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Adventsbräuche: Die Klöpfelnächte

 

 Einer der Einkehrbräuche ist das Adventssingen, hier in Neenstetten auf der Schwäbischen Alb 1955, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]
Einer der Einkehrbräuche ist das Adventssingen, hier in Neenstetten auf der Schwäbischen Alb 1955, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

In alten Oberamtsbeschreibungen findet sich viel Interessantes, auch über die Adventszeit. Zu dem früher verbreiteten und regional unterschiedlich ausgeprägten Klöpfeln heißt es in der Beschreibung des Oberamts Künzelsau: An den drei ersten Donnerstagen der Adventszeit singen die Kinder vor jedem Haus (in Westernhausen und Umgebung nach dem Betläuten) und erhalten Obst, Marzipan gen. Zuckerdockelich, Griffel etc. Im Oberamt Mergentheim war das Anklepferli armen Kindern erlaubt, die in Städten wohnten. Im Oberamt Rottweil steht das Klöpfeln im Zusammenhang mit dem Nikolaustag. Am Vorabend werden getrocknete Erbsen oder Steinchen an die Fenster geworfen, damit die Kinder merken, der Klaus geht herum und stellt seine Geschenke vor die Türen. Michael Grimm erwähnt in seiner 1867 veröffentlichten Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd das Anklopfet sowohl für Kinder, die von ihren Verwandten Leckereien bekommen als auch für Arme, die mit einem Vers um Brot und andere Lebensmittel bitten dürfen. Grimm beschreibt damit außerdem kleine Präsente, die Geschäftsleute guten Kunden vor Weihnachten zukommen ließen.

Das Klöpfeln, auch Anklopfen, gehört zu den im Ursprung heidnischen Bräuchen der dunklen Zeit um die Wintersonnwende, wo mit viel Lärm Geister und Dämonen vertrieben werden sollten. Zuweilen scheint das Klöpfeln als Orakel eingesetzt worden zu sein. Glück oder Unglück im kommenden Jahr wurde durch klopfen an die Stallwände erfragt. Wenn die Tiere antworteten, weissagten sie die anstehenden Todesfälle. Hier ist eine Verbindung zu den Rauhnächten erkennbar. Im Lauf der Zeit entwickelten sich regional unterschiedliche Formen. Im Odenwald finden Klopfnächte in Verkleidung statt, begleitet von heftigem Schlagen an Wände und Türen. Auch kleine Gegenstände wie Kies oder Körner werden an Wände und Fenster geworfen. Die Klöpfel- oder Klopfnächte können sich über mehrere Tage in der Adventszeit ziehen. Üblich sind Donnerstage oder Sonntage, zuweilen auch die Tage unmittelbar vor Weihnachten. Heute ist das Klöpfeln oder Anklopfen vorwiegend in den Alpenländern verbreitet, auch als Bestandteil der Einkehrbräuche. Damit kann die Bitte um eine gute Ernte im neuen Jahr verbunden sein. Für das vorgetragene Lied, einen Vers oder Segensspruch erhalten die Anklopfer eine Essensgabe. Wie andere heidnische Bräuche verwob sich das Klöpfeln mit christlichem Gedankengut. Als Bestandteil der Weihnachtsgeschichte fand es Eingang in religiöse Spiele der Vorweihnachtszeit. Maria und Joseph klopfen auf dem Weg nach Bethlehem an die Haustüren um eine Herberge zu finden. Die Szenen werden mit Wechselgesängen oder dem Aufsagen von Versen dargestellt. In einigen Frauenklöstern kündigte das Klöpfeln die nahende Geburt des Jesuskindes an. Als sich im 19. Jh. eine verbesserte Sozialfürsorge entwickelte, bekamen die den Armen vorbehaltenen Heischebräuche und das Bitten um Essensgaben den Status der Bettelei und verschwanden aus dem öffentlichen Leben.

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