Crailsheim mit Goldbach und Ingersheim
Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.
Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.
Die von den Hohenlohe in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gegründete Stadt Crailsheim gelangte 1399 an die Burggrafen von Nürnberg, die späteren Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. 1791 wurde Crailsheim nach der Abdankung des letzten Markgrafen preußisch, 1807 bayerisch und 1810 württembergisch.
1348/49 kam es hier im Gefolge des damals in Europa grassierenden „Schwarzen Todes" zu einer Judenverfolgung. Im 15. Jahrhundert waren in der Stadt wieder Juden ansässig. Das Urteilsbuch des kaiserlichen Landgerichts der Burggrafschaft Nürnberg erwähnt 1456-58 einen Juden aus Crailsheim. In dem um 1480 geschriebenen Crailsheimer Pfarrbuch ist eine Judenordnung überliefert, die für die judenfeindliche Anschauung jener Zeit überaus aufschlussreich ist: Nachdem die Ordnung eingangs den Juden den Vorwurf gemacht hatte, sie betrieben nicht nur zum Nachteil der Christen Wucher, sondern sie lästerten auch den christlichen Glauben, nachdem sie außerdem die Fürsten kritisiert hatte, weil diese aus fiskalischen Gründen den Juden die Niederlassung gestatteten, stellte sie für das Verhalten der in der Stadt lebenden Juden u.a. die folgenden Forderungen auf: Die Bademeister sollten für die Juden bestimmte Badetage festlegen, damit die Christen nicht mit ihnen baden müssten, da Klerikern wie Laien der den Juden anhaftende Geruch zuwider wäre; der Geruch rührte von den gepfefferten Knoblauchspeisen und Gewürzen her, die die Juden täglich zu sich nähmen, um sich wirksam gegen Pest und Aussatz zu schützen. Wenn die Sakramente durch die Straßen getragen würden oder Prozessionen stattfänden, sollten die Juden zu Hause bleiben, Türen und Fenster schließen. Die Juden, die Christen gegen einen jährlichen Zins in ihre Häuser aufnähmen, müssten eidlich geloben, dass sie keine Knaben raubten, kein Blendwerk trieben, nichts gegen die Stadt oder die Kirche unternähmen, sich nicht mit Zauberei abgäben und keine Brunnen vergifteten. In der Fastenzeit von Sonntag Lätare bis zur Oktav nach Ostern dürften sie Christen nicht rechtlich belangen, mit ihnen keine Handels- oder Geldgeschäfte treiben oder Pfänder von ihnen verlangen, da sie ja während ihres Laubhüttenfests und anderer Feiertage auch nicht gestört sein wollten. In der Karwoche von Mittwoch nach Palmsonntag bis Ostern, ebenso an Fronleichnam und der Oktav danach war ihnen verboten, ihre Häuser zu verlassen oder die Fenster zu öffnen. Sie sollten keine Ware (keine Frucht, keine Hühner und keine Fische), die sie nicht gekauft hätten, anfassen, da alles Lebendige, was sie berührten, verkümmern und absterben würde. Die Abhaltung von Gottesdiensten (conventicula) war ihnen erlaubt, jedoch nicht in der Nähe von Kapellen oder vom Marktplatz.
Auch im 16. Jahrhundert bestand die jüdische Gemeinde weiter (Erwähnung 1508, Schutzbrief von 1524). Nachdem 1560 ein fürstlicher Befehl ergangen war, der die Abschaffung der Juden für die ganze Markgrafschaft mit Ausnahme von Fürth angeordnet hatte, wurden sie wahrscheinlich auch von hier vertrieben. In den neunziger Jahren lebten in der Stadt wieder Juden. Am 12. Januar 1598 nahm beispielsweise Markgraf Georg Friedrich den Juden Daniel mit Weib, Kind und Hausgesind in seinen Schutz und erlaubte ihm, in Crailsheim haussässig zu wohnen. Daniel durfte nur den landläufigen Zins von 5 Prozent nehmen. Es war ihm daneben gestattet, redliche und ehrliche Hantierung und Kaufmannschaft zu treiben. Als Aufnahmegeld hatte er 20 Gulden Groschen, als jährliches Schutzgeld den gleichen Betrag zu zahlen, ebenso Steuer, Reis, Zoll und Maut zu entrichten.
Von Ende des 16. Jahrhunderts bis hinein ins 20. Jahrhundert waren wahrscheinlich ununterbrochen Juden in der Stadt wohnhaft. 1631 gehörte ein Crailsheimer jüdischer Einwohner dem „unschuldigen Ausschuss" an, einem Organ der ansbachischen Landjudenschaft, das wohl von der Herrschaft mit dem Aufbringen und Kassieren des Schutzgelds beauftragt war. Im gleichen Jahr siedelten einige Juden von hier nach Ansbach über. 1695 erwirkte der Hofjude Marx Model bei Markgraf Georg Friedrich für mehrere Crailsheimer Juden die Erlaubnis zur Niederlassung in Ansbach.
In der Markgrafschaft Ansbach besaßen die Juden eine Landesorganisation: Die ansbachische Landjudenschaft, der ein Oberrabbiner mit Sitz in Schwabach und ein Oberparnes oder Oberbarnos (= Obervorsteher) mit Sitz in Ansbach, seit 1746 drei Oberbarnosse vorstanden, bildete im 17. und 18. Jahrhundert gewissermaßen einen Staat im Staat. Sie ordnete ihre rechtlichen und religiösen Angelegenheiten weit gehend selbständig. Zwei Kassierer, ein Landschreiber und ein Landbote besorgten die Finanzverwaltung der Landjudenschaft, die als Korporation größere Abgaben an die Herrschaft zu entrichten hatte und zu diesem Zweck wie zur Durchführung ihrer Aufgaben und zur Besoldung ihrer Bediensteten Leistungen von den einzelnen Juden in Anspruch nahm, so eine jährliche Abgabe von 1 Prozent des Vermögens und 12 Gulden Familiengeld, außerdem Abgaben bei Todesfällen (sogenannte Sterbeanlagen), Hochzeitsgelder, Abzugsgebühren bei Wegzügen aus der Markgrafschaft usw. Im 18. Jahrhundert fand alle 3-4 Jahre in Lehrberg (Kr. Ansbach) ein Landtag statt, an dem alle jüdischen Männer teilnehmen mussten. Dort wurden die Vermögenseinschätzungen vorgenommen, die allgemeinen Abgaben umgelegt und alle anstehenden Korporationsangelegenheiten beraten. Die Aufsicht über die Landjudenschaft oblag zuletzt der Domänenkammer in Ansbach.
Der Oberrabbiner und die Oberbarnosse, die zusammen die oberste Verwaltungsbehörde der Landjudenschaft bildeten, wurden vom Markgrafen auf Vorschlag der Landjudenschaft ernannt. Die übrigen Beamten der Korporation wurden von den Juden gewählt und von der Regierung bestätigt. Dem Oberrabbiner, dessen Einkommen sich aus einem kleinen Gehalt der Landjudenschaft sowie aus zahlreichen Sporteln und Gebühren für Kasualien, rechtliche Entscheidungen usw. zusammensetzte, unterstanden die Landrabbiner, von denen zeitweise auch einer seinen Sitz in Crailsheim hatte. Die Oberbarnosse hatten eine Anzahl Barnosse unter sich, denen u. a. der Einzug der herrschaftlichen Steuern (mit Ausnahme der von den Juden an die christlichen Gemeinden zu leistenden Abgaben) oblag.
Die freiwillige und zum Teil auch die streitige Gerichtsbarkeit unter den Juden übte der Oberrabbiner in Gemeinschaft mit den Oberbarnossen aus. Rabbiner und Barnosse besaßen in ihren Gemeinden eine beschränkte Strafgewalt (Geldstrafen bis 10 Taler, Strafen von 1-2 Pfund Wachs), daneben stand ihnen das Recht zu, den großen und kleinen Bann auszusprechen.
Die Landjudenschaft hatte als Korporation folgende Abgaben an die Herrschaft zu leisten: a) ein Generalschutzgeld oder eine Frühlingsanlage, die im Lauf des 17. Jahrhunderts von 500 Gulden auf 1.200 Taler anstieg; b) ein Herbstanlagegeld oder sogenanntes Pferdegeld in Höhe von 3.000 Gulden (eine Geldpauschale für die den Juden ursprünglich auferlegte Verpflichtung, zu einem festgesetzten Preis die ausgemusterten herrschaftlichen Pferde zu übernehmen); c) ein Neujahrsgeld im Betrag von 1.500 Gulden; d) Stolgebühren von 46 Gulden 48 Kreutzer an die ansbachischen Geistlichen (daneben hatten die einzelnen israelitischen Gemeinden an die Pfarrer ihrer Wohnorte zusätzliche Summen für entgehende Stolgebühren abzuführen); e) Gänsegelder von jährlich 75 Gulden; f) einen jährlichen Beitrag von 50 Gulden. zur Unterhaltung des Zuchthauses in Ansbach. Die israelitischen Gemeinden hatten Abgaben an die christlichen Orts gemeinden zu entrichten. Die einzelnen Juden waren zur Entrichtung des Schutzgeldes verpflichtet, das lange je nach Vermögen sehr unterschiedlich bemessen war, 1724 aber von Markgräfin Christiane Charlotte auf einheitlich 7 Gulden 8 Kreutzer festgesetzt wurde, wobei Minderbemittelte häufig auch nur die Hälfte oder den vierten Teil, den sogenannten Schutzgulden, bezahlten. Bei der Aufnahme in den Schutz, die nach einer Verordnung von 1712 in einer Landstadt den Nachweis eines Vermögens von mindestens 500 Gulden voraussetzte, berechnete die Herrschaft Rezeptions- oder Konzessionsgelder, die sich in einer Landstadt wie Crailsheim auf 75 Gulden beliefen. Hinzu kamen noch Sporteln und Schreibgebühren. Die Bediensteten der Landjudenschaft und der israelitischen Gemeinden (Rabbiner, Lehrer usw.) waren vom Schutzgeld befreit. Leibzoll wurde nur von fremden Juden erhoben (Ansbachische Leibzollord nung von 1662). Beim Abzug aus dem Land musste Nachsteuer entrichtet werden, von der die Kinder von Schutzjuden befreit waren, wenn diese sich außerhalb der Markgrafschaft verheirateten, weil sie hier nicht in den Schutz aufgenommen werden konnten. Neben den ordentlichen Abgaben verlangten die Markgrafen gelegentlich noch außerordentliche finanzielle Leistungen. So wurde 1690 der Judenschaft ein namhafter Beitrag zur Reise des Erbprinzen auferlegt.
Die ansbachischen Markgrafen waren im 18. Jahrhundert den Juden, aufs ganze gesehen, nicht ungünstig gesinnt und verteidigten sie wiederholt gegen Anschuldigungen ihrer christlichen Untertanen. Der letzte Markgraf, Carl Alexander (1757-91), äußerte sich einmal dahin, dass es im herrschaftlichen Interesse sehr verträglich erachtet werde, allen vermöglichen Juden ohne Ansehung des Ortes den Schutz zu verleihen. Der fiskalische Gesichtspunkt war also auch noch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts für die ansbachischen Fürsten bei der Aufnahme von Juden letztlich maßgeblich. Daneben gewannen aber die Ideen der Aufklärung Raum. So schlug die Regierung 1772 ein Verfahren gegen den Crailsheimer Juden Jesaias Wolf nieder, der eines Verbrechens angeklagt wurde, „dessen die Juden in den früheren barbarischen Zeiten, jedoch immer mit Ungrund beschuldigt wurden". Auch in diesem Fall fehle jedes corpus delicti, jeder Schein eines Verbrechens. Bis zur Übernahme der ansbachischen Markgrafschaft durch Preußen waren die Juden von allen Gewerben ausgeschlossen, auf Geldgeschäfte, auf Schacher, sogenannten Unterhandel, auf Vieh- und Pferdehandel sowie auf Juweliergeschäfte angewiesen. Die kurze Zeit der preußischen Herrschaft (1792-1806) brachte den ansbachischen Juden in staatsbürgerlicher wie in gewerblicher Hinsicht manche Verbesserung. Als bezeichnend für den Geist der neuen Regierung mag die Äußerung des Kreisdirektoriums von Crailsheim (Fischer) gelten: „Der Jude ist Mensch wie der Christ, er ist natürlicher Bürger des Staats, in dem er geboren ist, er hat also auch Anspruch auf die Bürgerrechte... Bisher konnte der deutsche Jude nicht sagen, dass er ein Vaterland habe, daher auch keine Vaterlandsliebe. Das mit Abgaben beschwerte Volk wird zum Wucher gedrängt, der Mehrgeachtete wird eine bessere Industrie treiben. Lehranstalten sollten in Ansbach und Fürth errichtet werden."
Crailsheim zählte 1712 zu den wohlhabendsten Judenorten der Markgrafschaft, 1714 waren 16 jüdische Familien ansässig, 1752 78 Schutzjuden, 1783 errichtete die israelitische Gemeinde eine Synagoge in der Kupfergasse, zuvor hatte sie nach der Oberamtsbeschreibung von 1884 eine Synagoge bzw. einen Betsaal in der Ringstraße besessen.
Im 19. Jahrhundert nahm die israelitische Gemeinde im Verhältnis zeitweise stärker als die christliche Einwohnerschaft zu. Nach 1910 sank jedoch die Zahl der jüdischen Bürger durch Abwanderung ungewöhnlich rasch wieder ab: 1808 lebten in Crailsheim 85 Juden (20 Familien), 1824 123, 1831 144, 1843 168, 1854 182, 1869 210, 1886 291, 1900 316, 1910 325, 1925 196, 1933 160.
Seit 1832 unterstand die israelitische Religionsgemeinde, zu der auch die jüdischen Einwohner von lngersheim (1808 26, 1854 34 Juden), Goldbach (1808 46, 1854 89, 1869 29 und 1886 4 Juden) und Unterdeufstetten gehörten, dem Rabbinat Braunsbach, später dem Rabbinat Schwäbisch Hall. Von 1835 bis 1923 bestand hier eine israelitische Volksschule. Der Lehrer war zugleich Vorsänger in der Synagoge. Die 1783 errichtete Synagoge wurde 1863 vergrößert. 1841 legte die jüdische Gemeinde einen eigenen Friedhof an.
Zwischen christlichen und jüdischen Einwohnern herrschte zu Beginn des 20. Jahrhunderts und noch in den Jahren der Weimarer Republik ein gutes Verhältnis. Manche jüdischen Bürger genossen in der Stadt ein hohes Ansehen. So rühmte 1910 der damalige Stadtschultheiß in einem Beileidschreiben dem verstorbenen Landesproduktenhändler Meier Rosenfeld nach, er sei nicht nur ein wahrer Freund städtischer Interessen und eine für das Erwerbsleben vorbildliche Persönlichkeit gewesen, sondern er habe auch in uneigennütziger Weise seinen Mitbürgern genützt und sich namentlich mit warmem Herzen der Bedürftigen und Armen angenommen. Unter den Crailsheimer Gefallenen des Ersten Weltkriegs befanden sich fünf jüdische Bürger: Heinrich Goldstein, Julius Hallheimer, Willy Heinsfurter, Moritz Mezger und Sigmund Schloßberger. Der Kriegsfreiwillige Friedrich Loeb (Leutnant) wurde mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet. In einem Flugblatt, in dem sich der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten gegen den Vorwurf verwahrte, die Juden hätten im Ersten Weltkrieg ihre Pflicht nicht getan, wurde darauf hingewiesen, dass acht Söhne von Frau Therese Kraemer aus Crailsheim im Felde gestanden hätten. In den Jahren der Weimarer Republik gehörte der 1942 in Maly Trostinec ermordete David Stein (Weltkriegsteilnehmer mit Auszeichnungen) zeitweise dem Gemeinderat an. Stein war auch Abgeordneter bei der Amtsversammlung, stellvertretender Leiter der Freiwilligen Feuerwehr, Mitglied des Gewerbeschulrats usw. Dr. Königsberger war örtlicher Fürsorgearzt. Theodor Rosenfeld führte bis zu seiner Übersiedlung nach Stuttgart im Jahr 1930 den Vorsitz der ADAC-Ortsgruppe. Im November 1932 ernannte ihn der Turnverein Crailsheim für seine Verdienste beim Bau der Turnhalle zum Ehrenmitglied.
Im wirtschaftlichen Leben der Stadt spielten Juden noch 1933 eine nicht unwichtige Rolle. Sie hatten damals u. a. folgende Geschäfte und Unternehmen inne: eine Damenschneiderei und Stickerei (Klara Bär); mehrere Manufakturwarengeschäfte (Selma Böhm, Moritz und Siegfried Eppstein mit Jakob Oppenheimer, Samuel Friedmann, Sidonie Schlesinger), eine Getreide- und Wollgroßhandlung (M. Rosenfeld), ein Putzmacher- und Hutgeschäft (Fanny Heimann), eine Seifen-, Öl- und Fetthandlung (Hermann Hilb), eine Tabakwarengroßhandlung (Nathan Kohn), eine Branntweinbrennerei (Nathan Landauer), die Firma Alfred Levi - Herstellung und Vertrieb von Lederwaren und Sportbekleidung, eine Metzgerei (Max Mezger), eine Bäckerei (Moses Rosenthal), eine Eisenwarenhandlung (Stein), eine Landmaschinenfabrik und Autoreparaturwerkstätte (Berthold Stein). Mehrere jüdische Bürger waren im Vieh- und Pferdehandel tätig (z.B. Joseph und Julius Goldstein, Julius Gutmann, Karl Hallheimer, Louis Mezger und Simon Schlossberger).
Nach der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus hatten die jüdischen Geschäfte schon bald unter Boykottmaßnahmen zu leiden. Eine gesellschaftliche Diskriminierung der Juden, der jedoch ein Teil der christlichen Bürger passiven Widerstand entgegensetzte, ging damit Hand in Hand. Bereits 1933 wurde Mina Stern, die als Schreibkraft bei der Kreissparkasse tätig war, aus rassischen Gründen entlassen. 1935 verbot die Stadtverwaltung den Juden den Besuch des Städtischen Bads (nach Bericht im Jewish Chronicle/London). In der sogenannten Kristallnacht 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge demoliert, eine Anzahl Männer verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Dort starb Berthold Stein an den Folgen der erlittenen Misshandlungen. Im Juli 1939 wurde, nachdem der größte Teil der jüdischen Bürger ausgewandert war, die israelitische Gemeinde aufgelöst. Während des Zweiten Weltkriegs verloren mindestens 38 Crailsheimer Juden ihr Leben in der Deportation, unter ihnen der 87jährige Kaufmann Julius Goldstein (am 10. September 1942 in Theresienstadt gestorben).
Die Synagoge wurde im Frühjahr 1945 während der „Schlacht um Crailsheim" völlig zerstört. Eine Gedenktafel erinnert an sie.
In dieser Studie nachgewiesene Literatur
- Beschreibung des Oberamts Crailsheim, 1884.
- Bilder von der Synagoge und vom Friedhof, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 68f.
- Crailsheimer Juden- und Hebammenordnung von 1480, Alemania 4, 1877, S. 12-16.
- Haenle, S., Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstentum Ansbach, Ansbach 1867.
- Schwarz, Stefan, Die Juden in Bayern im Wandel der Zeiten, München 1963.
Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Crailsheim, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022
Lektüretipps für die weitere Recherche
Crailsheim
- Eberle, Simon/Meiser, Christian, Lazarus Haenlein Goldstein. Das Leben eines Crailsheimer Juden.
- Förtsch, Folker, „Nur noch die Gräber sind übrig geblieben und die Wunde im Herzen“. Die Geschichte und das Ende der jüdischen Gemeinde in Crailsheim, in: Heimatbuch Crailsheim, hg. von Johann Schumm, Crailsheim 2001, S. 421-490.
- Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
- König, Hans Joachim, Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in sechs Jahrhunderten, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 4 (1987).
- Öffentliche Übergabe des Gedenksteins zur Erinnerung an die Crailsheimer Synagoge am 11. November 1990, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 8 (1991), S. 56-75.
- Schubsky, Karl W./Illich, Heinz, Jüdisches Leben in Crailsheim - Der jüdische Friedhof, (Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte und Heimatkunde in Württembergisch Franken Bd. 12), hg. Stadt Crailsheim, Crailsheim/Gerabronn 1996.
- Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992.
- Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 124-127.
Goldbach
- König, Hans Joachim, Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in sechs Jahrhunderten, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 4 (1987), S. 30, S. 38-39 und S. 51.
- König, Hans Joachim, Goldbach. Seine Bürger, Bauern und Ritter, 1983.
- Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992, S. 85-91 und S. 282-283.
Ingersheim
- König, Hans Joachim, Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in sechs Jahrhunderten, in: Mitteilungsblätter des Historischen Vereins Crailsheim 4 (1987), S. 30, S. 38-39 und S. 51.
- Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992.