Marschalkenzimmern - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1275

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Marschalkenzimmern ist ein frühmittelalterlicher Ausbauort mit straßendorfartigem Kern. Die Siedlung liegt fast zentral in einer eher kleinen Gemarkung (646 Hektar Fläche), sie entwickelte sich um die Burg. Typische Gewann- und Flurnamen deuten auf (hoch)mittelalterliche Rodungen hin. 1572 gab es 14 Erblehenhöfe und den Widemhof, der der größte Hof war, sowie zehn Seldnerhäuser. Um 1623 wurde der Ort ein Marktflecken mit Marktrecht. 1634 brannten kaiserliche Truppen die Kirche und 16 Gebäude (darunter das Pfarrhaus und der Neue Bau) ab. Noch 1652 lagen 115 Jauchert Schlossäcker und 305 Jauchert Äcker brach. 1653 umfasste der Ort wieder 27 Häuser, wie vor dem Krieg. 1725 war die Zahl der Häuser auf 37 angewachsen. Im 18. Jahrhundert ereigneten sich zwei Großbrände: 1726 wurden bei einem größeren Brandunglück 14 Häuser zerstört, 1779 vernichtete ein Großbrand 13 Häuser der so genannten Vorstadt, 14 weitere wurden beschädigt. Die Bauern wirtschafteten auf einer klassischen Dreizelgenflur (Zelgen »Brachfeld«, »Hochmössingen« und »Dornhan«). Durch die Einführung des Kleeanbaus (1784) und die Stallfütterung (1794) konnte die Viehhaltung intensiviert und die Viehzahl erhöht werden. Marschalkenzimmern weist einen straßendorfartigem Kern und mehreren siedlungsverdichtenden Querstraßen auf. Neubaugebiet im Nordosten.
Historische Namensformen:
  • in Cimberen 1256
  • Marschalkenzimmern 1346
  • Marschalken zimmern
Geschichte: Der Ort wird erstmals 1275 urkundlich genannt. Es wird vermutet, dass der später zum Familiennamen des Adligen gewordene Titel Marschall (mittelhochdeutsch »marschalc«) auf das entsprechende Hofamt der Grafen von Lupfen, die als Inhaber der Landgrafschaft Stühlingen die Oberlehensherrschaft über Marschalkenzimmern besaßen, zurückgeht. Von der Familie der Marschälle von Zimmern gelangten Dorf und Burg in den Besitz der Herren von Ow, 1346 wird ein »Hainrich von Owe, gesessen zu Marschalken zimmern«, urkundlich genannt. Grundbesitz am Ort besaßen unter anderem das Kloster Alpirsbach sowie die Schwestern in Oberndorf und Wittichen. Von 1396/1404 bis 1461/65 war der Ort im Besitz der Herren von Gippichen. Durch Heirat und Kauf gelangte Marschalkenzimmern 1461 beziehungsweise 1465/73 an die Herren von Reckenbach. Graf Eberhard V. von Württemberg bestritt zunächst die Gültigkeit des Verkaufs und erkannte erst 1477 die reckenbachischen Gütererwerbungen an. 1551 erwarb der Rottweiler Hofrichter Wilhelm von Grafeneck Dorf, Schloss und Kirchensatz, 1598 erfolgte deren Verkauf an Herzog Friedrich I. von Württemberg. Die Oberlehensherrschaft war mittlerweile von den Grafen von Lupfen über den Reichserbmarschall Konrad von Pappenheim (1582) an die Fürstenberger (1639) gelangt, die sie bis 1805 behielten. Noch im 16. Jahrhundert hatte der Kaiser als Oberlehensherr der Landgrafschaft Stühlingen die jeweiligen adligen Inhaber von Marschalkenzimmern mit dem Blutbann belehnt. Der württembergische Herzog hatte beim Kauf die Blut- und Hochgerichtsbarkeit als kaiserliches Lehen, das vermutlich an die Landgrafschaft Stühlingen geknüpft war, anerkannt. Die Zehnten hatten als stühlingisches Lehen die jeweiligen Ortsherren inne. Seit 1613 besaßen die Herren von Anweil den Ort als württembergisches Afterlehen, das Patronatsrecht sowie die landesherrliche und die Malefiz-Obrigkeit verblieben aber bei Württemberg. Nach deren Aussterben (1664) wurde der Ort dem württembergischen Kammerschreibereigut zugeschlagen. 1710 belehnte Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg den Bruder seiner Mätresse, den Grafen Friedrich Wilhelm von Grävenitz, mit Schloss und Dorf. Von den zur Landgrafschaft Stühlingen gehörigen Rechten behielt sich der Herzog das Zollrecht und die kirchenherrschaftlichen Rechte vor. Beim Sturz der Mätresse (1733) wurde das Lehen eingezogen und der Ort erneut zum Kammerschreibereigut gezogen (1734), wo er bis 1807 blieb. In diesem Jahr wurde auch das Stabsgericht über die Höfe Burgösch, Ramstein, Butschhof, Wenthof und Bruderhaus aufgehoben. Schultheiß und Richter werden 1426 erstmals genannt. Im 16. Jahrhundert wurde das Dorfgericht durch den jeweiligen Ortsherrn besetzt. Die Gemeinde besaß das Recht, Mesner und Schützen zu wählen. Die verschiedenen Fuhr- und Frondienste gaben immer wieder zu Konflikten Anlass. Für das 17. und 18. Jahrhundert sind eine Anzahl Bittgesuche überliefert: So bat die Gemeinde wiederholt um die Wiederherstellung der Pfarrei, 1756 suchte sie um eine Erneuerung des Privilegs nach, von Einquartierungen befreit zu sein, und 1794/95 bat sie, die Heiratsgüter von Lasten zu befreien. In der Nähe des Pfarrhauses stand die von einem Wassergraben umgebene Burg (später als Schloss bezeichnet), die 1767/68 abgebrochen wurde. Außer einer gemauerten unterirdischen Brunnenstube haben sich von dem Schloss keine Spuren erhalten. Das ehemalige Schlossgut wurde Eigentum des württembergischen Staates, der es verpachtete. Dem Schloss gegenüber stand der so genannte Neue Bau, der 1634 abbrannte. 1807 kam Marschalkenzimmern zum Oberamt Sulz, 1938 zum Landkreis Horb. Zerstörung 1634, Brand 1726.
Wirtschaft und Bevölkerung: Marschalkenzimmern war ein mittelgroßes Dorf. Es umfasste 1598 circa 200 Einwohner (45 Bürger), 1618 waren es 266. Durch Kriegsereignisse und Pest ging die Bevölkerung rapide zurück. 1635 haben hier nur noch 63 Personen (14 Bürger), 1639 sogar nur 37 gelebt. 1641 umfasste der Ort wieder rund 140 Einwohner (31 Familien). Nach einem erneuten Rückgang waren es 1645 gerade 70, 1654 wieder 102 Einwohner. Weit über die Hälfte der Bevölkerung war somit im 30jährigen Krieg ums Leben gekommen. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts nahm die Bevölkerung sprunghaft zu (1703: 170 Personen, 1726: 319 Personen) und ging dann wieder zurück (1744: 255 Personen). Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts kam es erneut, trotz zweier Auswanderungswellen 1751 (mehrere Einwohner wanderten nach Nordamerika aus) und 1781/82 (27 Personen zogen nach Westpreußen) sowie wiederholter Seuchen zu einem großen Anstieg der Bevölkerung (1803: 442 Personen). 1804/05 wanderten circa 40 Einwohner nach Preußisch-Polen aus. 1612 wurden ein Schlossgut, neun größere Hofbauern, 25 Seldner und zehn Tagelöhner gezählt. 1715/16 gab es neben dem Schlossgut (200 Morgen Äckern, 100 Morgen Wald, Wiesen und Gärten) acht große Erblehenhöfe (durchschnittlichen je 65 Morgen Ackerfläche und 20 Morgen Wald- und Wiesenfläche) sowie 22 Seldnergüter. Der größte Teil der Bevölkerung war demnach arm und hatte kaum Besitz. Haupterwerbsquelle war die Land- und Forstwirtschaft. 1572 wird ein herrschaftliches Brauhaus erwähnt. 1590 wird ein Bad genannt. 1736 waren zwei Weber, ein Schmied und ein Ziegler, der an der 1715 auf dem Allmendplatz errichteten Ziegelhütte tätig war, ansässig. Ferner gab es eine Bierschenke (1706) und eine Hafnerhütte (1733).

Name: Burg/Schloss Marschalkenzimmern

Ersterwähnung: 1275
Kirche und Schule: Die 1275 erstmals genannte Kirche war Pfarrkirche für Marschalkenzimmern und Weiden. Sie besaß ein Nikolaus-Patrozinium. Das Patronatsrecht war als Lehen der Landgrafschaft Stühlingen im Besitz der Ortsherren, bis es 1598 mit der Kaplanei zu Weiden an Württemberg verkauft wurde. Bis zur Einführung der Reformation (1599) gehörte die Pfarrei zum Landkapitel Rottweil der Diözese Konstanz. Als 1536 in Weiden die Reformation eingeführt wurde, wurde das Filialverhältnis aufgelöst, weil der Ort zunächst katholisch blieb. Kriegsbedingt war der Ort 1635 bis 1639 zunächst eine Filiale der Pfarrei Fürnsal, dann der Stadtpfarrei Dornhan. Seit 1682 hatte Marschalkenzimmern wieder eigene Vikare. Der Gottesdienst fand bis zum Neubau der Pfarrkirche (1712ff.) im Schloss statt. Diese Kirche dient heute als Friedhofskapelle. Die älteste Glocke der Pfarrkirche stammt von 1767. Ein Jahr nach der Wiederbegründung der Pfarrei (1739) residierte wieder ein Pfarrer am Ort. Bedeutendster Pfarrer des Orts (1804–1844) war Friedrich August Köhler (1768–1844), der sich auch als Altertumsforscher, Ortschronist und Landeshistoriker einen Namen gemacht hat. Die heute in der neuen evangelischen Pfarrkirche, der 1964 erbauten Christus-Kirche, verwahrte Pfarrbibliothek ist eine Stiftung der Franziska Reichsgräfin zu Hohenheim (1786). Ein Schulmeister wird 1601 erstmals erwähnt. Nach den Kriegszerstörungen wurde erst 1654 wieder ein Schulmeister angestellt, der in seiner Wohnung unterrichtete. Ein eigenes Schulhaus richtete die Gemeinde 1805 ein. 1674 wurde die Sommerschule eingeführt. Die erste Schultafel wurde 1784 angeschafft. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts besuchten die Kinder nur an zwei oder drei Tagen pro Woche die Schule. Kirchenneubau von 1712ff. mit einfachem Dachreiter, anstelle des 1634 abgebrannten spätgotischen Vorgängerbaues. Davon noch Portal mit Jahreszahl 1512. Heute evangelische Pfarrei mit Filialen Weiden und seit 1911 Hochmössingen (Stadt Oberndorf am Neckar). Christuskirche von 1964. Die Katholiken zur Pfarrei Hochmössingen (Stadt Oberndorf am Neckar).
Patrozinium: St. Nikolaus
Ersterwähnung: 1275

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