Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Die planmäßig angelegte Altstadt, eine Zweitoranlage von mäßiger Ausdehnung, bedeckt Kuppe und Abhang eines westlichen Ausläufers der Keuperberge am Rande der von der Schwippe und ihren Nebenbächen ausgeräumten Stufenrandbucht. Eine besondere Note erhält das Stadtbild durch die beiden den Süd- und Südwest-Fuß des Altstadthügels einnehmenden Seen (Oberer und Unterer See). Obwohl ein Luftangriff am 7./8. Oktober 1943 ihren südlichen Teil zerstörte, ist der Grundriss auch nach dem seit 1950 erfolgten Wiederaufbau, der sich unter Auflockerung der Bebauungsdichte nach Möglichkeit an das alte Stadtbild anlehnte, nicht entscheidend verändert worden. Die Marktstraße, die sich inmitten der Altstadt zum Marktplatz erweitert, verläuft senkrecht zu den Höhenlinien des Abhangs, während die rippenförmig angelegten kurzen Quersträßchen den Höhenlinien folgen, sodass ein parabelähnlicher Grundriss entsteht. Den Scheitel der Kuppe krönten früher Schloss und Stadtkirche. Das unter den Herzögen Ulrich und Christoph nach 1535 anstelle der mittelalterlichen Burg erbaute Schloss, dessen einer Flügel 1820 abgebrochen worden war, wurde nach der fast völligen Zerstörung des Jahres 1943 nicht wieder aufgebaut. Die ausgebrannte Stadtkirche entstand in einfacherer Gestalt wieder. Als neue Komponente wurde am unteren Ende des beträchtlich erweiterten Marktplatzes 1952 ein Rathausneubau erstellt. Das alte Rathaus sowie die meisten anderen öffentlichen Gebäude waren zerstört worden. Vom Marktbrunnen mit Christophorusfigur von 1526 blieb die Renaissancesäule erhalten. Die Zerstörungen erstreckten sich auch auf Teile der alten Vorstädte, die schon im 16. Jahrhundert nach zwei Seiten die Altstadt erweiterten, und auf die 1586 erneuerte Friedhofskirche im Südosten der Altstadt sowie das Gebiet östlich des Schlossbergs. Von dem Nordteil der Stadtmauer sind Reste erhalten. Die beiden Tore sowie die Türme, mit Ausnahme des »Grünen Turms« und eines Turmstumpfs im Nordosten, verfielen Anfang des 19. Jahrhunderts dem Abbruch. Im 19. Jahrhundert dehnte sich die Stadt namentlich nach Norden in Richtung Stuttgarter Straße und nach Südosten in Richtung Schönaich im Schönbuchrandgebiet aus, seit Ende des 19. Jahrhunderts entstand das Bahnhofsviertel im Westen und Südwesten, womit das Vordringen in die Ebene eingeleitet war. Im 20. Jahrhundert eroberten die Wohnviertel die Schilfsandsteinsporne im Norden und Osten, im Süden drang die Bebauung bis in die Gegend des Südbahnhofs vor. Nach dem ersten Weltkrieg entstand die Siedlung Tannenberg. Auf der Stubensandsteinhochfläche östlich der Stadt wurden in den 30er Jahren Kasernen, im Tal gegen Sindelfingen ein Fliegerhorst (jetzt Wildermuth-Kaserne) errichtet. Nochmals erfolgten starke Ortserweiterungen nach dem zweiten Weltkrieg durch Neubaugebiete beiderseits der Stuttgarter Straße im Norden (1952/70, Unteres und Oberes »Lauch«, »Schauppen«) nach Osten (1950/65 »Eckardsloch«, »Ganssee«, »Bieseler«, »Kemmlen«, Herdweg) und nach Süden (1945/75 »Steinung«, »Krumme Landen«, »Tannenberg«, »Furtrain«, Schönaicher Weg, »Rauher Kapf«, 1954/75 »Spielberg«, Holzgerlinger Weg, »Siebeneck«, »Grund«, Tiergarten, »Diezenhalde«, »Leere Wasen«, »Steidach«) hin zu den umgebenden Keuperrandhöhen. In den neueren Wohnbezirken finden sich neben Ein- und Mehrfamilienhäusern auch Reihenhäuser und im Süden Hochhäuser (bis 15geschossig). Schon vor 1945 hatte sich die Industrie vorwiegend im Westen und Norden angesiedelt. Seit 1952 kamen weitere Niederlassungen hinzu, desgleichen von 1956 an auch im Südosten. Das neue Gewerbegebiet auf der »Hulb« besteht ab 1970. |
Geschichte: | Um 1100 Bebelingen, Anfang 12. Jahrhundert Bebilingen, 1261 Bobelingen (Personennamen). Die alte Siedlung Böblingen lag südöstlich der späteren Stadt bei der ehemaligen Friedhofskapelle, die vermutlich an der Stelle der alten Pfarrkirche steht. Nach Böblingen nannte sich seit etwa 1100 ein Adelsgeschlecht, das die Burg wohl im 11./12. Jahrhundert erbaute. Als ihre Besitzer werden erstmals 1240 die Pfalzgrafen von Tübingen genannt. Sie gründeten 2. Hälfte 13. Jahrhundert die Stadt (1272 cives). Die Mitte 13. Jahrhundert abgezweigte Linie Böblingen-Asperg machte die Burg zu ihrem Sitz. Wirtschaftlicher Schwierigkeiten wegen musste Pfalzgraf Gottfried 1344 bzw. 1357 Burg und Stadt an Württemberg verkaufen. Die doppelte Stadtbefestigung wurde 2. Hälfte 16. Jahrhundert erneuert, modernisiert und mit einem Zwinger, die Nordseite der äußeren Mauer mit Rondellen versehen, ebenso die Schlossgartenummauerung. Böblingen hatte wahrscheinlich Tübinger Recht. Vogtei und Gericht waren herrschaftlich. Seit dem 14. Jahrhundert sind Bürgermeister und Rat bezeugt. Stadtordnung vom 16. Jahrhundert Die Stadt wurde Mittelpunkt eines Amts, später Oberamts, seit 1938 eines Landkreises. 1962 wurde Böblingen zur Großen Kreisstadt erhoben. Im Wald bei Böblingen erstach Herzog Ulrich am 8. Mai 1515 seinen Stallmeister Hans von Hutten. Zwischen Böblingen und Sindelfingen schlug Truchsess Georg von Waldburg 1525 die aufständischen Bauern entscheidend. Böblingen dürfte Herkunftsort der Baumeisterfamilie Böblinger sein, u.a. Hans Böblinger († 1482), Baumeister der Esslinger Frauenkirche. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Die Keßler und Spengler des württembergischen Keßlerkreises hielten bis Anfang des 19. Jahrhunderts alljährlich am St. Veitstag (15. Juni) ihren Zunfttag mit Gericht in Böblingen ab (Ordnung von 1554). Der seit 1552 abgehaltene Wochenmarkt und die vier Krämer- und Viehmärkte konnten wegen der Nähe der Stadt Sindelfingen mit ihren konkurrierenden Märkten keine besondere Bedeutung erlangen. Böblingen war bis ins 19. Jahrhundert überwiegend Ackerbürgerstädtchen mit Kleinhandwerk. Doch entstanden sehr frühzeitig Industriebetriebe (1811 Chemische Fabrik Bonz, 1823 Bierbrauerei Dinkelacker, 1856 Zucker- und Leinenwarenfabrik). 1832 bis nach 1860 wurde auf der Gemarkung Torf gestochen, der anfangs als Heizmaterial für die Zuckerfabrik diente. Entscheidende Belebung der wirtschaftlichen Entwicklung brachte die Eröffnung der Gäubahn 1879. In ihrem Gefolge siedelten sich kurz nacheinander Betriebe der Trikot-, Maschinen-, Möbel-, Spielwaren- und Schuhindustrie an, 1899 eine Dampf Ziegelei. Jedoch erfolgten immer wieder Rückschläge und der Schritt zur Großindustrie gelang nicht. 1915 und erneut 1937 wurde Böblingen Garnisonsstadt. Von 1925 bis 1938 befand sich auf der Gemarkung Böblingen der erste Verkehrsflughafen Württembergs. Nach dessen Verlegung nach Echterdingen (Landkreis Esslingen) betrieb der Konstrukteur des ersten Leichtflugzeugs der Welt, Dr. Hanns Klemm, später Ehrenbürger von Böblingen, auf dem Gelände eine Flugsportschule. Mitte der 30er Jahre richtete er in einem Fabrikgebäude, das zuvor mehrere Firmen beherbergt hatte, und einer Halle an der Dagersheimer Straße eine Leichtflugzeug-Fabrik ein, die etwa 1000 Beschäftigte zählte, jedoch im zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurde. Außer der 1879 eröffneten Gäubahn wurde Böblingen Ausgangspunkt der Bahnstrecken nach Dettenhausen (1911 eröffnet, 1967 Personenverkehr eingestellt) und nach Renningen (seit 1914/15). |