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„Jüdische Quellen“ und koschere Küche

Lageplan von Baden-Baden mit Gebäuden und Gärten in der Umgebung der Pfarrkirche um 1900. Eingezeichnet sind u.a. das Gast- und Badhaus „Roter Löwe“ [links in der Mitte] sowie weitere Badeanlagen. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H Baden-Baden 14 https://t1p.de/7dlvw

Die Geschichte des jüdischen Lebens in Baden-Baden ist eine wechselvolle. Zwar wurden Angehörige jüdischen Glaubens schon in der Frühen Neuzeit gerne in der Kurstadt gesehen, doch tat sich die Obrigkeit schwer mit einem dauerhaften Niederlassungsrecht. Schon im 17. Jh. kamen jüdische Badegäste in den Ort. Die beiden damals existierenden Gasthäuser „Zum Trompeter“ und „Zum Greifvogel“ hatten das Wasserrecht an einer der Hauptquellen. Die Namen gingen auf die Quelle über, die gleichzeitig als „Judenbrühbronnen“ oder „Judenquelle“ bezeichnet wurde. Es ist also wahrscheinlich, dass die Einrichtungen der jüdischen Klientel zur Verfügung standen. Ab 1740 wurde das Wasser in den „Hirschen“ und den „Roten Löwen“ geleitet, wo die jüdischen Gäste logierten. Die Quelle zählte zu den ergiebigsten in Baden-Baden. Im 19. Jh. wurde sie mit weiteren in einem Hauptstollen als „Friedrichsquelle“ zusammengefasst. Bis über die Mitte des 19. Jh. waren nur wenige bis gar keine jüdischen Personen dauerhaft in der Stadt ansässig. Einige wenige Familien, die vermutlich die Badhäuser bewirtschafteten, sind zu Beginn des 18. Jh. nachweisbar. Eine ähnliche Situation erscheint rund 100 Jahre später mit zwischenzeitlichen Unterbrechungen. Immerhin wurden jüdische Gäste in dem 1809 neu erstellten Armenbad der Stadt zugelassen. Doch die Gemeinde gehörte auch zu denjenigen, die die Beschränkungen im 19. Jh. am längsten aufrechterhielten. Selbst einem Baron Rothschild wurde das Bürgerrecht verweigert. Die Familie Rothschild besaß von 1842 bis 1854 ein Adels-Palais in Baden-Baden, einstmals Sitz der schwedischen Königin Friederike, heute „Kulturhaus LA8“.

Eine Aufhebung der Restriktionen erfolgte erst 1862. Im Anschluss daran entstanden zahlreiche jüdische Betriebe und Geschäfte. Drei der Hotels – Tannäuser Hof, Hirsch-Herz und Odenheimer - boten eine koschere Küche an. 1891 wurde die jüdische Gemeinde offiziell gegründet. 1913 öffnete das von einem Mainzer Verein getragene und durch Mathilde von Rothschild unterstützte Erholungsheim für jüdische Frauen und Mädchen. Im Konversations- und heutigen Kurhaus war ein jüdisches Leseinstitut eingerichtet, in dem das gebildete Publikum zusammenkam. Zu den bekannten jüdischen Persönlichkeiten zählten die Schauspielerin Charlotte Eggarter, der Schauspieler und Theaterintendant Gerhard Fischer sowie der städtische Musikdirektor Ernst Mehlich.

Diese erfreulichen Entwicklungen fanden noch vor 1933 ein Ende, als Baden-Baden zum Schauplatz nationalsozialistischer Hetze wurde. Organisierte Pöbeleien und Belästigungen zielten auf die Vertreibung von Ortsansässigen und die Abschreckung jüdischer Gäste, sodass eine Bürgerversammlung, die um den Ruf der internationalen Kurstadt fürchtete, sich öffentlich dagegen wandte. Die schwieriger werdende Situation ab 1937 erreichte mit den in Baden-Baden von SS-Angehörigen durchgeführten Aktionen während der Pogrome im November 1938 einen ersten traurigen Höhepunkt. Neben der Inbrandsetzung der Synagoge waren die Gemeindemitglieder grausamen Demütigungen und Internierungen betroffen. Von den in Baden-Baden verblieben Personen jüdischen Glaubens wurden 1940 über 100 nach Gurs deportiert, weitere bei nachfolgenden Transporten verschleppt.

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde in Baden-Baden finden Sie im Portal Alemannia Judaica (externer Link).

 

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