Sütterlin, Adolf Gustav 

Geburtsdatum/-ort: 01.11.1855;  Langenau bei Schopfheim
Sterbedatum/-ort: 22.04.1936;  Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Pädagoge, Hebelforscher
Kurzbiografie: 1862-1872 Volksschule an verschiedenen Orten des Markgräflerlandes, u. a. Mappach; Privatunterricht bei Pfarrer Albert Boeckh, Kirchen; Gymnasium (Pädagogium) Lörrach mit Mittlerer Reife
1872-1874 evangelisches Lehrerseminar Karlsruhe
1874-1876 Lehrer an der Mädchenschule Lahr
1876-1878 Dozent am simultanen Lehrerseminar Karlsruhe; Gasthörer an der Technischen Hochschule Karlsruhe
1878-1891 Turninspektor in Straßburg; zeitweilig Turnlehrer an der höheren Töchterschule Straßburg; Gasthörer an der Universität Straßburg
1891-1893 Abitur, danach Deutsch-, Französisch- und Englischstudium in Straßburg; Promotion zum Dr. phil bei Prof. Ernst Martin: „Laut- und Flexionslehre der Straßburger Mundart in Arnolds Pfingstmontag“ 1891; Staatsexamen 1892, danach Lehramtspraktikant
1894-1912 Leiter der höheren Mädchenschule Lahr, bis 1908 als Rektor, danach Direktor
1910 Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen
1912-1924 Prof. an der höheren Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar in Freiburg
1924-1936 Ruhestand in Heidelberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1892 (Straßburg) Gustava Adeline (Ada) Martha, geb. Gieseke (1869-1957)
Eltern: Vater: Johann Georg (1827-1883), Lehrer
Mutter: Maria Luise, geb. Roth(en)burger (1825-1910)
Geschwister: August Friedrich (geb. 1857)
Kinder: 2:
Theobald (1893-1945 im sowjetischen KZ Sachsenhausen), Dr. med.
Ingeborg (1895-1965), Dr. rer. pol.
GND-ID: GND/117372374

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 276-277

Wenn auch ohne geradlinigen Verlauf, so war Sütterlins Bildungsgang, an den Zeitverhältnissen gemessen, doch keineswegs ungewöhnlich. Wiederholte Versetzungen seines im Schuldienst stehenden Vaters brachten für den Jungen bereits einen mehrfachen Orts- und Schulwechsel, was auch sein späteres Leben kennzeichnen sollte. Nach dem Besuch des Gymnasiums und des Lehrerseminars unterrichtete Sütterlin zunächst an der Mädchenschule in Lahr und kam dann als Dozent an das neu eröffnete simultane Lehrerseminar in Karlsruhe, wo er pädagogisches Neuland betrat, als er sich bei Alfred Maul, der damals Direktor der Turnlehrerbildungsanstalt in der Landeshauptstadt war, zum Turnlehrer ausbilden ließ. Seitdem setzte sich Sütterlin nachdrücklich für die Förderung der noch jungen Disziplin des Mädchenturnens ein. Nach seiner Ernennung zum Turninspektor in Straßburg erteilte er auch Mädchensport an der dortigen höheren Töchterschule.
In der elsässischen Hauptstadt entschloss sich Sütterlin, früher schon Gasthörer an der Technischen Hochschule Karlsruhe, endgültig zum Hochschulstudium, holte das Abitur nach und studierte die Fächer Deutsch, Französisch und Englisch. Er schloss 1892 mit dem Staatsexamen ab. Bereits im Vorjahr war er zum Dr. phil. promoviert worden. Seinen weiteren Lebensweg kennzeichnen weitere Ortswechsel. Aus dem Lehramtspraktikanten wurde bereits zwei Jahre später der Leiter der höheren Mädchenschule in Lahr, 1912 der Professor am Lehrerinnenseminar in Freiburg.
Mehr als durch sein pädagogisches Wirken wurde Sütterlin auf überregionaler Ebene aber aufgrund seiner Publikationen bekannt. Der erste Schwerpunkt seiner Forschung war bereits im Thema seiner Dissertation sichtbar geworden, die intensive Beschäftigung mit den Dialekten des Oberrheinraumes. Dauerhaftes Interesse bekundete er dann aber für die Sprache und das literarische Werk J. P. Hebels, wobei seine zweibändige Hebelausgabe besondere Beachtung fand, die 1911 erschien. Mit der Transkription der alemannischen Gedichte in eine allgemein lesbare Schreibweise, einer längeren Einführung „Die alemannische Mundart und ihre Schreibung“ und einem erweiterten Wörterbuch trug diese Ausgabe zu einer spürbaren Verbreitung des Hebelschen Gesamtwerkes auch im außeralemannischen Raum bei. Witkop hat in seiner Hebelausgabe (1926) die Sütterlinsche Schreibart übernommen und die Ergebnisse seiner „Abhandlung“ zur alemannischen Mundart ausdrücklich bestätigt. Auch in der „Geschichte der Literatur in Baden“ (II, 14) von W. E. Oeftering fand Sütterlins Hebelausgabe Erwähnung. Noch im vorgerückten Alter hat Sütterlin die Hebelerinnerungen von Sophie Haufe (1928) herausgegeben.
Über seine Hebelforschung schließlich fand Sütterlin auch den Zugang zur Pflege des alemannischen Brauchtums. Er wurde Mitinitiator des seit 1910/11 jährlich in Hertingen stattfindenden „Hebelschoppens“. Auch nach seinem Umzug zu seiner in Heidelberg lebenden Tochter hielt er regen Kontakt mit den Hebelfreunden des Markgräflerlandes. An seinem neuen Wohnort gründete er zusammen mit Eugen Fehrle die „Oberländer Gmai“, deren „Vogt“ er bis zu seinem Tode war.
Quellen: Mitteilungen d. Stadtarchive Heidelberg u. Lahr u. von Dr. A. Sütterlin, Heidelberg.
Werke: Verzeichnisse (unvollständig) in: Dt. Lit. Lexikon, begr. von W. Kosch, Bd. 4, 1958 2. Aufl., 2934; Gesamtverz. des dt.sprachigen Schrifttums 1911-1965, Bd. 129, 1980, 351; ebd., 1700-1910, Bd. 142, 1985, 332 f. – (Auswahl): Laut- u. Flexionslehre d. Straßburger Mundart in Arnolds Pfingstmontag, (Diss. phil. Straßburg), 1891; Aus vergangenen Tagen 1804-1904. Ein Gedenkblatt zum 100-jährigen Bestehen d. Höheren Töchterschule in Lahr, 1904; Lahr u. seine Umgebung, 1904; Hebels Werke in vier Teilen, hg. mit Einleitungen, Alemannischem Wörterbuch u. Anmerkungen, 2 Bde., 1911; Der Vortrag alem. Gedichte u. die Erhaltung unserer alem. Mundart, in: BH, 5./6. Jg. 1918/19, 135 f.; Verhängnisvolle norddt. Einflüsse auf unsere süddeutsche u. die alem. Ausdrucksweise, in: Mein Heimatland, 12. Jg. H. 8, 1925, 209-212; Die alem. Mundart des Markgräflerlandes, in: BH, 10. Jg. 1923, 91-98; Zeit- u. Hebelerinnerungen d. Straßburger Hebelfreundin Frau Sophie Haufe, 1928.
Nachweis: Bildnachweise: „Aus vergangenen Tagen“ sowie in: Der Altvater, 1939, 1 u. 1961, 55 (vgl. Werke u. Lit.).

Literatur: N. Wiedemann, Dr. A. Sütterlin, in: Der Altvater, Beilage d. Lahrer Ztg. für Heimat- u. Kulturgesch., 6. Jg. Folge 12, 1939, 1-3; E. Baader, Erinnerungen an A. Sütterlin, in: Der Altvater, 19. Jg. Folge 14, 1961, 55; K. Ueckert, Hebelfreund A. Sütterlin, in: Das Markgräflerland, 31. Jg. 1969, 136-138.
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