In einigen Verwaltungszweigen Badens, insbesondere in der Justiz, hat sich diese Art der Aktenbindung bis heute gehalten. In außerbadischen Gebieten sorgt diese Besonderheit eher für Belustigung. Wenn badische Gerichte und Staatsanwaltschaften aber darauf bestehen, ausgeliehene Unterlagen wieder korrekt gebunden zurück zu erhalten und niemand außerhalb Badens weiß, wie man eine dünne Schnur durch viele kleine Löcher fädeln soll, ist auch der Ärger groß. Vielleicht wäre er etwas geringer, wenn Nicht-Badenern die Vorteile der Oberrandheftung bewusst wären: Sie ist sicher, einfach und sparsam. Eine so gebundene Akte kann kaum in Unordnung gebracht werden, mithilfe eines Leseknotens – ein lockerer Knoten mit etwas Abstand zum hinteren Aktendeckel – ist aber auch das Lesen und Blättern darin bequem möglich. Einmal gelernt ist die Anwendung, also das Auffädeln mithilfe eines Aktenstechers und das Anbringen des Knotens, sehr einfach. Der Materialverbrauch ist gering und die so gebundenen Akten können platzsparend aufbewahrt werden.
Die Firma Armin Winterhalder handelt inzwischen nicht mehr mit Schnur und Bindfaden. Badische Archive und Justizbehörden müssen ihre Aktenschnüre von anderen Anbietern beziehen, heutzutage insbesondere aus den Justizvollzugsanstalten. Und wenn in naher Zukunft flächendeckend die elektronische Akte eingeführt wird, müssen sich auch die letzten Behörden von der Badischen Oberrandheftung verabschieden.
Annette Riek
Quelle: Archivnachrichten 59 (2019), S. 28.