Laudenbach

Die Synagoge in Laudenbach, um 1932. Die Inneneinrichtung der Synagoge wurde während der Pogrome 1938 schwer beschädigt. Das Gebäude blieb in umgebauter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1046]
Die Synagoge in Laudenbach, um 1932. Die Inneneinrichtung der Synagoge wurde während der Pogrome 1938 schwer beschädigt. Das Gebäude blieb in umgebauter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1046]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Das Dorf Laudenbach hatten von 1641-1794 die Grafen (seit 1671 Fürsten) von Hatzfeld als würzburgisches Lehen inne. Der Reichsdeputationshauptschluss sprach es 1803 den Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein als Entschädigung für eine elsässische Herrschaft zu. 1806 fiel Laudenbach an Bayern, 1810 an Württemberg.

Nach dem Nürnberger Mernorbuch sollen hier im Jahr 1336 Juden erschlagen worden sein. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren in Laudenbach nachweisbar wieder Juden wohnhaft. In einem Vertrag vom 2. August 1729 mit der israelitischen Gemeinde Weikersheim sicherten sich die Laudenbacher Juden ein Mitbenutzungsrecht an dem neuen Weikersheimer Friedhof. Bis dahin hatten sie ihre Toten auf dem Friedhof Unterbalbach beigesetzt.

Um 1800 erbaute die israelitische Gemeinde Laudenbach eine Synagoge. Wohl von den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis etwa zur Jahrhundertwende bestand eine israelitische Volksschule. Der letzte Lehrer, Gabriel Kahn, starb 1914. Im Jahr 1880 befanden sich zwei Schulzimmer im Rathaus: eines für die katholische Volksschule und eines für die israelitische. In Laudenbach wurde Dr. Joseph Maier (1797-1873) geboren, der erste Rabbiner der 1832 gegründeten israelitischen Gemeinde Stuttgart und später theologisches Mitglied der Israelitischen Oberkirchenbehörde mit dem Titel Kirchenrat. König Karl von Württemberg verlieh ihm 1867 für seine Verdienste um die israelitische Religionsgemeinschaft das Ritterkreuz des Kronordens, mit dem der persönliche Adel verbunden war.

Die jüdische Gemeinde nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu, ging dann aber seit der Jahrhundertmitte wieder zurück: 1807 lebten hier 74 Juden, 1824 105, 1843 138, 1854 155, 1869 135, 1886 124, 1900 89, 1910 57 und 1933 13.

Die hier häufiger vertretenen jüdischen Familiennamen waren Eisemann, Levi, Löwenstein, Schloß und Selz. Wohl kaum eine andere israelitische Gemeinde hatte im Ersten Weltkrieg im Verhältnis zu ihrer Mitgliederzahl so viele Gefallenen zu beklagen wie Laudenbach. Von hier starben als Soldaten im Feld, in der Gefangenschaft und an den in der Gefangenschaft zugezogenen Leiden: Josef Eisemann, Hermann Hähnlein, Siegfried Löwenstein, Karl Rosenthal und Ludwig Schloss. Mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse und dem Bayerischen Militärverdienstkreuz III. Klasse wurde Vizefeldwebel Max Löwenstein ausgezeichnet.

Die wenigen Juden, die 1933 noch hier ansässig waren, betätigten sich im Viehhandel (Siegfried Eisemann) und im Textilgewerbe (Joseph Rosenthal, Sigmund und Wilhelm Selz). Während das Verhältnis zwischen christlichen und jüdischen Einwohnern in der Zeit der Weimarer Republik sehr gut gewesen war, verschlechterte es sich nach der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus. So wagten es die christlichen Bürger wegen der Aufpasser bald nur noch bei Nacht, in den jüdischen Textilhandlungen einzukaufen. In der sogenannten Kristallnacht im November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch unbekannte Täter fast vollständig zerstört. Im Juli 1939 wurde die israelitische Gemeinde aufgelöst. Fünf der dreizehn 1933 hier wohnhaften jüdischen Bürger starben während der Verfolgungszeit eines natürlichen Todes, sechs kamen in der Deportation (1. Dezember 1941 Riga/22. August 1942 Theresienstadt) um. Das Schicksal von zwei Juden, die von hier verzogen, ist nicht bekannt. Unter den Deportierten befanden sich auch die 1859 geborene Mutter und der Bruder (mit Frau) von Josef Eisemann, der seit April 1916 als vermisst galt.

Die Synagoge wurde umgebaut, sie dient heute als Wohnhaus und Schuhmacherwerkstätte.[1]

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Beschreibung des Oberamts Mergentheim, 1880.
  • Bild von der Synagoge, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 93.

Anmerkungen

[1] Diese Information bezieht sich auf das Jahr 1966, als die Studie erschien.

Ergänzung 2023:

Das Gebäude der ehemaligen Synagoge ist bis heute in der Funktion als Wohnhaus erhalten.

 

Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Laudenbach, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Germania Judaica, Bd.2, 1. Halbband, hg. von Zvi Avneri, Tübingen 1968, S. 471.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 99-100.
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