Württemberg, Eberhard III., Graf 

Andere Namensformen:
  • der Milde
Geburtsdatum/-ort: nach 1362;  vermutlich in Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 16.05.1417;  Göppingen; begr. in der Stiftskirche Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 27.10.(?)1380 Antonia Visconti, geb. von Mailand
27.3.1406 Elisabeth, geb. von Nürnberg
Eltern: Vater: Graf Ulrich von Württemberg (nach 1340-23.8.1388)
Mutter: Elisabeth, geb. Herzogin von Bayern (1329-2.8.1402)
Geschwister: Halbbruder Ulrich von Stuttgart (spätestens 1382-zwischen 1422 und 1425)
Kinder: 4; Ulrich, Ludwig, Eberhard IV. der Jüngere (um 1388-2.7.1419), Elisabeth (-nach 26.4.1460)
GND-ID: GND/132122669

Biografie: Matthias Miller (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 39-42

Aus dem Leben Eberhards III. vor seinem Regierungsantritt am 15. März 1392 ist außer seiner Vermählung im Jahr 1380 mit Antonia Visconti so gut wie nichts bekannt. Nach den ständigen Auseinandersetzungen mit den süddeutschen Reichsstädten und der Niederlage bei Reutlingen 1377 waren die Grafen von Württemberg in akuter Geldnot. So stand bei der Ehe zwischen der Tochter des reichen Mailänders Barnabo Visconti und Eberhard III. neben dem politischen auch der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Barnabo Visconti hatte bereits mehrere seiner zahlreichen Töchter mit hohen Adligen im süddeutschen Raum verheiratet, so daß Eberhard III. nach der Eheabrede am 1. Juli 1380 und dem Beilager (27. Oktober?) 1380 in Urach zugleich mit den Häusern Bayern-Ingoldstadt, Bayern-München und Bayern-Landshut, sowie mit Herzog Leopold III. von Österreich verschwägert war. Daneben ermöglichte es die Mitgift von 70.000 Gulden Eberhard II. 1381 Burg und Stadt Herrenberg, sowie umliegende Dörfer für 40.000 Pfund Heller zu kaufen. Der Ehe mit Antonia von Mailand entstammten mehrere Kinder, die jedoch außer dem Sohn Eberhard alle in früher Kindheit starben. Lediglich von zwei weiteren Söhnen sind Namen genannt worden (Ulrich und Ludwig), die jedoch urkundlich nicht überliefert sind, sondern aus späteren Chroniken stammen. Nachdem Antonia im März 1405 gestorben war, beschloß Eberhard III., offenbar weil er durch das Überleben nur eines einzigen Sohnes um den Fortbestand des Geschlechtes fürchtete, nochmals zu heiraten. Die Wahl fiel auf Elisabeth von Nürnberg, eine Enkelin Kaiser Karls IV. und Nichte des 1400 abgesetzten Königs Wenzel. Die Eheabrede fand am 27. März 1406 in Neustadt an der Aisch statt. Eberhard III. reiste selbst nicht zum Vertragsabschluß, sondern schickte Abt Siegfried von Ellwangen und seinen Hofmeister Conrad von Geroldseck als seine Vertreter, die auch den Ringwechsel in Vertretung vollzogen. Das Beilager fand erst im November 1412 in Stuttgart statt. Warum zwischen Eheabrede und Beilager eine so lange Zeit verging, ist nicht bekannt. Die Braut wurde von Wenzel vorgeschlagen, um Eberhard III. von König Ruprecht weg auf seine Seite zu ziehen. Gleichzeitig sollen Eberhard die Einnahmen aus den süddeutschen Reichsstädten als Pfand versprochen worden sein, die er jedoch ablehnte. Die Hoffnung Eberhards auf weitere Söhne aus dieser zweiten Ehe wurde jedoch nicht erfüllt. Lediglich eine Tochter Elisabeth († nach 26.4.1460) wurde aus dieser Verbindung geboren.
Nach dem Tod seines Großvaters im März 1392 übernahm Eberhard III. sofort die Regierungsgeschäfte, auf die er seit 1389 durch Beteiligung an wichtigen Einungen mit Reichsstädten vorbereitet worden war, nachdem sein Vater 1388 in der Schlacht bei Döffingen gefallen war. Neben der Fortführung der von seinem Vorgänger bereits begonnenen Einung mit den schwäbischen Reichsstädten, betrieb Eberhard III. hauptsächlich eine Politik der Konsolidierung seines Territoriums. Die Kämpfe seines Großvaters und Vaters hatten im Hinblick auf Gebietsgewinne so gut wie nichts eingebracht, zumal der Versuch, das württembergische Territorium auf Kosten des Reiches zu vergrößern, gescheitert war. Doch gelang es Eberhard, innerhalb weniger Jahre ein dichtes Netz von bi- und multilateralen Einungen zu flechten, das nicht nur den Landfrieden sichern sollte, sondern auch andere wichtige rechtliche Belange wie Münzrechte und gegenseitige Hilfe abzudecken versuchte. Mit den seit 1389 durch die Auflösung der alten Städtebünde durch den Egerer Reichslandfrieden in ihrer politischen Position geschwächten Städten ging er zahlreiche Verbindungen ein, die sich sowohl in ihren Konstellationen als auch zeitlich häufig überschnitten. Daneben betrieb Eberhard eine ausgedehnte Bündnispolitik mit den benachbarten Fürsten (Baden, Pfalz-Bayern). Das am 27. August 1395 geschlossene Bündnis mit vierzehn oberschwäbischen Städten wurde unter Eberhards Regierung dreimal verlängert und kann neben dem im September 1405 geschlossenen Marbacher Bund als das beständigste friedenssichernde Element Schwabens im frühen 15. Jahrhundert angesehen werden. Nachdem es 1394/95 bereits gelungen war, die in Opposition zum Königtum stehenden Kräfte in Süddeutschland zu einen, ging Eberhard gegen die Ritterschaft als einzige König Wenzel noch unterstützende Partei vor. Diese hatte geglaubt, aus der Schwäche der Städte und der Zerstrittenheit der Fürsten jedoch mit Hilfe König Wenzels Kapital schlagen zu können und sich daher zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen. Diese Schlegel-Gesellschaft machte es sich zum Ziel, einer fürstlichen Landesherrschaft entgegenzuarbeiten, und hoffte, für dieses Unterfangen die Unterstützung König Wenzels zu erlangen, dessen politischer Einfluß in Schwaben allmählich verloren ging. Sie betrieb hauptsächlich Straßenraub und Plündereien und konzentrierte ihre Aktivitäten besonders auf den Nordschwarzwald und Gebiete der Pfalz. Die hiervon betroffenen Fürsten (Mainz, Pfalz, Speyer und Baden) schlossen sich am 23. Mai 1395 zu einem Bündnis zusammen, das die Vernichtung der Schlegel-Gesellschaft zum Ziel hatte. Der Zusammenschluß dieser wichtigen und mächtigen Fürsten zeigt, für wie gefährlich die Schlegel-Gesellschaft angesehen wurde. Im Sommer 1395 dehnten die Schlegler jedoch ihr Betätigungsfeld auch auf württembergisches Gebiet aus, was dazu führte, daß sich die Bündnispartner vom Mai 1395 mit Eberhard III., Herzog Leopold von Österreich und vierzehn oberschwäbischen Reichsstädten zusammenschlossen. Eberhard III. ließ die erste sich bietende Gelegenheit nicht aus, griff die in Heimsheim versammelten Ritter an und nahm deren Anführer gefangen. Hierdurch geschwächt ließ auch König Wenzel die Rittergesellschaft fallen, und gab am 27. November 1395 den Befehl für deren Auflösung. Eberhard gab sich großzügig und ließ die in Heimsheim Gefangengenommenen gegen geringe Strafen frei.
Durch sein diplomatisches Geschick in bezug auf Bündnisse und Einungen, sowie durch sein rasches Eingreifen in Heimsheim hatte Eberhard das Interesse der Kurfürsten geweckt. Bei den Beratungen über die Absetzung König Wenzels am 1. Februar 1400 in Frankfurt wurde daher neben den Geschlechtern Bayern, Sachsen, Meißen, Hessen und den Burggrafen von Nürnberg auch das Geschlecht der Württemberger für königswürdig befunden. Nachdem Pfalzgraf Ruprecht im August 1400 unter merkwürdigen Umständen zum König gewählt worden war, war auch im Süden Deutschlands das Königtum erneut präsenter geworden. Sowohl die Städte, als auch die Territorialherren mußten wieder um ihre uneingeschränkten Rechte fürchten. Nach dem Desaster des Romzuges von König Ruprecht, dem sich Eberhard III. nicht angeschlossen hatte, versuchte der König, durch harte Führung die Macht zu erhalten, die er sich besonders durch Privilegien für die Städte erworben hatte. Diese, sowie die führenden Fürsten fühlten sich durch diese harte Gangart jedoch in ihren Freiheiten eingeschränkt. Das hatte 1403/04 besonders Markgraf Bernhard von Baden spüren müssen, der versucht hatte durch eine selbständige Zollpolitik eigene Wege zu gehen, und daran von König Ruprecht und den mit ihm durch Bündnisse verpflichteten Württembergern und Straßburgern mit Härte gehindert wurde. Besonders der intrigierende Erzbischof Johann von Mainz förderte das Bestreben nach Unabhängigkeit bei den Fürsten und Städten, und schloß sich 1405 in Marbach am Neckar mit Baden, Württemberg, der Stadt Straßburg und weiteren siebzehn schwäbischen Städten zusammen. Ziel dieses Bündnisses war es in erster Linie, den Einfluß König Ruprechts und des noch immer nicht ganz entmachteten Wenzel im Südwesten Deutschlands einzudämmen. Ebenso wie der Bund gegen die Schlegler, war auch der Marbacher Bund ein reines Zweckbündnis, das Fehden zwischen einzelnen Bündnispartnern nicht ausschloß. So waren die 1398 zwischen Baden und Württemberg ausgebrochenen Streitigkeiten um Wildbänne im Schwarzwald trotz mehrerer Tagsatzungen in Weil der Stadt und Pforzheim auch 1405 noch nicht entschieden. 1397 schloß Eberhard III. auf drei Jahre ein Bündnis mit den Herzögen Wilhelm, Leopold, Ernst und Friedrich, sowie deren Vetter Albrecht von Österreich, denen er sich als Rat und Diener unterwarf. Diese damals nicht unübliche Unterwürfigkeit höhergestellten Fürsten gegenüber darf in diesem Falle nicht überbewertet werden, da die österreichischen Herzöge Eberhard III. sowohl im Schlegler-Krieg als auch bei der 1396 erfolgten Neuordnung des süddeutschen Münzwesens als gleichwertigen Partner kennengelernt hatten in Verbindung mit Bischof Burkhard von Augsburg und den Grafen Ludwig und Friedrich von Oettingen. Dieses Bündnis hatte jedoch auch den Hintergrund, die ebenfalls in das Jahr 1397 fallende wichtigste territoriale Erwerbung Eberhards politisch abzusichern. So verlobte er seinen einzigen Sohn Eberhard IV. mit Henriette von Montfaucon, der ältesten und gleichzeitig erbberechtigten Tochter des Grafen Heinrich von Mömpelgard. Nachdem Württemberg bereits 1324 im Zusammenhang mit dem Erwerb der Grafschaft Horburg und der Herrschaft Reichenweier im Elsaß Fuß zu fassen gesucht hatte, war der Ausgriff auf die Burgundische Pforte und damit die räumliche Nähe zum finanziellen und kulturell starken Burgund ein bedeutender Faktor in bezug auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung der württembergischen Stammlande am mittleren Neckar. Eberhard III. regierte die Grafschaft Mömpelgard bis 1409, bevor er sie seinem Sohn Eberhard IV. übergab. Die einzige sonst nennenswerte Gebietserwerbung hängt mit dem Ausverkauf der Grafen von Zollern zusammen. Seit 1391 begann die 1408 endgültig aussterbende Seitenlinie Schalksburg mit dem Verkauf ihrer Güter, und Eberhard III. nutzte die sich 1403 bietende Gelegenheit, sein Territorium nach Süden hin auszudehnen. Er erwarb für 28.000 Gulden die Herrschaft Schalksburg mit der Stadt Balingen und einigen umliegenden Dörfern. 1415 kaufte er ebenfalls von den Zollern die Orte Mössingen, Belsen und Öschingen, sowie weitere kleinere Orte.
Außenpolitisch im allgemeinen wenig aktiv, wurde Eberhard III. außer in den Reichskrieg gegen Straßburg 1393 auch 1408 in den Appenzeller Krieg verwickelt, bei dem er mit Herzog Friedrich von Österreich, den Reichsstädten um den Bodensee und dem Bischof von Konstanz dem von den Appenzeller Bauern bedrängten Abt von St. Gallen zu Hilfe kam.
Nach dem Wechsel an der Reichsspitze 1410 rückte Eberhard III. nicht zuletzt auch durch seine Frau Elisabeth wieder stärker in Königsnähe. War das Verhältnis zu König Ruprecht vor allem von räumlicher Interessensrivalität geprägt gewesen, entwickelte sich das Verhältnis zu König Sigismund zu einer Art respektierender Anerkennung beider Interessen. Die Nähe zu Sigismund wird durch verschiedene gemeinsame Auftritte auf dem Konstanzer Konzil deutlich, an dem Eberhard III. zwar nicht ständig teilnahm, seine Frau Elisabeth jedoch nach Ulrich von Richentals Chronik zu den engsten Vertrauten des Königspaars gehörte. Trotz dieser Vertrautheit mit dem neuen König scheint Eberhard jedoch immer wieder die vertragliche territoriale Absicherung auch mit dessen Widersachern gesucht zu haben. Dies machen Einungen mit Pfalzgraf Ludwig 1411 und die Bestätigung der Einung mit den Habsburgern 1416 deutlich.
Die Hofhaltung Eberhards wird von späteren Chroniken stets als äußerst aufwendig beschrieben. Wie seine Pracht gewohnten Frauen scheint auch er auf die Präsenz vieler ihn unterstützender Räte Wert gelegt zu haben, wie das bekannte Tafelbild „Ratssitzung Graf Eberhards des Milden“ zeigt. Die dargestellten Personen rekrutieren sich nur zu einem geringen Teil aus dem Lehnshof und der vertragsmäßig gebundenen Dienerschaft. Größtenteils scheinen sie hingegen nicht in Dienstverträgen gestanden zu haben, sondern aus freiem Willen und in der Hoffnung, Einfluß ausüben zu können, an den württembergischen Hof gekommen zu sein. Diese aufwendige Hofhaltung hatte ihren Preis, was sich in Eberhards seltenen Gebietserwerbungen und seinen um so häufigeren Verpfändungen und sogar Verkäufen niederschlägt. Der Graf bediente sich jedoch der Lehenpolitik, um seinen territorialen Machtzuwachs zu sichern. Durch freundliche Behandlung des Niederadels erreichte er häufiger die Öffnungen fremder Burgen oder die Auftragung von Lehen, als alle späteren württembergischen Grafen.
Eberhards Begräbnis wurde in Stuttgart mit großem Aufwand begangen. Die Bevölkerung und viele angereiste Adelige nahmen von einem Landesherrn Abschied, der die Geschicke Württembergs fünfundzwanzig Jahre lang mit großer Umsicht geleitet hatte, so daß sein Land durch geschickte Vertragspolitik von größeren Kriegen verschont blieb.
Quellen: HStA Stuttgart, Bestände A 602, A 157–160.
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. hist. 2o 587, 2o 953, 2o 73.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Werner Fleischhauer, Die sogenannte Ratssitzung des Grafen Eberhard des Milden von Württemberg. Die ikonographische Deutung eines verlorenen spätgotischen Tafelbildes, in: Württembergische Vierteljahreshefte 40 (1934), S. 198–212.
Friedrich Theophil Balthasar Seeger, Dissertatio Historica de Principe Illustri, Eberhardo Miti, Comite Wirtembergico, Tübingen 1767.
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