Zwangsverkäufe der Synagogengebäude und Friedhöfe

Beitrag aus der Ausstellung „Ausgrenzung - Raub – Vernichtung“ des Staatsarchivs Ludwigsburg und des Gedenkstättenverbunds Gäu-Neckar-Alb e. V.

 Abriss der zerstörten Synagoge in Konstanz [Foto: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 949 Bild 1]  
Abriss der zerstörten Synagoge in Konstanz [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 949 Bild 1]

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 lösten sich durch Wegzug und Emigration eine Reihe von jüdischen Landgemeinden in Württemberg und Hohenzollern auf. 1938 wurden noch etwa 50 Synagogen und jüdische Beträume genutzt. Diese wurden bei den Pogromen vom 9./10. November 1938 niedergebrannt oder im Innern so zerstört, dass sie nicht mehr als Gotteshäuser genutzt werden konnten. Der Schutt der abgebrannten Synagogen wurde noch 1938/1939 auf Kosten der jüdischen Gemeinden beseitigt.

Die Kommunen kauften die noch bestehenden Gebäude oder die Grundstücke von den in großer Bedrängnis stehenden jüdischen Gemeinden beziehungsweise von der Jüdischen Kultusvereinigung Württemberg e.V. und der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Über die Erlöse konnten die jüdischen Verkäufer nicht verfügen. Sie kamen auf Sperrkonten und wurden nach den Deportationen 1943 vom Deutschen Reich beschlagnahmt. Die ehemaligen Gotteshäuser wurden demonstrativ unwürdig genutzt, zum Beispiel als Sammellager für den beschlagnahmten Hausrat der Deportierten, als Turn- und Rekrutierungshallen für Soldaten. Sie wurden zu Heimen der Hitlerjugend umgebaut oder als Produktions- und Lagerstätten für Gewehre verwendet.

Enteignung der jüdischen Friedhöfe 1943 bis 1945

Auf jüdischen Friedhöfen fanden nach 1933 weiterhin Beisetzungen statt, obwohl Friedhofsschändungen in der nationalsozialistischen Zeit immer mehr zunahmen und einige jüdische Friedhöfe im Zuge der Novemberpogrome 1938 und danach schwer verwüstet wurden. 1941 begannen in Württemberg und Hohenzollern die Deportationen der jüdischen Bevölkerung, und die meisten jüdischen Friedhöfe wurden geschlossen.

Viele Kommunen wollten deren rasche Auflösung, um die Grundstücke anderweitig zu nutzen. Da aber für jüdische Friedhöfe keine gesonderten Verwaltungsrichtlinien existierten, mussten die allgemein vorgeschriebenen Ruhezeiten eingehalten werden. Außerdem sollten die Kommunen gegenüber den jüdischen Familien haften, wenn Gräber aufgelöst worden wären. Der sich immer mehr zuspitzende Kriegsverlauf ließ nun manche Gemeinden zögern. Erst im Januar 1945 wurde diese Haftungsverpflichtung zurückgenommen. Die Gemeinden konnten nun die Friedhöfe erwerben, die Grabsteine abräumen und die Grundstücke umnutzen. Dazu ist es in den meisten Fällen durch das Ende des NS-Regimes nicht mehr gekommen.

Literatur

  • Hahn, Joachim, Zwangsverkäufe der Synagogen und Aneignung der jüdischen Friedhöfe, in: Ausgrenzung. Raub. Vernichtung. NS-Akteure und „Volksgemeinschaft“ gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945, hg. von Heinz Högerle/Peter Müller/Martin Ulmer, Stuttgart 2019, S. 479-490.

Zitierhinweis: Staatsarchiv Ludwigsburg/Gedenkstättenverbund Gäu-Neckar-Alb, Zwangsverkäufe der Synagogengebäude und Friedhöfe, in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.02.2023.

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