Digitalisierte Archivbestände zum Jüdischen Leben aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg

Für die Recherche zur jüdischen Geschichte in Baden-Württemberg stehen zahlreiche Ressourcen online zur Verfügung. Hier geben wir einen Überblick zu den wichtigsten digitalisierten Quellen aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg – und erklären, wie Sie in diesen Beständen effektiv suchen können.

Außerdem finden Sie in diesem Artikel Links zu Online-Ressourcen zur jüdischen Geschichte, die von anderen Institutionen bereitgestellt werden.

Wir stellen in diesem Artikel nur solche Bestände vor, die online vollständig zugänglich sind, weil sie bereits digitalisiert wurden. Sie können also von zuhause aus mit diesen Beständen arbeiten.

Neben den online zugänglichen Ressourcen gibt es im Landesarchiv und in zahlreichen anderen Archiven eine Vielzahl weiterer Bestände zur jüdischen Geschichte, die bisher nicht digitalisiert wurden. Diese Dokumente und Fotos können Sie nur im Lesesaal des jeweiligen Archivs vor Ort anschauen. Viele Archive bieten Online-Kataloge an: So können Sie sich im Internet einen Überblick über das im Archiv vorhandene Material verschaffen und ähnlich wie in einer Bibliothek einzelne Einheiten vorbestellen. Auf dem Archivportal können Sie nach passenden Archiven recherchieren und prüfen, ob ein Online-Katalog vorhanden ist.

Personenrecherche und Familiengeschichte

Wenn Sie die Einzelschicksale von jüdischen Personen oder die Geschichte jüdischer Familien aus dem Südwesten untersuchen, können Sie die folgenden Bestände aus dem Landesarchiv mit übergreifenden Informationen nutzen. Sie können in diesen Beständen auf unterschiedliche Art und Weise nach Einzelpersonen suchen. Wenn Sie Unterstützung brauchen, helfen die Archivarinnen und Archivare des Landesarchivs gerne weiter.

Recherche nach Orten

Wenn Sie zur Geschichte einer bestimmten jüdischen Gemeinde recherchieren oder mehr über das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Ihrem Wohnort erfahren wollen, können Sie ebenfalls die digitalisierten Bestände des Landesarchivs nutzen. In den hier verlinkten Tipps zur Recherche im jeweiligen Bestand, erklären wir, wie Sie bei der Ortsrecherche vorgehen sollten. Wenn Sie Unterstützung brauchen, helfen die Archivarinnen und Archivare des Landesarchivs gerne weiter.

Regionale Projekte, die Wissen zu der jüdischen Geschichte vor Ort zusammentragen, können ebenfalls bei der Recherche weiterhelfen. Vielerorts sind auch Gedenkbücher entstanden. Hier finden Sie eine Übersicht zu ortsgebundenen Projekten über jüdische Geschichte in Baden-Württemberg.

Verschiedene überregionale Projekte wie die Alemannia Judaica haben zudem sehr detaillierte Informationen zu jüdischen Gemeinden im Südwesten zusammengetragen und bieten mit ausführlichen Informationen zu einzelnen Orten einen sehr guten Einstieg in die Recherche.

Bilder zum jüdischen Leben im Südwesten

Im Landesarchiv gibt es mehrere größere Bestände mit interessanten Fotos zur jüdischen Geschichte im Südwesten:

Recherche nach Themen

Für die Recherche zu bestimmten Themenbereichen der jüdischen Geschichte im Südwesten kommen ebenfalls verschiedene digitalisierte Quellenbestände aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg in Frage. Hier stellen wir eine Auswahl vor. Neben diesen Beständen, die online zugänglich sind, so dass Sie bequem von zuhause aus damit arbeiten können, gibt es viele weitere Bestände im Landesarchiv Baden-Württemberg, die für eine Recherche zur jüdischen Geschichte interessant sein können. Im Rechercheratgeber Jüdisches Leben erhalten Sie Hinweise, wie Sie die passenden Quellen für Ihre Recherche finden.

In diesem Artikel stellen wir die Bestände zur Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung, zur Wiedergutmachung, zum Nachlass von Moritz Ellstätter, sowie zum Prozess gegen Joseph Süß Oppenheimer und zu mittelalterlichen Handschriften genauer vor.

Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung

Für Recherchen zur Erfassung jüdischen Eigentums durch den NS-Staat und zu Zwangsverkäufen in der NS-Zeit können Sie diese digitalisierten Bestände nutzen:

In der Online-Präsentation der Ausstellung Ausgrenzung – Raub – Vernichtung finden Sie Hinweise auf weitere digitalisierte und nicht digitalisierte Bestände zum Themenkomplex. Dabei handelt es sich um Rückerstattungsakten, Wiedergutmachungsakten und Entnazifizierungsakten.

Weitere Quellenhinweise zu konkreten Orten und Themen finden Sie im Sammelband Ausgrenzung – Raub – Vernichtung. NS-Akteure und „Volksgemeinschaft“ gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945, Stuttgart 2019 mit zahlreichen quellengestützten Einzelfalluntersuchungen für den Raum Württemberg und Hohenzollern.

Wiedergutmachungsakten

Im Rechercheratgeber Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts finden Sie weitere Hinweise zur Recherche und einen Überblick zu sämtlichen im Landesarchiv Baden-Württemberg überlieferten Unterlagen mit Bezug zum Bundesentschädigungsgesetz.

Eine hilfreiche Einführung ins Thema und zu Aufbau und Inhalt der Entschädigungs- und Wiedergutmachungsakten im Landesarchiv Baden-Württemberg finden Sie im Themenmodul „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ auf LEO-BW.

Nachlass Moritz Ellstätter

Der Briefnachlass von Moritz Ellstätter (geboren 1827, gestorben 1905), der von 1868 bis 1893 badischer Finanzminister war, wurde vollständig digitalisiert. Die Briefe sind fast alle an seine Frau Marie Ellstätter, geborene Traumann, und seit 1878 meist auch an die beiden Kinder gerichtet. Fast tagebuchartig geben die Briefe detailliert Auskunft über das Leben des erfolgreichen Politikers, der bis 1918 der einzige jüdische Minister in ganz Deutschland war.

Nach dem Tod ihrer Eltern hatte Tochter Luise Gutmann-Ellstätter die Briefe verwahrt. Sie gab die Briefe ihrer Cousine Ida Münzesheimer, als diese 1938 mit ihren Söhnen nach England emigrierte. Luise Gutmann-Ellstätter selbst wurde am 22. August 1942 schwerkrank nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 2. September 1942 im Ghetto verstarb.

Das Generallandesarchiv Karlsruhe konnte die Briefsammlung in den 1980er-Jahren übernehmen. Zuvor hatte der stellvertretende Chefredakteur des Spiegels, Martin Doerry, den Sohn von Luise Gutmann-Ellstätters Cousine, Dr. Walter Munz, in England ausfindig gemacht, der den Briefnachlass seines Großonkels verwahrt hatte.

Prozess gegen Joseph Süß Oppenheimer

Ein großer Teil der umfangreichen Aktenbestände zum Prozess gegen Joseph Süß Oppenheimer befindet sich im Landesarchiv Baden-Württemberg, dieser Bestand ist teilweise digitalisiert. Detaillierte Informationen zur Einordnung der Quellen über den politisch motivierten Prozess und die zeitgenössischen Hetzschriften finden Sie im Artikel Judenhass als Mittel der politischen Intrige.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Sammlung Friedrich Knilli zur Mediengeschichte des Antisemitismus, die Unterlagen zur Forschung über Joseph Süß Oppenheimer und die Rezeption des Justizmords an ihm enthält – mit besonderem Schwerpunkt auf der Rezeption des antisemitischen NS-Propagandafilms „Jud Süß“ aus dem Jahr 1940. Hier finden Sie das Online-Findbuch zur Sammlung Friedrich Knilli, die nicht digitalisiert ist.

Hebräische Einbandfragmente

Mittelalterliche jüdische Handschriften aus dem Umfeld der jüdischen Gemeinde Wertheim

 Hebräisches Fragment einer Torarolle  
Hebräisches Fragment einer Torarolle, überliefert als abgelöster Einband eines Archivrepertoriums des Augustinerchorherrenstifts Triefenstein am Main von 1699, [Quelle: Landesarchiv BW, StAWt F-Rep. 75 Nr. 424]

Im Inventar „Hebräische Einbandfragmente im Staatsarchiv Wertheim“ hat das Landesarchiv Baden-Württemberg Fragmente aus jüdischen Handschriften aus dem späten Mittelalter aus verschiedenen Beständen zusammengefasst und online zugänglich gemacht. Die Fragmente stammen aus Bibelhandschriften und Gebetbüchern. Auch aus einem Talmud-Kodex und einem großformatigen Kodex des großen Buches der Gebote (Sefer Miswot Gadol) von Moshe ben Ya'aqov aus Coucy wurden Fragmente gefunden. Es handelt sich um Schriften des aschkenasischen Judentums. Die Handschriften lassen sich mit der jüdischen Gemeinde in Wertheim in Verbindung bringen, wurden aber vermutlich nicht vor Ort angefertigt. Die Fragmente können auf das 14. bis 16. Jahrhundert datiert werden.

Überliefert wurden die Fragmente in verschiedenen Beständen als Einbände von Büchern. Seit dem 16. Jahrhundert wurden aus den wertvollen Handschriften ohne Rücksicht auf deren religiösen Wert solche Einbände gefertigt – beispielsweise für die Rechnungsbücher des Wertheimer Chorstifts.

Im Online-Inventar finden Sie zu jedem identifizierten Fragment eine ausführliche Beschreibung, die auf den Forschungen von Prof. Dr. Andreas Lehnhardt im Rahmen des Projekts der Universität Mainz „Genizat Germania“ basiert.

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