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"Trotz alledem und alledem"

Ferdinand Freiligrath (1810-1876), Quelle UB Tübingen
Ferdinand Freiligrath (1810-1876), Quelle UB Tübingen

Auf dem Uff-Kirchhof in Stuttgart-Bad Cannstatt ist das imposante Grabmal des Schriftstellers und Freiheitskämpfers Ferdinand Freiligrath zu sehen. Freiligrath wurde am 17. Juni 1810 in Detmold geboren. Wegen drohender strafrechtlicher Verfolgung von preußischer Seite verbrachte er seine letzten Lebensjahre in Württemberg, wo er am 18. März 1876 im Cannstatter Gasthaus „Alter Hase“ verstarb. 

Der gelernte Kaufmann Freiligrath begann 1839 mit der Schriftstellerei. Anfangs folgte er zeitgenössischen heimat- und volkskundlichen Strömungen. Schon 1844 erschien seine Sammlung politischer Gedichte. Daraufhin mussten er und seine Familie Deutschland verlassen. Stationen des bis 1868 andauernden Exils waren Brüssel, die Schweiz und hauptsächlich London. Mit Beginn der Revolution 1848/49 kehrte Freiligrath für einige Jahre nach Deutschland zurück und arbeitete für die Neue Rheinische Zeitung von Friedrich Engels und Karl Marx, den er in Brüssel kennengelernt hatte.

Hier erschien 1848 das von ihm verfasste Gedicht Trotz alledem, das vertont und zu einem der populärsten Lieder der Revolution wurde. Der Text entstand in Anlehnung an Robert Burns A Man’s a Man for A‘ That, einem Gedicht für die Unabhängigkeit Schottlands, das gleichzeitig den allgemeinen Wunsch nach Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie zum Ausdruck bringt und von Jefferson, Lincoln und der Anti-Sklaverei-Bewegung aufgegriffen wurde. Trotz alledem liegt in zwei Fassungen vor. Der 1843 entstandenen Übertragung von A Man’s a Man for A‘ That ins Deutsche folgte angesichts der revolutionären Ereignisse von 1848 eine neue Version. Trotz alledem wurde ähnlich erfolgreich wie das Burns‘ sche Vorbild und fand später bei Karl Liebknecht, Hannes Wader und Wolf Biermann Verwendung. Freiligrath konnte 1868 nach Deutschland zurückkehren. Aus dem Revolutionär war mittlerweile ein Patriot geworden.

1843 - nach Robert Burns
Ob Armut euer Los auch sei,
Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn den feigen Knecht vorbei;
Wagt's, arm zu sein trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz niederm Plack und alledem,
Der Rang ist das Gepräge nur,
Der Mann das Gold trotz alledem!

1848 - Trotz alledem!
Das war 'ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Wien, Berlin und alledem –
ein schnöder scharfer Winterwind
Durchfröstelt uns trotz alledem!

Das Gedicht mit seine verschiedenen Fassungen und in voller Länge ist im Historisch-kritischen Liederlexikon abrufbar.

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