Unterdeufstetten 

Die ehemlige Synagoge in Unterdeufstetten. Das Gebäude wurde um 1912 verkauft, die letzten jüdischen Bewohner wanderten nach dem Ersten Weltkrieg ab, anschließend Nutzung als Wohnhaus. [Quelle: Bildarchiv Theobald Nebel, veröffentlicht in: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Abb. 124]
Die ehemlige Synagoge in Unterdeufstetten. Das Gebäude wurde um 1912 verkauft, die letzten jüdischen Bewohner wanderten nach dem Ersten Weltkrieg ab, anschließend Nutzung als Wohnhaus. [Quelle: Bildarchiv Theobald Nebel, veröffentlicht in: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Abb. 124]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Das 1655 dem Ritterkanton Kocher inkorporierte Rittergut Unterdeufstetten erwarb im Jahr 1710 Caspar Rüdiger von Rüdingfels. Da Rüdingfels jedoch die Schulden, die er beim Kauf des Gutes gemacht hatte, nicht abzuzahlen vermochte, übernahm es um 1730 der Ritterkanton Kocher, der Eberhard Maximilian vom Holtz auf Alfdorf mit der Verwaltung beauftragte. Nach dem 1740 erfolgten Tod des völlig verarmten Rüdiger von Rüdingfels kaufte vom Holtz das Rittergut. Von ihm kam es 1761 an Baron Christoph Karl Ludwig von Pfeil. 1792/96 setzte Preußen seine Landeshoheit über ganz Unterdeufstetten durch. 1806 fiel das Dorf an Bayern, 1810 an Württemberg.

Ende des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert nahmen die jeweiligen Ortsherrschaften zahlreiche Fahrende als sogenannte Schutzverwandte hier auf, die, im Unterschied zur alteingesessenen bäuerlichen Bevölkerung vom Erwerb von Grund und Boden ausgeschlossen, ihren Unterhalt als Händler, Hausierer oder gar als Bettler finden mußten. 1714 erlaubte Caspar Rüdiger von Rüdingfels auch 13 Juden­familien die Niederlassung in Unterdeufstetten. 1765 ließ Baron von Pfeil, der sich große Mühe gab, das verwahrloste Dorf in sittlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu heben, für die Juden in der Marktstraße 2 Häuser mit je 6 Wohnungen erbauen. Jede Familie hatte am jüdischen Neujahr für die Judenschule und die Judentunke (einen kleinen Weiher in der Rotach, der zu rituellen Waschungen benutzt wurde) 2 Gulden zu entrichten. An Schächtgeld erhob die Herrschaft von einem Stück Vieh, das bereits ein Joch getragen hatte, 24 Kreutzer, für eine Kuh oder ein Rind 12 Kreutzer und für ein Kalb, ein Schaf, einen Bock oder eine Ziege 2 Kreutzer. In den Jahren 1848/49 errich­teten die Juden, die damals zur israelitischen Religionsgemeinde Crailsheim gehör­ten, eine Synagoge in der Nähe des Schlosses. 1884 besuchten die jüdischen Kinder die katholische Volksschule des Dorfes, den Religionsunterricht erhielten sie durch den  Vorsänger.  Im  Jahr 1812  lebten  in Unterdeufstetten 24  Juden, 1824 33, 1831 56, 1843 48, 1854 47, 1869 51, 1886 41, 1900 46, 1910 11. Die letzten jüdischen Bürger wanderten nach dem Ersten Weltkrieg ab. Die Synagoge wurde bereits 1912 geschlossen und verkauft. Sie ist heute ein Privathaus.

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Beschreibung des Oberamts Crailsheim, 1884.
  • Bild von der Synagoge, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 130.
  • Der Landkreis Crailsheim. Kreis­ beschreibung, 1953.
  • König, Hans-Joachim, Unterdeufstetten in Geschichte und Gegenwart, in: Württ. Franken, Bd. 49, 1965, S. 105-149.

Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Unterdeufstetten, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Taddey, Gerhard, Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall, 1992, S. 183-207.
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