Schlaglichter

Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit erhielt die jüdische Bevölkerung im deutschen Südwesten Schutz nur auf Zeit. Die Berechtigung der Anwesenheit jüdischer Familien wurde wiederholt in Frage gestellt. Für Schutzbriefe mussten Einzelpersonen und die ersten kleinen Gemeinden Schutzgeld zahlen. Immer wieder kam es zu Vertreibungen und Pogromen. Trotzdem entstand ein gemeinsamer Alltag der jüdischen und christlichen Bevölkerung.

Im 19. Jahrhundert kam es in der Folge der napoleonischen Politik zu zaghaften Schritten Richtung Gleichstellung. Jüdinnen und Juden erhielten Zugang zu vielen neuen Bereichen. Sie wurden immer mehr Teil des wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Lebens. Gleichzeitig erstarkte der moderne Antisemitismus, was erneut Diskriminierung und Ausschluss zur Folge hatte.

Der Zivilisationsbruch erfolgte im Nationalsozialismus: Die jüdische Bevölkerung wurde systematisch aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen und schrittweise enteignet. Bei Pogromen im November 1938 wurden die meisten Synagogen zerstört, jüdische Männer wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Eine Emigration gestaltete sich zunehmend schwieriger. 1940 begannen die Deportationen in Baden, 1941 in Württemberg und Hohenzollern. Die große Mehrheit der Deportierten aus Baden, Württemberg und Hohenzollern wurde in Vernichtungslagern ermordet.

Die Artikel in diesem Abschnitt beleuchten schlaglichtartig verschiedene Aspekte dieser „langen und wechselvollen geteilten Verflechtungsgeschichte jüdischen Lebens in Deutschland“ (Birgit E. Klein). Neben den allgemeinen Entwicklungslinien geht es um den Alltag vor Ort in den Dörfern und Städten des deutschen Südwestens.