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Der „König von England“ oder ein steinernes Bilderbuch der Stadtgeschichte

Das Städtische Lapidarium in Stuttgart

Garten der Villa Ostertag-Siegle um 1909, Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei (externer Link)

Im Zuge der Industrialisierung des 19. Jh. wuchsen die Städte. Gegen Ende des Jahrhunderts wollten viele heraus aus den alten, stickigen und engen Zentren. Gartenstädte entstanden, auch für die weniger Wohlhabenden. An den Hängen der Residenzstadt Stuttgart wurden Panoramastraßen angelegt. Wer es sich leisten konnte, ließ hier eine Villa erbauen. Eine davon ist das Palais Ostertag-Siegle in der Mörikestraße, das in den 1880er Jahren entstand. Im angrenzenden Gelände ließ der Unternehmer einen prächtigen Terrassengarten im Renaissance-Stil anlegen, der heute neben seiner römischen Antikensammlung das Städtische Lapidarium beherbergt. Die Villa war ursprünglich ein Geschenk von Gustav Siegle an seine Tochter Margarete und den Schwiegersohn Karl Ostertag. Ostertag, Mitbegründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik, wurde 1909 geadelt und führte seitdem den Namen Karl von Ostertag-Siegle.

Das erste Städtische Lapidarium Stuttgarts befand sich im Kreuzgang der Hospitalkirche. Im Zuge des Baubooms und der Altstadtsanierung um das neue Stuttgarter Rathaus herum waren um die Jahrhundertwende viele der alten Häuser abgerissen worden. Einige historisch bedeutsame Bauteile wurden aufbewahrt und im Kreuzgang aufgestellt. Im Zweiten Weltkrieg fiel das Lapidarium zusammen mit Kreuzgang und Kirche den Bombenangriffen zum Opfer. Einige Überreste konnten geborgen werden und kamen zusammen mit weiteren Trümmerfunden und ausgelagerten Objekten in das Anwesen Ostertag-Siegle, das die Stadt 1950 erworben hatte. Im selben Jahr wurde das neue Lapidarium eröffnet. 1961 starb Gustav Wais, der erste Leiter der Einrichtung und Kurator für die steinernen Bauzeugen in Stuttgart. Danach schien sich niemand mehr für das „alte Zeugs“ zu interessieren. Erst in den 1990er Jahren begann sich ein Freundeskreis um die Anlage zu kümmern, die mit städtischer Unterstützung in Stand gesetzt und wieder zugänglich gemacht wurde.

Heute ist das Lapidarium, das zum Museum „StadtPalais“ gehört, ein „steinernes Bilderbuch“ der Stadtgeschichte und eine grüne Oase mit Terrassen, Brunnenhof sowie alten Bäumen. Zu den gezeigten Stücken gehören Fragmente vom Wohnhaus des Baumeisters Heinrich Schickhardt (1596-1602), Plastiken bedeutender Bildhauer wie Heinrich Dannecker (1758-1841) aber auch Relikte von Gebäuden, die Eingang in literarische Werke fanden, wie das Portal des Gasthofs „König von England“ aus Wilhelm Hauffs „Die Bettlerin vom Pont des Arts“. Im Garten finden auch Musikveranstaltungen, Lesungen und Theateraufführungen statt. Das Städtische Lapidarium ist nicht zu verwechseln mit dem Römischen Lapidarium des Landesmuseums Württemberg.

Das Städtische Lapidarium hat von Mai bis September geöffnet, der Eintritt zum Garten ist frei, weitere Infos auf der Homepage von StadtPalais - Museum für Stuttgart (externer Link)

Eine bebilderte Zusammenstellung der gezeigten Stücke gibt es auf Wikipedia (externer Link) 

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