Oberöwisheim mit Neuenbürg

Der jüdische Friedhof in Oberöwisheim, um 1912. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 498-1 Nr. 3665]
Der jüdische Friedhof in Oberöwisheim, um 1912. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 498-1 Nr. 3665]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Während die Stadt Unteröwisheim als Besitzung des 1556 säkularisierten Klosters Maulbronn 1556-1806 württembergisch war, gehörte das dem Ritterkanton Kraichgau inkorporierte Dorf Oberöwisheim bis 1803 dem Speyerer Domkapitel. Oberöwisheim fiel 1803, Unteröwisheim 1806 an Baden.

Gelebt haben Juden wohl zu keiner Zeit in Oberöwisheim, aber seit 1629 brachte man die toten Juden aus den umliegenden Ortschaften des Kraichgaues hierher zur Beerdigung. Die Entstehung dieses jüdischen Friedhofes bei einem Dorf ohne jüdische Einwohner erklärt man folgendermaßen: Die Herren von Helmstatt und Sternenfels besaßen bei Oberöwisheim einen unfruchtbaren Steilhang, der um 1620 als Schulgut jährlich 3 Gulden eintrug. Die Eigentümer wollten aus dieser Einöde einen höheren Ertrag herauswirtschaften und boten sie daher den Kraichgauer Juden, für die die Überführung der Toten nach Worms mit Zöllen und in Kriegszeiten obendrein mit Gefahren verbunden war, als Begräbnisplatz an. Damals betrug die Zahl der jüdischen Familien im Kraichgau kaum 15. 

1738 war der Friedhof im Gewann Reimenhelden völlig belegt und musste vergrößert werden. Außer 11 Gulden jährlichen Bodenzins waren für jede Leiche über sieben Jahre 1 Gulden, unter sieben Jahren 30 Kreuzer zu entrichten. Nach der Vergrößerung verlangte auch das Ritterstift Odenheim von jeder jüdischen Leiche, die durch sein Gebiet gefahren wurde, 1 Gulden 30 Kreuzer Leichenzoll. Die Juden in Waibstadt, Eppingen und Bretten legten daher bald eigene Friedhöfe an. In Oberöwisheim wurden schließlich nur noch Juden aus Menzingen, Münzesheim und Odenheim begraben.

1945 wurden nach der Besetzung des benachbarten Neuenbürg durch französische Truppen typhuskranke KZ-Häftlinge aus dem ehemaligen KZ Vaihingen in das evakuierte Dorf gebracht. Unter den insgesamt über 500 befreiten Häftlingen befanden sich auch Juden aus Polen. Sieben Israeliten starben am Typhus und wurden neben dem christlichen Friedhof in Neuenbürg begraben.

 

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Zumbach, Friedrich, Der Judenfriedhof zu Oberöwisheim, in: Aus Bruhrain und Kraichgau 4, 1929. 
  • Jüdischer Friedhof in Neuenbürg, in: Mitt.-Blatt des Oberrats 11, 1959, Nr. 7.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Oberöwisheim, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

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