Jüdische Geschichte im Museum am Burghof

von Markus Moehring

Die Sammlung zur jüdischen Geschichte im Museum am Burghof umfasst einige Dutzend Objekte. Vor dem Hintergrund, dass das Museum rund 50.000 Objekte betreut, ist dies ein nur kleiner Sammlungsbestand. Doch aus lokalgeschichtlicher Sicht ist er von besonderer Bedeutung. Macht er doch anschaulich, dass Jüdinnen und Juden zur Geschichte von Lörrach gehören und einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Stadt leisteten.

Bereits Museumsgründer Ernst Schultz, der unter den Idealisten war, die 1882 zum 200-jährigen Stadtjubiläum eine stadt- und kulturgeschichtliche Sammlung zusammentrugen, und der später das Lörracher Heimatmuseum leitete, nahm die ersten Objekte zur jüdischen Kultur in die Sammlung auf. Als die jüdische Gemeinde in Lörrach in den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Synagoge mit einem neuen Kronleuchter ausstattete, kaufte er ihr den alten Kronleuchter für die Museumssammlung ab. Im Museum blieb er als Erinnerungsstück erhalten, während die Synagoge selbst von den Nationalsozialisten zerstört wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es darum, an die durch den Holocaust zerstörte jüdische Kultur wenigstens mit historischen Gegenständen zu erinnern. Doch waren kaum noch Objekte zu bekommen. Das Museum erwarb deshalb zum Beispiel auf Auktionen auch Objekte zur jüdischen Kultur, wenn diese nicht aus Lörrach stammten. Doch sollte so wenigstens Anschauungsmaterial zusammengetragen werden, um in Ausstellungen jüdische Geschichte zum Thema machen zu können.

Manche Objekte der Sammlung tragen aber sehr authentisch dazu bei, jüdisches Leben in Lörrach beispielhaft anschaulich zu machen. So bietet ein historischer Chanukka-Leuchter die Möglichkeit, den Museumsbesuchern Brauchtum und Bedeutung des Chanukka-Festes zu vermitteln. Ein erhalten gebliebenes Gipsmodell der Gedenktafel, die in Lörrachs Synagoge einst an die Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg erinnerte, zeigt, wie sehr die jüdische Bevölkerung damals in die Gesellschaft integriert war und junge jüdische Lörracher als Soldaten für Deutschland in den Krieg zogen und mit ihrem Leben bezahlten. Ein bei Straßenbauarbeiten in Lörrach-Stetten geborgener zerstörter jüdischer Grabstein dürfte vom „Alten Lörracher Judenfriedhof“ stammen und dient als Mahnung und Erinnerung an die Schändung dieses Friedhofs im Dritten Reich.

In zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen machte das Museum am Burghof in den vergangenen Jahrzehnten Lörrachs jüdische Geschichte zum Thema. Beispiele sind die Wanderausstellung „Anne Frank und wir“, ergänzt durch die Ausstellung „Jüdisches Leben in Lörrach“, eine Ausstellung über Judenfriedhöfe in der Region oder die Ausstellung zur Deportation 1940, die in Lörrach mit ergreifenden Fotos dokumentiert ist. In der Dauerausstellung Expo TriRhena erinnert eine ständige Vitrine an die jüdische Bevölkerung in der Region.

Das Museum konnte aber nicht nur zur Erinnerung an die jüdische Geschichte beitragen, sondern darüber hinaus auch den Prozess der Wiedergründung einer jüdischen Gemeinde aktiv begleiten. Den verantwortlichen jüdischen Frauen und Männern um Dr. Weinberg ging es bei der Wiedergründung darum, ihre neue Gemeinde mit der jüdischen Tradition in Lörrach zu verbinden. Die Möglichkeiten dazu waren nach der Zerstörung der Synagoge und ohne die Möglichkeit, persönliche Verbindungen zur ehemaligen jüdischen Bevölkerung der Stadt zu pflegen, sehr begrenzt. Da bot die im Museum am Burghof gepflegte Erinnerungskultur den besten Ansatzpunkt. 1995 wurde im Hebelsaal des Museums am Burghof nach einem halben Jahrhundert wieder eine jüdische Gemeinde in Lörrach gegründet. Jahrzehntelange Sammlungs- und Dokumentationsarbeit im Museum erhielten plötzlich eine konkrete aktuelle Bedeutung und erleichterten den Start zu einer neuen lokaler jüdischen Identität. Die Israelitische Kultusgemeinde ist seither einer der ständigen Partner in der Arbeit des Museums. Immer wieder bietet sie, häufig gemeinsam mit Christen und Muslimen, eigene Beiträge zu verschiedenen Themen der aktuellen Sonderausstellungen insbesondere bei Veranstaltungen im jeweiligen Rahmenprogramm.[1]

Anmerkungen

[1] Dieser Text entstand im Jahr 2007 für die Publikation „Jüdisches Leben in Lörrach“ und ist in Band 7 der Lörracher Hefte erschienen.

Zitierhinweis: Markus Moehring, Jüdische Geschichte im Museum am Burghof, in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.02.2023.

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