»dieweilen Sie mit disen Händeln nichts zuethuen haben wollen«

Ein Falschmünzerprozess in Brackenheim 1670/71

Gefälschte 15-Kreuzer-Münze mit Porträt Kaiser Leopolds I. (1640–1705) und dem Doppeladler, auf der Brust Wappenschild des Hauses Habsburg. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS A 209 Bü 599. Zum Vergrößern bitte klicken.
Gefälschte 15-Kreuzer-Münze mit Porträt Kaiser Leopolds I. (1640–1705) und dem Doppeladler, auf der Brust Wappenschild des Hauses Habsburg. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS A 209 Bü 599. Zum Vergrößern bitte klicken.

Die corpora delicti liegen der Akte noch bei. Zerbrochene Falschmünzen, in sechs kleine Papierzettel eingewickelt. Die Geldstücke wurden Anfang Juli 1670 an verschiedenen Orten im württembergischen Amt Brackenheim eingezogen. Sorgfältig ist auf den Papierumschlägen die Herkunft des Geldes vermerkt. So heißt es beispielsweise: Den 4t[en] July [1] 670 ist dise falsche Münntz Subsignirtem gantz gelüfert, aber gleich ohne Müh, in 2 Stuckh zerbrochen worden. Ist uff 15 Xr [= Kreuzer] gemünnzt. Vogt zu Brack [enheim]. Auf einem anderen Zettel ist notiert, beede verhaffte weiber hätten beym Zoller alda, ein schoppen wein getrunckhen, und es [das Geld ] wexlen lassen.

Beede verhaffte weiberdas waren die Landstreicherinnen Anna Maria Försterin, etwa zwanzig Jahre alt, und die ungefähr 30-jährige Catharina Prägin, die aus der Reichsstadt Lindau stammte. In flagranti bei der Bezahlung mit gefälschten Münzen ertappt, kamen die beiden Frauen am 5. Juli 1670 in Brackenheim in Haft. Ebenfalls Anfang Juli wurde in der Reichsstadt Heilbronn der abgedankte Soldat Philipp Ludwig Werstenberger verhaftet. Mit ihm waren die Försterin und die Prägin von Stadt zu Stadt gezogen. Werstenberger wurde in Heilbronn ebenfalls der Falschmünzerei angeklagt und später nach Brackenheim überstellt.

Die folgenden Verhöre förderten zutage, welch erbärmliches Leben die Angeklagten über Jahre hinweg geführt hatten. So war Anna Maria Försterin bereits im sechsten Lebensjahr von ihren Eltern getrennt worden. Wo sie ihre Kindheit und Jugend verbrachte, erfahren wir nicht. Mit 17 Jahren heiratete Anna Maria den Sohn eines Hirten, mit dem sie jedoch nur kurze Zeit zusammenblieb. Anschließend trat sie als Magd bei verschiedenen Personen in Dienst, wobei die Engagements stets kurz waren. Es folgte eine ungewollte Schwangerschaft (das Kind starb nach der Geburt) und eine Odyssee durch Süddeutschland: Schwäbisch Hall, Regensburg, Stuttgart, Reutlingen, Lindau und Ulm waren die Stationen. Anna Maria fand sich mit der Prägin und Werstenberger, die ein Paar waren, zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen. Geld fehlte immer – was lag näher, als es selbst anzufertigen? Anna Maria verfügte über einschlägige Kenntnisse: Einer ihrer Weggefährten namens Michael Blau – es handelte sich um den Vater ihres Kindes – hatte sie die Kunst der Münzfälschung gelehrt.

Die Angeklagten versuchten in den Verhören, die im Sommer und Herbst 1670 in Brackenheim geführt wurden, zunächst alle Vorwürfe abzustreiten. Dies verwundert nicht – Falschmünzerei war nach dem damaligen Recht mit dem Tode zu bestrafen. Doch war das Leugnen des Offensichtlichen ein hoffnungsloses Unterfangen: Dem herzoglichen Vogt Friedrich Ludwig von Janowitz, der dem städtischen Gericht vorstand, fiel es leicht, die widersprüchlichen Angaben der Inhaftierten sukzessive aufzulösen und so der Wahrheit Schritt für Schritt näherzukommen.

Der Prozess in Brackenheim wurde wie alle Strafverfahren in Württemberg vom Oberrat in Stuttgart überwacht. Als Gutachter wirkten die gelehrten Juristen der Universität Tübingen mit. Bei der Urteilsfindung lag die letzte Entscheidung bei Herzog Eberhard III., der allerdings häufig den Einschätzungen seiner Räte folgte.

Am 25. Januar 1671 erging das Urteil im Brackenheimer Falschmünzerprozess. Die Angeklagten hatten Glück. Entgegen dem Gutachten der Tübinger Juristen, die für die beiden Frauen die Todesstrafe gefordert hatten, erkannte Herzog Eberhard III. auf Empfehlung seiner Räte auf eine mildere Strafe. Das Alter der Beklagten und die Tatsache, dass nur geringer materieller Schaden entstanden war, sprachen dafür, Gnade walten zu lassen. Anna Maria Försterin und Catharina Prägin sollten eine Viertelstunde in Halseisen gelegt, anschließend mit Ruten gezüchtigt und auf ewig des Landes verwiesen werden. Philipp Ludwig Werstenberger wurde zu zweijährigem militärischem Dienst in Ungarn an der Grenze zum Osmanischen Reich verurteilt.

Von Werstenberger wissen wir, dass er im Frühjahr 1673 nach Württemberg zurückkehrte. Die Spur von Anna Maria Försterin und Catharina Prägin verliert sich hingegen nach ihrem Prozess in der Geschichte.

Wolfgang Mährle

Quelle: Archivnachrichten 64 (2022), Seite 26.