Dellmensingen
Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.
Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.
Das Dorf Dellmensingen, in dem nie eine jüdische Gemeinde bestanden hatte, wurde für mehr als 100 württembergische Juden eine Durchgangsstation auf dem Weg in die Deportation und damit in den Tod. Im März 1942 ließ die Leitstelle der Geheimen Staatspolizei Stuttgart das von dem Grafen Reuttner von Weyl in Achstetten gemietete Dellmensinger Schloss zu einem sog. jüdischen Altersheim einrichten. In ihm fanden im März und April 106 meist aus Stuttgart zwangsumgesiedelte ältere jüdische Bürger Aufnahme. In den folgenden Monaten kamen noch weitere 26 Juden hinzu. Bereits am 24. April wurden von hier aus drei Menschen nach Izbica deportiert. Am 19. August mussten mit wenigen Ausnahmen die Insassen des Altersheims das Dorf verlassen. Der Gendarmerieposten Dellmensingen berichtete darüber an den Landrat in Ulm: „Zufolge Auftrags wurden die in der Anlage genannten Juden aus dem Judenheim in Dellmensingen (zusammen 101 Personen) am Mittwoch, den 19. August 1942, nach Stuttgart verschubt und dort der Geheimen Staatspolizei übergeben. Anstände haben sich hierbei nicht ergeben." Nach kurzem Aufenthalt im Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart erfolgte am 22. August der Abtransport der Juden, darunter zahlreicher Siebzig- und Achtzigjähriger, in das Konzentrationslager Theresienstadt (Tschechoslowakei). Keiner von den nach Izbica oder Theresienstadt Deportierten hat die Heimat wiedergesehen. 18 jüdische Bürger waren schon in Dellmensingen gestorben.
In dieser Studie nachgewiesene Literatur
- Keil, Heinz, Dokumentation über die Verfolgung der jüdischen Bürger von Ulm, Ulm 1962.
Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Dellmensingen, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022