Baumaßnahmen im Landkreis Tauberbischofsheim in den 1950er Jahren

Milchbar (Cafeteria) in der Handels- und Gewerbeschule Tauberbischofsheim – Quelle LABW (StAWt-A 57 II / Teil 2, Nr. 600)
Milchbar (Cafeteria) in der Handels- und Gewerbeschule Tauberbischofsheim – Quelle LABW

Badisch Sibirien, badisches Hinterland – auf diese Bezeichnungen für den agrarisch strukturierten Landkreis Tauberbischofsheim traf Landrat Anton Schwan bei seinem Amtsantritt 1948. Große Aufgaben standen mit der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen an. Noch heute sichtbar sind die architektonischen Resultate dieser Aufbauzeit. 

Das Landratsamt residierte in Tauberbischofsheim im Riedernhof, einem dreiflügeligen barocken Adelspalais, wogegen die Landkreisselbstverwaltung in anderen Gebäuden der Stadt untergebracht war. Die Standorte der Kreisbehörden sollten für einen effektiven Arbeitsablauf zentralisiert werden, auch weil die schlechte Unterbringung zahlreicher Bediensteter gegen die einfachsten Forderungen menschenwürdiger Arbeitsbedingungen verstieß. Dazu erwarb der Landkreis den Riedernhof, um an seiner Stelle ein modernes Verwaltungsgebäude zu errichten. Der Wertheimer Architekt Kurt Lutz plante das Gebäude. Künstlerisch ausgestaltet wurde das Treppenhaus. Der in Boxberg ansässige und in Konstanz geborene Kunstmaler Sepp Biehler entwarf Szenen aus der Geschichte des Landkreises. Bildhauer Otto Horlbeck aus Grünsfeld setzte diese Entwürfe als Steinschnitte in heimischem Kalkstein um. Den Stolz auf dieses Werk dokumentiert die unter dem bezeichnenden Namen Ein Landkreis baut auf erschienene Schriftenreihe. Deren erste Folge Heimatbilder publizierte die Steinschnitte, die diesen zu Grunde liegenden Gedanken und historischen Bezüge. Nicht unumstritten war der Abbruch des historischen Gebäudes Riedernhof, ein Erlass des Regierungspräsidiums stoppte diesen zunächst. Erst die Zusicherung, aus dem Altbau denkmalwürdige Stuckdecken sowie einige Spolien zu übernehmen, ermöglichte den Baufortgang, für den sogar eine benachbarte Häuserzeile vollständig abgetragen wurde.

Am 25. November 1959 wurde der Neubau des Landratsamts eingeweiht. Der Neubau der Kreisverwaltung war der vorläufige Abschluss einer Aufbauphase im Landkreis. Zunächst mussten nämlich die Bauten fertig werden, die unmittelbar der Bevölkerung dienten und die vordringlichen Bedürfnisse der Kreisbewohner befriedigten. Dazu gehörten die Berufs- und Landwirtschaftsschulen. Den Anfang machte 1951 die Handels und Gewerbeschule Wertheim, es folgten die Landwirtschaftsschulen in Wertheim und Tauberbischofsheim sowie das dortige Berufsschulzentrum. Doch die Baufinanzierung war für den strukturschwachen Landkreis ein Kraftakt. Daher griff Landrat Schwan zu Methoden, die man im ländlichen Bereich schon kannte – Selbsthilfe war gefragt. Die von ihm 1952 ins Leben gerufene Aktion Bauernhilfe – Bauerndank sollte die noch fehlenden Gelder für den Bau der Landwirtschaftsschulen durch Spareinlagen der bäuerlichen Bevölkerung, durch Prämiensparen und Spenden aufbringen. Werbeaktionen in allen Kommunen des Landkreises wurden durchgeführt. Die einbezahlten Beträge sollten dem Landkreis dann zu tragbaren Bedingungen von den Kreditinstituten des Kreisgebiets zur Verfügung gestellt werden. Etwa 150.000 DM kamen auf diesem Wege zusammen, dazu Spendenzusagen von Handwerksfirmen, oft mit der Anmerkung falls wir bei den Bauaufträgen berücksichtigt werden. Prof. Heinrich Müller (Karlsruhe), Max Schmechel (Mannheim), Ernst Farrenkopf (Tauberbischofsheim), Erhard Heusslein (Külsheim) und Kurt Lutz (Wertheim) waren die planenden und ausführenden Architekten, die Kunst am Bau wurde von Sepp Biehler entworfen.

Claudia Wieland

Quelle: Archivnachrichten 45 (2012), S.30-31.
 

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