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Poeta Weinsbergensis - der Dichter und Sänger Michel Beheim

 

Michel Beheim, Seite aus 29 Lieder in seiner Osterweise, erschienen 1466-1468 [Quelle: UB Heidelberg, Cod Pal. germ. 351]
Michel Beheim, Seite aus 29 Lieder in seiner Osterweise, erschienen 1466-1468 [Quelle: UB Heidelberg, Cod Pal. germ. 351]

Der Sänger Michel Beheim, geboren um 1420 in Sülzbach bei Obersulm, führte ein Leben als Lohn- und Berufsdichter an europäischen Fürstenhöfen und kam weit herum. Als Sohn eines aus Böhmen stammenden Webers und selbst Angehöriger des Berufs, stand er in der Tradition der Sänger des späten Mittelalters. Mit etwa 25 Jahren trat er in Dienst des Reichserbkämmerers Konrad von Weinsberg, der seine Fähigkeiten erkannte und über den er Zugang zur Welt des Hochadels fand. Im Laufe seines Lebens wechselte er häufig seine Wirkungsstätten und arbeitete für immer neue Auftraggeber. Dazu gehörten Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach, König Christian I. von Dänemark, Albrecht VI. von Österreich und weitere habsburgische Herzöge, König Ladislaus V. von Ungarn und ab 1459 Kaiser Friedrich III. in Wien. Dabei geriet er immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen. Er trat auch selbstständig in Städten auf, etwa in Augsburg oder Nördlingen. Nach unruhigen Jahren fand Beheim um 1468 Aufnahme bei Pfalzgraf Friedrich I. in Heidelberg. In Heidelberg entstand die Pfälzische Reimchronik, deren Anfänge vermutlich von Beheim stammen.

Seiner Lieder und Verse decken eine Bandbreite von Themen ab und reichen von Liebeshymnen bis zu religiösen Darstellungen. Es finden sich Huldigungen, politische Inhalte und chronikhafte Schilderungen. Von Beheim, der wegen seines Geburtsorts auch als Poeta Weinsbergensis bezeichnet wird, sind rund 450 Lieder und drei Reimchroniken erhaltenen. Damit zählt er zu den produktivsten jedoch nicht ruhmreichsten Sängern seiner Zeit. Eine Grund mag sein, dass er stets den Anweisungen seiner Auftraggeber folgte, die oft wechselseitig in Auseinandersetzungen verstrickt waren. Überliefert ist der Spruch Der furst mich hett in knechtes miet, ich ass sin brot und sang sin liet. Ob sich darin die Beheim zugeschriebene Derbheit ausdrückt, auch als Fehlen poetischer Eleganz bemängelt, oder sein Pragmatismus dem Leben gegenüber, muss offen bleiben. 

Im höheren Alter gab Beheim das Sängerdasein auf und kehrte dauerhaft nach Obersulm zurück, wo er als Schultheiß tätig war. Dort wurde er Mitte der 1470er Jahre auf offener Straße erschlagen. Das am Tatort errichtete Sühnekreuz ist nicht vollständig erhalten, weshalb genauere Daten zum Todeszeitpunkt fehlen. Beheim selbst gab als Geburtsjahr 1421 an, vermutlich am 27. oder 29. September. Somit wäre er jetzt 600 Jahre alt geworden.

Ein von Beheim angelegter Codex aus den Jahren zwischen 1457 und 1466 befindet sich in der Unibibliothek Heidelberg, darin verschiedene Lieder. Das originale, aus Bruchstücken zusammengefügte Sühnekreuz ist in der Michel-Beheim-Schule in Obersulm ausgestellt.

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