Frauen und Kinder

Von Christof Strauß

 

Selbstbewusste Posen mit männlichem Habitus: Arbeiterinnen eines Pionierparks hinter der Front 1917/18. (Quelle: Landesarchiv BW, GLA 456 F 105, Nr. 177 Foto 9 )
Selbstbewusste Posen mit männlichem Habitus: Arbeiterinnen eines Pionierparks hinter der Front 1917/18. (Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 105, Nr. 177 Foto 9 )

Zu den ersten Opfern des Krieges an der Westfront zählten Frauen, die bei Übergriffen der deutschen Streitkräfte auf die Zivilbevölkerung – wie etwa Geiselerschießungen – getötet oder deportiert wurden. Hundertausende von Frauen wurden zu Kriegerwitwen und mussten sich und ihre zu Kriegswaisen gewordenen Kinder in oft prekären wirtschaftlichen Verhältnissen durchbringen. Kinder kamen in den unmittelbaren Kampfgebieten ums Leben oder starben bei Luftangriffen auf das feindliche Hinterland. Beim schwersten Angriff auf Karlsruhe trafen am 22. Juni 1916 französische Bomben ein Zirkuszelt, wobei 120 Menschen, darunter 71 Kinder, getötet und 167 verletzt wurden. Doch gab es auch Schüler, die sich begeistert zum Kriegsdienst meldeten oder an paramilitärischen Ausbildungen teilnahmen. Der Unterricht wurde reduziert, und viele Schulen wurden in Lazarette umgewandelt. Im Elsass wurden in den Gebieten, die von der französischen Armee kontrolliert wurden, in den Schulen sogleich die französische Sprache und ihre Unterrichtsmethoden wieder eingeführt.

Den durch Einberufungen bedingten Arbeitskräftemangel versuchte man nicht nur durch den Einsatz von Kriegsgefangenen, sondern auch durch die Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen in bis dahin von Männern dominierten Tätigkeitsfeldern zu kompensieren. Statt traditionell allein oder in der Gruppe für die Soldaten zu nähen, besetzten nun Frauen entsprechende Stellen in Büros und Fabriken, übernahmen verstärkt landwirtschaftliche Arbeiten und erschienen gar im öffentlichen Raum als Straßenbahnschaffnerinnen und Straßenkehrerinnen. Die Geburtenzahl sank in den kriegführenden Ländern rapide. Etappenhelferinnen und Krankenschwestern waren neben ortsansässigen Einwohnerinnen diejenigen Frauen, die der Front räumlich am nächsten kamen. Sie wurden zu Tausenden hinter den Linien eingesetzt, um so die Zahl der für den Kampf verfügbaren Männer zu erhöhen. Die kriegsbedingte Armut konnte aber auch dazu führen, dass Frauen in die Prostitution abrutschten. Die weibliche Untreue wurde gesellschaftlich sanktioniert, da man durch sie eine Demoralisierung der ins Feld gerückten Ehemänner befürchtete. Uneheliche Kinder waren kein Randproblem. Sexuelle Aktivitäten der Soldaten erregten indessen weitaus weniger die Gemüter: In den rückwärtigen Gebieten bestanden jeweils auf beiden Seiten der Front vom Militär betriebene Bordelle. Im weiteren Kriegsverlauf machte sich in Deutschland eine zunehmende Verknappung von Nahrungsmitteln und Verbrauchsgütern bemerkbar. Diese Mangelwirtschaft spürten insbesondere die mit der Versorgung der Familie betrauten Mütter unmittelbar. Als Folge kam es in deutschen Städten zu Hungerunruhen und Teuerungsprotesten unter wesentlicher Beteiligung von Frauen.

Fortschritte im Bereich der Frauenemanzipation erbrachte der Erste Weltkrieg ungeachtet der vielfältigen weiblichen Kriegsanstrengungen indes nur punktuell. Von einem umwälzenden und nachhaltigen Mehr an politischer und gesellschaftlicher Partizipation kann kaum gesprochen werden. In Deutschland erhielten die Frauen das allgemeine Wahlrecht im Jahre 1919, in Frankreich auf nationaler Ebene erst 1944.

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