Neunstetten - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1222

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Das seit 1222 urkundlich bezeugte Neunstetten (»Nuwensteden«) entstand wohl um das 7. Jahrhundert im Zuge des frühmittelalterlichen Landesausbaus. Bis ins späte Mittelalter setzte sich die Siedlung allem Anschein nach aus mehreren Höfen zusammen, für die verschiedene Herren als Vögte zuständig waren. Die Entwicklung zum einheitlichen Dorf geschah demnach erst um die Wende zur Neuzeit. 1806 zählte man am Ort alles in allem 89 Häuser. Östlich von Neunstetten, dort, wo die alte Straße von Krautheim nach Boxberg den Erlenbach überquert, lag im späten Mittelalter der zur Pfarrei Altkrautheim gehörige Hof Obererlenbach (1327). Bereits 1481 war er wüstgefallen und wurde fortan als Wüsterlenbach bezeichnet. Die zugehörigen Güter waren als limpurgisches, später brandenburg-ansbachisches und schließlich großherzoglich badisches Lehen im Besitz der Familie von Berlichingen.
Historische Namensformen:
  • Nuwensteden 1222
  • Nuwinstetin
Geschichte: In staufischer Zeit zur Herrschaft Krautheim gehörig und von Ministerialen bevogtet (1245 einmalig »de Nuwinstetin«), entwickelte sich Neunstetten im späten Mittelalter zu einer ritteradligen Ganerbschaft unter Wertheimer Lehnshoheit. Ein Viertel des Dorfs, das 1365 durch die Grafen von Eberstein an das Erzstift Mainz verkauft wurde, gelangte hernach wieder in ritterschaftlichen Besitz. Vom frühen 15. bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts konnten die Berlichingen den Ort nach und nach ganz erwerben. Davor waren die von Ehrenberg (bis 1402) zur Hälfte und die von Enheim genannt von Ochsenfurt (bis 1485) mit einem Sechstel beteiligt; spätestens seit 1576 waren die Berlichingen, die 1568 das Schloss errichten ließen, alleinige Ortsherren (Gebot und Verbot). Die fraischliche Obrigkeit lag seit dem Mittelalter bei der mainzischen Zent Ballenberg beziehungsweise beim Amt Krautheim, das Steuerrecht hatte bis zur Mediatisierung durch das Großherzogtum Baden 1806 der Ritterkanton Odenwald. Aufgrund einer Krautheimer Schenkung war seit dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts das Kloster Schöntal in Neunstetten begütert (1231/1489), desgleichen die Zisterzienserinnen von Gnadental (1300). Der Deutsche Orden erwarb 1299 aus dem Besitz der Herren von Boxberg Gerechtsame, für die im späten 18. Jahrhundert die Kommende Weinheim zuständig war. Die Frauenklause in Neunkirchen bei Bad Mergentheim verkaufte einen kleinen Hof, den sie 1270 von den Herren von Schweinberg erhalten hatte, 1418 an die von Berlichingen. Einen weiteren Hof veräußerten im Jahr 1400 die von Veinau an die neu gestiftete Frühmesse zu Jagsthausen. Seit dem Ende des Mittelalters waren die Berlichingen zwar nicht die einzige, wohl aber die bei weitem größte Grundherrschaft am Ort; auch über den Zehnt verfügten sie allein. Die Gemeinde vereinbarte 1533 mit ihrem Vogtsherrn Götz von Berlichingen die Ablösung ihrer Fronpflicht für 65 Gulden pro Jahr. Darüber hinaus nahm sie damals die herrschaftliche Schäferei in Bestand; dabei treten Schultheiß, Gericht und Gemeinde erstmals urkundlich in Erscheinung. In der seitens der Herrschaft Berlichingen 1589 erlassenen, sehr detaillierten Dorfordnung wird der Schultheiß auch als Stabhalter bezeichnet; ebenso findet dort bereits ein Rathaus Erwähnung. Das gewöhnliche Vogtsgericht wurde einmal jährlich gehalten, hingegen sollten Rüggerichte viermal, mindestens aber zwei- oder dreimal jährlich stattfinden. Dazu hatte sich die ganze Gemeinde beziehungsweise Bürgerschaft zu versammeln, das heißt alle Männer und Frauen, dazu die erwachsenen Bürgerssöhne und -töchter sowie Knechte und Mägde, sofern sie älter waren als vierzehn Jahre. Im übrigen durften Gemeindeversammlungen nur mit Wissen und Willen der Obrigkeit einberufen werden. Der Ortsherr beanstandete in der 1678 erneuerten Ordnung, es seien »bißweylen viel Aigenwilligkeit, Ohngebühr, Ohngehorsamb, Verwirrung undt andere Gebrechen fürgeloffen […]; allerhandt Unweßen, Frevel undt Muthwill würden, je lenger, je mehr überhandtnehmen, einreißen und uffwachsen«. Tatsächlich kam es in der frühen Neuzeit zwischen den Untertanen und der ortsansässigen Herrschaft immer wieder zu Konflikten wegen vielerlei Angelegenheiten des täglichen Lebens. 1806 kam Neunstetten unter badische Landeshoheit, gehörte 1813 zum Вezirksamt Boxberg, 1840 Вezirksamt Krautheim, 1864 Вezirksamt Boxberg, 1872 Вezirksamt Tauberbischofsheim, 1898 Вezirksamt Boxberg, 1924 Вezirksamt Adelsheim, 1936 Bezirksamat/Landkreis Buchen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Bei 42 Familien hatte Neunstetten um die Mitte des 16. Jahrhunderts rund 190 Einwohner. Zweihundert Jahre später waren es bereits achtzig Untertanen und mithin etwa 360 Seelen. In den Jahrzehnten danach verdoppelte sich die Bevölkerung nahezu; 1806 lebten im Dorf 124 Familien respektive 604 Seelen. Am Ende des Alten Reiches bestand die Gemarkung zu rund 70 Prozent aus Äckern, zu 6 Prozent aus Wiesen, zu 20 Prozent aus Wald und zu 4 Prozent aus Ödland; damals wurden 25 Pferde und 302 Rinder gehalten, worin ein bescheidener Wohlstand zum Ausdruck kommt. Im Dorf lag die Obermühle, außerhalb, gegen Oberndorf zu, die berlichingische Untermühle; 1764 ließ die Herrschaft darüber hinaus eine Ölmühle errichten. Für die Frucht galt Mergentheimer Maß, für Grundstücke und Wein Krautheimer Maß.

Ersterwähnung: 1222
Kirche und Schule: Bereits 1222 ist Neunstetten als eigenständige Pfarrei bezeugt. Ihr Patronatsrecht war offenbar von alters her mit der Ortsherrschaft verknüpft und seit dem späten Mittelalter als Wertheimer Lehen im Besitz der Berlichingen. Götz von Berlichingen führte um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Reformation ein. Ein älteres Kirchengebäude, bei dem es sich vermutlich um eine Chorturmanlage handelte, wurde 1755/58 durch einen Neubau ersetzt. Schulunterricht wurde offenbar im Zuge der Reformation eingeführt; 1592 findet erstmals ein Schulmeister Erwähnung. Vom Jahr 1717 datiert eine herrschaftliche Schulinstruktion, die es den Eltern zur Pflicht machte, ihre Kinder zum Unterricht zu schicken; die Jugend am Schulbesuch zu hindern, wird eindringlich als Verstoß gegen Gottes Gebot dargestellt und mit weltlicher Strafe bedroht. 1806 oblagen der Gemeinde die Baupflicht für das Schulhaus und die Besoldung des Lehrers. Filial der Neunstetter Pfarrei ist seit dem 19. Jahrhundert Windischbuch, die Pfarrei versieht die ganze evangelische Diaspora bis zur einstigen Landesgrenze. Katholiken zu Krautheim.
Jüdische Gemeinde: 1806 lebten im Dorf drei Judenfamilien mit sechzehn Seelen.

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