Olnhausen

Die Synagoge in Olnhausen, um 1932. Die Inneneinrichtung der Synagoge wurde während der Pogrome im November 1938 beschädigt. In den 1970er-Jahren wurde das Gebäude abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1390]
Die Synagoge in Olnhausen, um 1932. Die Inneneinrichtung der Synagoge wurde während der Pogrome im November 1938 beschädigt. In den 1970er-Jahren wurde das Gebäude abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1390]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

In dem reichsritterschaftlichen Dorf Olnhausen, das 1805 an Württemberg fiel, nahm die Ortsherrschaft, die Freiherrn von Berlichingen, nach dem Dreißigjährigen Krieg Juden auf; 1654 wird eine Judensiedlung erwähnt. Die jüdische Gemeinde errichtete 1736/37 eine Synagoge, die sie 1807 durch einen Neubau ersetzte. Ihre Toten begruben die Olnhauser Juden stets in Berlichingen. 1307 zählte das Dorf 123 jüdi­sche Einwohner, 1824 135 (Gesamteinwohnerschaft 426), 1831 158 (458), 1843 151 (461), 1854 158 (638), 1869 116 (444), 1886 114 (484), 1900 95, 1910 66 (395) und 1933 26 (315). Im Ersten Weltkrieg starben Arthur Rosenfeld und Bernhard Stern für ihr deutsches Vaterland.

Die israelitische Gemeinde besaß bis 1832 einen eigenen Rabbiner, später nur noch einen Vorsänger. Bei der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse der israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg in den Jahren 1828/32 wurde die Synagogengemeinde Olnhausen zunächst dem Rabbinat Berlichingen unterstellt, dann dem Rabbinat Mergentheim und schließlich dem Rabbinat Heilbronn zugewiesen. Eine israelitische Volksschule bestand von den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Der Lehrer war zugleich Vorsänger in der Synagoge. 1881 erbaute die Gemeinde auf den alten Grundmauern ein neues Gotteshaus, das heute noch vorhanden ist und als Unterstellraum dient. Die am häufigsten hier vertretenen Namen jüdischer Familien waren Gutmann, Rosenfeld, Stern, Schlesinger, Heidenheimer und Hirsch. Schon früh setzten im 19. Jahrhundert Abwanderungen aus der Gemeinde ein. Viele jüdische Einwohner wanderten nach Amerika aus; nach dem I. Band des Familienregisters soll um 1850 jeder zweite Jude die Heimat verlassen haben. Andere zogen in die Städte. Die israelitische Gemeinde nahm seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts beständig ab. Nach und nach gingen die jüdischen Gasthäuser und die wenigen jüdischen Handwerksbetriebe ein. Bis 1910 bestand eine rituelle Bäckerei. Eine koschere Metzgerei (Louis und Nathan Gutmann), mit der eine Viehhandlung verbunden war, behauptete sich bis in die Zeit des Nationalsozialismus. Die meisten jüdischen Bürger waren wohl stets im Handel, insbesondere im Viehhandel tätig. Einige hatten Grundbesitz, den sie jedoch nur zum Teil selbst bewirtschafteten.

Juden gehörten vor 1933 fast immer dem Gemeinderat an und waren Mitglieder der örtlichen Vereine. Bis zur Machtergreifung durch den Nationalsozialismus lebten jüdische und christliche Einwohner freundnachbarlich zusammen. Der Anti­semitismus musste erst von außen in das Dorf hineingetragen werden, fand aber auch dann nur wenig Resonanz. Mehr erreichte der durch den Nationalsozialismus ausgeübte Gesinnungszwang. Dessen ungeachtet unterstützten noch in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs zahlreiche christliche Einwohner heimlich ihre in Not geratenen jüdischen Nachbarn und versorgten sie mit Lebensmitteln. Zwölf Juden wurden in den Jahren 1941 und 1942 nach Riga und Theresienstadt deportiert. Keiner von ihnen ist nach Kriegsende zurückgekehrt. Unter den Zwangsverschleppten befanden sich die nahezu achtzigjährige Mutter und die eine Schwester von Bernhard Stern, der im Oktober 1914 in den Argonnen gefallen war (die andere Schwester, die in Baiertal verheiratet war, fand zusammen mit ihrem Mann in Auschwitz den Tod), ebenso der Kaufmann Julius Strauß, der im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren hatte (1944 mit seiner Frau in Auschwitz ermordet).

 

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Beschreibung des Oberamts Neckarsulm, 1881.
  • Bild von der Synagoge, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 115.

 

Ergänzung 2023:

Die ehemalige Synagoge wude bis 1972 als Lager und Scheune genutzt und schließlich abgebrochen.

 

Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Olnhausen, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Angerbauer, Wolfram/Frank, Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 194-200.
  • Bamberger, Naftali Bar-Giora, Die jüdischen Friedhöfe im Hohenlohekreis, 2002.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Hain, Hans, Aus der Vergangenheit des Dorfes Olnhausen, 1981, S. 39-40.
  • Lehmann, Erich M., Geschichte eines Kidduschbechers, in: Pessach-Festschrift 5730, Stuttgart 1970, S. 18-19.
  • Ulmer, Martin, „Wir hatten immer Hunger“. Am 9. Mai 1945 erlebte Susan Loewenberg die Befreiung von Theresienstadt, in: Schwäbisches Tagblatt vom 7. Mai 2005, S. 30.
  • Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 40-42.
  • Zapf, Lilli, Die Tübinger Juden, Tübingen 1978.
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