässner, Das litauische Thronspiel, in: Stuttgarter Zeitung vom 16.1.1993.
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